USA 2022 · 102 min. · FSK: ab 6 Regie: Joel Crawford, Januel Mercado Drehbuch: Paul Fisher Musik: Heitor Pereira Schnitt: James Ryan |
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Identifikation eines Katers... | ||
(Foto: Universal) |
Es hat dann doch länger als üblich für diese Fortsetzung gebraucht. Aber mit elf Jahren, die seit Der gestiefelte Kater Teil 1 vergangen sind, liegt die Fortsetzung des Shrek 2 Spin-Offs gar nicht schlecht im diesjährigen Rennen mit Filmen wie Top Gun: Maverick oder dem zweiten Avatar. Und angesichts der sieben Leben, die Katzen haben, ist es dann eigentlich nichts, mehr noch, sieht man mal auf die wirklichen Anfänge dieser großartigen Gestalt, die durch Lügen Wahrheit schafft, die erstmals 1697 in Charles Perraults Histoires ou contes du temps passé, avec des moralités: Contes de ma mère l’Oye auftauchte, dann vom großen Ludwig Tieck in eine politische Komödie fürs Theater verwandelt wurde und am Ende bei den Brüdern Grimm landete.
Das anarchische und politische dieser Gestalt hat sich zum Glück auch durch die Aneignung Hollywoods in Ansätzen erhalten und vielleicht sogar mehr noch im zweiten Teil, in dem es immerhin um die Bewusstwerdung des eitlen Katzenhelden geht, dem klar wird, dass er bis auf eins alle seine Katzenleben aufgebraucht hat, der nächste Tod also sein finaler Tod sein wird. Der Film kommt mit diesem wichtigen Kernthema schnell zur Sache, und das ist natürlich lobenswert, denn wer Kinder kennt, weiß, wie anders Kinder nach dem Tod fragen als Erwachsene, die im Laufe ihres Lebens gelernt haben, die eigene Vergänglichkeit aus ihrem Alltag zu verdrängen.
Doch so schnell Januel P. Mercados und Joel Crawfords Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch zur Sache kommt, so schnell entfernt er sich auch wieder von seiner Thematik. Zwar sehen wir »Puss with Boots« in bekannter Manier überall anecken und sich wenig um die herrschende Moral scheren und sich im Musketier-Stil dann auch gegen sein menschlich-allzumenschliches Schicksal zu stemmen. Doch die eigentliche Konfrontation mit dem Tod wird in ein derartig lautes und schnell geschnittenes Handlungskorsett gepresst, dass für große Reflexionen kaum Zeit bleibt, es stattdessen bei immerhin fantasievoll choreografierter Action bleibt. Und einer dann doch nicht sonderlich überraschenden, etwas moralinsauren Einsicht, dass zuviel Ich und Selbstverliebtheit nicht gut tun, zumindest dann nicht, wenn man stark genug sein will, um ganz im Sinn der Bibel auszurufen: »Tod, wo ist dein Stachel?«
Das ist nicht sonderlich viel Ausbeute. Weder für Kinder noch für Erwachsene. Jedenfalls wenn man mehr als nur eine bonbonbunte animierte Märchenachterbahnfahrt erleben möchte. Was dann auch nicht schlimm ist, denn zum Glück hat gerade in den letzten Jahren eine wunderbare Vermehrung von großartigen Filmen stattgefunden, die sich kreativ und atemberaubend mit dem Thema Vergänglichkeit und Tod beschäftigt haben. Angefangen von dem fast-schon-Klassiker Oben (2009) bis zu Coco – Lebendiger als das Leben (2017) oder dem fantastischen Soul (2020). Und es geht – ganz genauso wunderbar – auch ohne Animation, man sehe sich dafür nur das kleine, feine Meisterwerk Nur ein Tag (2016) an, in dem so philosophisch wie spielerisch das kurze Leben und der frühe Tod einer Eintagsfliege erzählt wird.