Ein Fest fürs Leben

Deutschland 2023 · 101 min. · FSK: ab 0
Regie: Richard Huber
Drehbuch:
Kamera: Jörg Widmer
Darsteller: Christoph Maria Herbst, Ulrich Brandhoff, Mira Benser, Cynthia Micas, Luise Befort u.a.
Auf der Suche nach einem anderen Leben...
(Foto: Warner Bros.)

Porträt eines gescheiterten Mannes

Richard Hubers Remake der französischen Vorlage hebt sich vor allem durch den finalen Teil und einen hervorragenden Christoph Maria Herbst vom deutschen Standard-Hochzeits-Komödienbrei ab

Muss man überhaupt über eines dieser deutschen Komödien-Remakes schreiben statt sich einfach noch einmal das tolle, meistens fran­zö­si­sche Original anzu­schauen? Eigent­lich nicht, soll es doch lieber ohne Grabrede im Höllen­feuer deutscher TV-Mittel­mäßig­keit bis zur Unkennt­lich­keit verbrennen! Aber es gibt Ausnahmen. Eine war Contra, in der Sönke Wortmann mit einem über­ra­genden Cast – im Zentrum Christoph Maria Herbst und Nilam Farooq – die fran­zö­si­sche Vorlage klug auf deutsche Verhält­nisse über­tragen hat und nicht einmal den bitter­bösen Humor und ein wenig Nihi­lismus ausge­lassen hat.

Für Richard Hubers Remake von Olivier Nakaches und Éric Toledanos (Ziemlich beste Freunde und der hervor­ra­gende Autismus-Film Alles außer gewöhn­lich) Das Leben ist ein Fest lässt sich dieses Lob nicht ganz über­tragen, dazu ist die über­ra­gende Vorlage mit Jean-Pierre Bacri in der Haupt­rolle einfach zu böse, pessi­mis­tisch und dann auch grotesk, wird dort doch nicht einfach nur ein Leben (das des durch Bacri darstellten Hoch­zeits­pla­ners), ein Ritual (die Hochzeit) sondern auch eine Gesell­schaft (die fran­zö­si­sche) hinter­fragt.

So viel Mut gibt es in der deutschen Komödie nur sehr selten und erst recht nicht in der deutschen Hoch­zeits­komödie, wie man erst vor einem Monat zum Start von Trau­zeugen wieder einmal sehen konnte. Aber der hatte natürlich auch keine fran­zö­si­sche Vorlage.

Und keinen Christoph Maria Herbst, der in Ein Fest fürs Leben wie schon in Contra endlich wieder einmal zeigen kann, dass er ein gutes Drehbuch durch sein subtiles Spiel noch besser machen – wenn auch nicht ein schlechtes Drehbuch retten kann, wie Es ist nur eine Phase, Hase oder Der Nachname eindrück­lich zeigen.

Nein, in Ein Fest fürs Leben ist es viel­leicht nur der lange erste Teil, der ein wenig stört, weil alles, was hier passiert und anzusehen ist, irgendwie so vertraut wirkt wie ein Big Mac in Tokio. Das ist nichts anderes als die gute, deutsche TV-Ästhetik, deren Dialoge, Ausstat­tungs­s­de­tails, Räum­lich­keiten und Locations tatsäch­lich das kusche­lige Heimat­ge­fühl vermit­teln, was sich viele Zuschauer wohl auch wünschen und mit dem Richard Huber, der für Ein Fest fürs Leben das Buch geschrieben und Regie geführt hat, durch zahl­reiche Tatorts (zuletzt: Du bleibst hier, 2023) und Serien (zuletzt: Zarah – Wilde Jahre, 2017) lang­jäh­rige Erfahrung hat. Deshalb wirkt die Hinfüh­rung zu dem eigent­li­chen komö­di­an­ti­schen Finale des Hoch­zeits­fests – die Planung der Hochzeit samt Einfüh­rung der Charak­tere – dann auch wie jeder andere durch­schnitt­liche Hoch­zeits­film: alles schon einmal gesehen. Auch, weil Huber hier nicht den Mut der fran­zö­si­schen Vorlage, die Kritik an den gesell­schaft­li­chen Hier­ar­chien, ausspielt, sondern besten­falls andeutet.

Doch es bleibt immerhin noch die Geschichte des Hoch­zeits­pla­ners selbst, der im Laufe der Handlung und vor allem zum Finale hin, erkennen muss, dass er ein geschei­terter Mann ist, so wie eigent­lich alle Betei­ligten dieses Films erkennen müssen, dass sie Geschei­terte sind.

Das wird nicht nur durch gut getak­teten Slapstick und tragi­ko­mi­sche Dialoge und Monologe ausge­spielt, sondern auch durch schau­spie­le­ri­sche Nuancen, die durch die Close-ups auf das Gesicht von Herbst eine unge­wohnte Subti­lität erreichen und diese Komödie viel­leicht nicht zu der gesell­schafts­kri­ti­schen Komödie der Vorlage machen, aber immerhin dann doch zu einer bitter­bösen Hochzeits- und Lebens­kri­se­komödie.