Kettenreaktion im Hallenbad |
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Kai Stänicke, Cold Star (Programm: Anders & Artig) |
Von Dunja Bialas
Irgendwie wie eine Spielanleitung. So liest sich die Einführung in das internationale Kurzfilmfestival Bunter Hund, das dieses Jahr seinen 15. Geburtstag zelebriert. Die Spielsteine: das sind die Filme. Die Zuschauer sind die Mitspieler. Die Anzahl der Mitspieler begrenzt sich höchstens auf die Anzahl der Plätze im Werkstattkino (50). Im Prinzip aber darf jeder mitspielen und seinen Lieblingsfilm auf das finale Feld »Einer wird gewinnen« setzen, um das sich das ganze Spiel dreht. Seine Lieblingsfilme sammelt jeder Mitspieler auf vier verschiedenen »Ereignisfeldern« (den Filmreihen), die Anders & Artig, Arbeit ist das halbe Leben, Helden wie wir und Liebe & andere Grausamkeiten heißen. Jeder Mitspieler kann so einem Film helfen, am Schluss den »Hasso« ins Ziel zu führen. »Hasso«, das ist der mit 500 Euro dotierte Publikumspreis, eine Menge Geld im Kurzfilmbereich und deshalb sehr begehrt.
Wie bei jedem guten Spiel gilt aber auch beim »Bunten Hund«: Dabei sein ist alles. Aus über 400 Einreichungen, die aus allen Ecken der Welt dem Festival zugeschickt wurden, haben die Programmgestalter – ein offenes Mitmachteam mit den »SpielleiterInnen« Bettina Steininger, Ingrid Kreuzmair und Noni Lickleder, Markus Sauermann und Markus Mathar – 49 Filme ausgesucht, die in den genannten Wettbewerbsprogrammen laufen, aber auch – in der »Trash Night« – Seitenblicke auf Ab- und sogar Irrwege erlauben.
Das Programm ist bunt zusammengestellt aus Kurz-Experimentalfilmen, Spielfilmen, Animationen und Dokumentationen. Das ist ein großes Verdienst des Bunten Hundes, der immer die Vielfalt sucht und die Abwechslung: Filme zu zeigen, die das ganze Potential des Kurzgenres beinhalten. Kurzfilme sind nämlich weitaus mehr als nur »kurze« Filme: Sie können Formenspiele sein, die maßgeblich die Ästhetik des Filmschaffens beeinflussen, die in den Mainstream-Langfilm hineinreichen als innovative Inseln innerhalb der stromlinienförmigen Handlung. Die Mikrofilme sind Experimentierstätten für neue Erzählformen und Kamerawagnisse – in der kurzen Zeit wagen es sowohl Filmemacher als auch Zuschauer, sich auf diese Experimente einzulassen.
Wenig Sinn macht es daher, auf einzelne Filme hinzuweisen. Vielleicht trotzdem drei Sätze zu unserem Titelfoto, das aus Cold Star von Kai Stänicke stammt (D 2011, 7 Min.): Ein junger Mann trifft einen älteren Mann. Eine »merkwürdige Begegnung«, die eine Kettenreaktion in einem Hallenbad auslöst. Und wie in einer Kettenreaktion wirkt beim Bunten Hund ein Film auf den nächsten, ein Programm auf das nächste. Man muss sich deshalb unbedingt »reinschmeißen« ins Programm und den ganzen Bunten Hund sehen, um die Bezüge zwischen den einzelnen Filmen und Strömungen zu begreifen, zu sehen, dass Filmemachen keinem Patentrezept gehorcht, wie uns manche Dramaturgenschule weismachen will, sondern dass es immer darum geht, genau die richtige Form, Länge, Tempus und Rhythmus für das zu finden, was man ausdrücken will. Das Leben ist manchmal grau und eintönig: lasst deshalb die Filme bunt sein. Wir gratulieren dem Bunten Hund zum 15. Geburtstag!
Bunter Hund – Internationales Kurzfilmfest. 17.-20. Oktober 2013, Werkstattkino.