17.10.2013

Ketten­re­ak­tion im Hallenbad

COLD STAR
Kai Stänicke, Cold Star (Programm: Anders & Artig)

Das Leben ist grau, lasst die Filme bunt sein! – Der Bunte Hund zeigt Kurzfilme aus der ganzen Welt

Von Dunja Bialas

Irgendwie wie eine Spiel­an­lei­tung. So liest sich die Einfüh­rung in das inter­na­tio­nale Kurz­film­fes­tival Bunter Hund, das dieses Jahr seinen 15. Geburtstag zele­briert. Die Spiel­steine: das sind die Filme. Die Zuschauer sind die Mitspieler. Die Anzahl der Mitspieler begrenzt sich höchstens auf die Anzahl der Plätze im Werk­statt­kino (50). Im Prinzip aber darf jeder mitspielen und seinen Lieb­lings­film auf das finale Feld »Einer wird gewinnen« setzen, um das sich das ganze Spiel dreht. Seine Lieb­lings­filme sammelt jeder Mitspieler auf vier verschie­denen »Ereig­nis­fel­dern« (den Film­reihen), die Anders & Artig, Arbeit ist das halbe Leben, Helden wie wir und Liebe & andere Grau­sam­keiten heißen. Jeder Mitspieler kann so einem Film helfen, am Schluss den »Hasso« ins Ziel zu führen. »Hasso«, das ist der mit 500 Euro dotierte Publi­kums­preis, eine Menge Geld im Kurz­film­be­reich und deshalb sehr begehrt.

Wie bei jedem guten Spiel gilt aber auch beim »Bunten Hund«: Dabei sein ist alles. Aus über 400 Einrei­chungen, die aus allen Ecken der Welt dem Festival zuge­schickt wurden, haben die Programm­ge­stalter – ein offenes Mitmach­team mit den »Spiel­lei­terInnen« Bettina Stei­ninger, Ingrid Kreuzmair und Noni Lickleder, Markus Sauermann und Markus Mathar – 49 Filme ausge­sucht, die in den genannten Wett­be­werbs­pro­grammen laufen, aber auch – in der »Trash Night« – Seiten­blicke auf Ab- und sogar Irrwege erlauben.

Das Programm ist bunt zusam­men­ge­stellt aus Kurz-Expe­ri­men­tal­filmen, Spiel­filmen, Anima­tionen und Doku­men­ta­tionen. Das ist ein großes Verdienst des Bunten Hundes, der immer die Vielfalt sucht und die Abwechs­lung: Filme zu zeigen, die das ganze Potential des Kurz­genres beinhalten. Kurzfilme sind nämlich weitaus mehr als nur »kurze« Filme: Sie können Formen­spiele sein, die maßgeb­lich die Ästhetik des Film­schaf­fens beein­flussen, die in den Main­stream-Langfilm hinein­rei­chen als inno­va­tive Inseln innerhalb der strom­li­ni­en­för­migen Handlung. Die Mikro­filme sind Expe­ri­men­tier­stätten für neue Erzähl­formen und Kame­ra­wag­nisse – in der kurzen Zeit wagen es sowohl Filme­ma­cher als auch Zuschauer, sich auf diese Expe­ri­mente einzu­lassen.

Wenig Sinn macht es daher, auf einzelne Filme hinzu­weisen. Viel­leicht trotzdem drei Sätze zu unserem Titelfoto, das aus Cold Star von Kai Stänicke stammt (D 2011, 7 Min.): Ein junger Mann trifft einen älteren Mann. Eine »merk­wür­dige Begegnung«, die eine Ketten­re­ak­tion in einem Hallenbad auslöst. Und wie in einer Ketten­re­ak­tion wirkt beim Bunten Hund ein Film auf den nächsten, ein Programm auf das nächste. Man muss sich deshalb unbedingt »rein­schmeißen« ins Programm und den ganzen Bunten Hund sehen, um die Bezüge zwischen den einzelnen Filmen und Strö­mungen zu begreifen, zu sehen, dass Filme­ma­chen keinem Patent­re­zept gehorcht, wie uns manche Drama­tur­gen­schule weis­ma­chen will, sondern dass es immer darum geht, genau die richtige Form, Länge, Tempus und Rhythmus für das zu finden, was man ausdrü­cken will. Das Leben ist manchmal grau und eintönig: lasst deshalb die Filme bunt sein. Wir gratu­lieren dem Bunten Hund zum 15. Geburtstag!

Bunter Hund – Inter­na­tio­nales Kurz­film­fest. 17.-20. Oktober 2013, Werk­statt­kino.