USA 2010 · 106 min. · FSK: ab 0 Regie: Gary Winick Drehbuch: Jose Rivera, Tim Sullivan Kamera: Marco Pontecorvo Darsteller: Amanda Seyfried, Vanessa Redgrave, Gael García Bernal, Christopher Egan, Franco Nero, Oliver Platt u.a. |
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»Romeo und Julia« – was wäre ein besserer Aufhänger für eine Romanze als die größte Liebesgeschichte aller Zeiten? Briefe an Julia von Regisseur Gary Winick (Bride Wars, 30 über Nacht) orientiert sich an den realen Überbleibseln von Shakespeares Klassiker am Schauplatz des Stückes, in Verona. Dort, an »Julias Balkon«, hinterlassen Liebende aus aller Welt Briefe, in denen sie die tragische Heldin um Rat bitten. Seit 1972 werden die vielen tausend Briefe im Jahr von den ehrenamtlichen Helferinnen vom Club di Giulietta beantwortet.
Im Film kommt die New Yorker Journalistin Sophie (Amanda Seyfried) mit »Julias Sekretärinnen« in Kontakt, als sie im Urlaub mit ihrem Verlobten an Julias Balkon zufällig einen 50 Jahre alten Brief im Gemäuer findet. Eine gewisse Claire berichtet in dem Brief von ihrer stürmischen Romanze mit dem Italiener Lorenzo. Aus Angst vor ihren Eltern hatte sie Lorenzo verlassen und war ohne seinen Heiratsantrag zu beantworten zurück nach England gereist. Da nun Sophies Verlobter Victor (Gael Garcia Bernal) ganz mit den Recherchen für sein italienisches Restaurant beschäftigt ist, freundet sie sich mit dem Club di Giulietta an und schreibt Claire einen Antwortbrief.
Ein paar Tage später steht Claire (gespielt von Vanessa Redgrave) tatsächlich in Verona. Wachgerüttelt von Sophies Brief will sie gemeinsam mit ihrem misstrauischen Enkelsohn Charlie (Christopher Egan) Lorenzo wiederfinden. Sophie lässt es sich natürlich nicht nehmen, die beiden zu begleiten und zu dritt reisen sie von einem im Telefonbuch verzeichneten Lorenzo zum nächsten, quer durch die Toskana.
Die Geschichte ist von Anfang an nichts für Realisten, sondern nur für überzeugte Romantiker. Auch wenn das Beantworten der Briefe an Shakespeares Julia eine wunderbare Basis für einen Liebesfilm bildet, lässt die Umsetzung leider sehr zu wünschen übrig. Die Charaktere sind flach konzipiert und beschränken sich auf ihr Hauptmerkmal. Verlobter Victor ist dabei die traurigste Figur. Der mexikanische Schauspieler Gael Garcia Bernal, der durch eher schwierige Rollen bekannt wurde (Babel, Amores perros, Die Reise des jungen Che), stellt den leidenschaftlichen Koch derart übertrieben ehrgeizig dar, dass er fast lächerlich wirkt. So ergeht er sich bei einer Käseverkostung in fast orgiastischen Lauten. Seine hübsche Verlobte lässt er wegen der perfekten Weintraube vollkommen links liegen.
Einzig Claire sticht vor allem durch das Spiel von Vanessa Redgrave heraus. Ihre Verletzlichkeit auf der einen Seite und auf der anderen ihre Stärke, die Suche nach dem einstigen Liebhaber trotz aller Widerstände nicht aufzugeben, beeindrucken. Die Verwitwete hat keine Ahnung was sie erwartet, verliert ihr Ziel aber nie aus den Augen und schafft es dabei noch, ihre zwei jungen Begleiter einander näherzubringen.
Wohin die Geschichte geht, wird ziemlich schnell klar: Zwischen Sophie und dem attraktiven Charlie sprühen die Funken. Das Problem: Sophie ist mit Victor verlobt. So unsympathisch wie dieser allerdings von Anfang an charakterisiert wird, ist es nicht überraschend, für wen sich Sophie schließlich entscheidet. Erst passieren noch einige Missverständnisse und dramatische Fehlinterpretationen à la Shakespeare bevor das Paar zusammen kommen kann – auf einem Balkon
natürlich. Was Claire und Lorenzo betrifft, ist der Ausgang ihrer Liaison zunächst durchaus spannend, das Ende aber enttäuschend umgesetzt. Da können dann auch Vanessa Redgrave und ihr Mann im wahren Leben, Franco Nero, als Lorenzo die platte Inszenierung nicht retten.
Müsste man Briefe an Julia mit nur einem Wort beschreiben, wäre »kitschig« wohl das treffendste. Der Film hat durchaus nette Momente und die Reise durch die Toskana ist nicht nur schön anzusehen,
sondern auch bis zu ihrem Ausgang interessant. Und natürlich gehört das Happy End zu romantischen Liebesfilmen dazu. Aber zumindest etwas Tiefsinn wäre gut gewesen.