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Musik als Selbsttherapie in Haut et fort | ||
(Foto: 12. Afrikanische Filmtage | Wild Bunch) |
Von Axel Timo Purr
Der afrikanische Filmmarkt boomt. Nicht nur für Netflix wird inzwischen in den Studios und vor den Toren von Lagos, Kapstadt und Nairobi dauerproduziert und gedreht, um den Hunger der afrikanischen Communities weltweit zu stillen, auch afrikanische Streaming-Plattformen wie Showmax verzeichnen erstaunliche Erfolge und adaptieren inzwischen Serien, die in der einen Region Erfolg haben, gleich auch für andere Regionen. Und dann ist da natürlich Hollywood, das nach dem Erfolg von Black Panther (2018) gerade The Woman King gestartet hat, der fast noch einmal riskanter ist, weil er nicht nur ohne Superheldenkontext auskommen muss, sondern sich auch noch dediziert mit einem eher unbekannten Kapitel subsaharischer Geschichte beschäftigt.
Von all dem bekommt das im Allgemeinen ja doch eher eurozentrisch ausgerichtete deutsche Publikum allerdings kaum etwas mit. Umso wichtiger sind deshalb Filmveranstaltungen wie die Afrikanischen Filmtage, die in München bereits zum 12. Mal stattfinden, diesmal im Interimsquartier des Gasteigs HP8 an der Brudermühlstraße. Unter dem Motto »Bonds« ist vom 20.-22. Oktober eine kleine, aber feine Auswahl von sechs Filmen zu sehen, denen man sich bedenkenlos anvertrauen kann.
Die Thematik, unter der die Filme vorgestellt werden, könnte nicht passender und wichtiger sein, hat doch schon der große kenianische Schriftsteller und Philosoph David G. Maillu nicht nur mit seiner indigenen afrikanischen Bibel gefordert, persönliche Tragödien, diskriminierende und unterdrückende Gesetze, ökologische Ungerechtigkeiten oder schwierige Lebensumstände eben nicht mit westlichen Modellen zu kurieren, sondern aus dem Reichtum indigen-afrikanischer Erfahrungen und Modelle zu schöpfen, um familiäre, partnerschaftliche, kollektive oder solidarische Bindungen zu stärken.
Filmisch begeben wir uns dafür allerdings hauptsächlich in die Kulturräume des nördlichen Afrikas: während im Auftaktfilm Guled & Nasra (Donnerstag, 20.10., 19:00 Uhr, Gasteig/HP8) ein Familienvater in Djibouti City bereit ist zu sterben, um das Leben seiner kranken Frau zu retten und in (Le Bleu du Caftan, Freitag, 21.10., 18:00 Uhr, Gasteig/HP8) ein Ehepaar in der marokkanischen Küstenstadt Salé heimlich und aus tiefer Zuneigung die Grenzen des klassischen Beziehungsmodells sprengt, porträtiert der Dokumentarfilm Marcher sur l’eau (Freitag, 21.10., 20:30 Uhr, Gasteig/HP8) die Bewohner*innen des Dorfes Tatiste im Niger, die versuchen, das bedrohliche Problem des Wassermangels in ihrer Region – verursacht durch den globalen Klimawandel – zu lösen. Lingui (Samstag, 22.10., 16:00 Uhr, Gasteig/HP8) erzählt hingegen die Geschichte einer 15-Jährigen im Tschad, die in ihrem Wunsch nach Selbstbestimmung über den eigenen Körper sowohl von ihrer alleinerziehenden Mutter als auch von Frauen aus der Nachbarschaft unterstützt wird, und der von wahren Ereignissen inspirierte Musicalfilm Haut et fort (Samstag, 22.10., 18:00 Uhr, Gasteig/HP8) handelt von Jugendlichen in Casablanca, die eine vertrauensvolle Bindung zu ihrem Lehrer aufbauen und Rapmusik als Möglichkeit entdecken, ihre schwierigen Lebenswirklichkeiten auszudrücken.
Abschließend – als einziger aus dem subsaharischen Raum stammende Film – erzählt das in Kinshasa und Brüssel angesiedelte Familiendrama Juwaa (Samstag, 22.10., 20:30 Uhr, Gasteig/HP8) von einer einst engen Bindung zwischen Mutter und Sohn, die durch ein traumatisches Ereignis tief verletzt wird, viele Jahre später jedoch zu heilen beginnt.
Im Anschluss an diesen Film
findet unter der Moderation von Barbara Off (DOK.fest München) ein Gespräch mit Regisseur Nganji Mutiri statt, dessen künstlerisches Schaffen äußerst vielseitig ist: 2009 gründete er die kollektive Poetry-Website L’Art d’Être Humain (L.A.E.H.), auf der er selbst zahlreiche Gedichte veröffentlicht. Sein Showreel, bestehend aus Fotografien, Kurzfilmen, Musikvideos, Reportagen und
seinem Videotagebuch In Search Of Freedom, das er 2014 im Kongo drehte, präsentiert er auf der Videoplattform Vimeo. Des Weiteren tritt er als Schauspieler in Kurz- und Spielfilmen sowie Theaterstücken auf.
12. Afrikanische Filmtage
20.-22. Oktober 2022
Gasteig HP8, Kinosaal »Projektor« in der Halle E, Hans-Preißinger-Straße 8, München-Sendling, U-Bahn: Brudermühlstraße
Online-Programmheft
Eintritt: 7 € / 5 € (ermäßigt)
Eine Veranstaltung von Filmstadt München e.V.