16.03.2023
Cinema Moralia – Folge 297

Claudia im Wunder­land und der Märzhase

Im Westen nichts Neues
Schlachtengemälde: Im Westen nichts Neues
(Foto: Netflix)

Auch in Kalifornien nichts Neues: Warum Edward Bergers Oscar-Sieger die Regel bestätigt, und die Lage des deutschen Films jedenfalls nicht verbessert – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 297. Folge

Von Rüdiger Suchsland

»Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich heraus­fand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen.«
Erich Maria Remarque, 1963

»Unter den grünen Pfef­fer­bäumen
Gehn die Musiker auf den Strich, zwei und zwei
Mit den Schrei­bern. Bach
Hat ein Streich­quar­tett im Täschchen. Dante schwenkt
Den dürren Hintern«
Bertolt Brecht, Hollywood Elegien

Ist es nicht ein bisschen peinlich? Dass die deutsche Kultur­staats­mi­nis­terin nach Kali­for­nien fliegt, und sich mit mit dem Filmteam ablichten lässt, ihre Selfies macht?
Für alle von ihnen war sie mona­te­lang nicht erreichbar. Für die meisten von ihnen hatte sie noch nie ein offenes Ohr. Sie kennt sie nicht – sie hat mit diesem Film überhaupt nichts zu tun.

Auch ihre Vorgän­gerin Monika Grütters nicht. Keinen Cent hat die deutsche Film­för­de­rung in diesen Film gesteckt. Das hat seine Gründe, das ist auch gut so, das liegt daran, dass er zwar im Kino lief, aber für das Kino nicht gemacht wurde.

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»Dem ganzen Team von Im Westen nichts Neues gratu­liere ich von ganzem Herzen zu diesem so glän­zenden Erfolg. Ganz besonders geht meine Gratu­la­tion an Regisseur Edward Berger, Komponist Volker Bertel­mann, Kame­ra­mann James Friend sowie für das Szenen­bild Christian M. Goldbeck und Ernestine Hipper für ihre Oscars, wie auch an Produzent Malte Grunert und an die Schau­spieler Felix Kammerer, Albrecht Schuch und Daniel Brühl. Mit vier Oscars stellt Im Westen nichts Neues einen so noch nie dage­we­sene [sic!] Rekord [sic!] für den deutschen Film auf. Das ist eine große Freude für uns alle. Das wird dem deutschen Film weltweit Beachtung bringen und ihm neue Bedeutung verschaffen. Es ist auch der richtige Film zur richtigen Zeit, da er einen Krieg in Europa in all seiner Grau­sam­keit und Bruta­lität beleuchtet, der gegen­wärtig wieder mitten in Europa tobt, ausgelöst durch Putins verbre­che­ri­schen Angriff auf die Ukraine. Der Anti­kriegs-Roman von Erich Maria Remarque, auf dem dieses filmische Werk basiert, wurde von den Natio­nal­so­zia­listen heftig bekämpft. Es [sic!] gehörte zu den Büchern, die diese vor 90 Jahren öffent­lich verbrannten und damit aus der Welt schaffen wollten. Erich Maria Remarque wurde wie so viele andere vom natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Deutsch­land ins Exil getrieben – wo er zeitweise auch in Los Angeles war. Dort wo die so über­zeu­gende Verfil­mung seines Werkes jetzt glanzvoll ausge­zeichnet wurde.«
Statement von Kultur­staats­mi­nis­terin Claudia Roth

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Bin ich der Einzige, der von diesen Bildern und solchen schiefen, groß­spre­che­ri­schen Tönen, die noch nicht mal anständig redigiert wurden, peinlich berührt ist? Der findet, dass die soge­nannte KULTUR­staats­mi­nis­terin hier kaum Kultur und keinen Anstand hat?

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»'There’s plenty of room!' said Alice indignantly, and she sat down in a large arm-chair at one end of the table.
'Have some wine,' the March Hare said in an encou­ra­ging tone.
Alice looked all round the table, but there was nothing on it but tea. 'I don’t see any wine,' she remarked.
'There isn’t any,' said the March Hare.
'Then it wasn’t very civil of you to offer it,' said Alice angrily.
'It wasn’t very civil of you to sit down without being invited,' said the March Hare.
'I didn’t know it was your table,' said Alice; 'it’s laid for a great many more than three.'«

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Dieser Oscar zeigt vor allem, dass die deutsche Film­för­de­rung voll­kommen den Kontakt zur Realität verloren hat. Dass sich hier ganz dringend etwas ändern muss.

Kein Cent Förder­geld ist in diesen Film geflossen. Kein Förderer hat mitge­quatscht, keine Sender­re­dak­teurs­nase wurde ins Drehbuch rein­ge­steckt.
Zwar mit deutschen Schau­spie­lern, aber in Tsche­chien gedreht, zwar fürs Kino, aber nur in ein paar Alibi­vor­stel­lungen. Aber das ist kein Film, der fürs Kino gemacht war.
Das kann nicht die Zukunft des Kinos sein, weder in Deutsch­land noch anderswo.

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Es sind wieder einmal Tod und Blut, Schrecken und Verderben, mit dem ein deutscher Film­erfolg verbunden ist. Auch die bislang einzigen deutschen Oscar-Sieger, Volker Schlön­dorffs Günter-Grass-Verfil­mung Die Blech­trommel, Caroline Links Nirgendwo in Afrika, und Florian Henkel von Donners­marcks Das Leben der Anderen boten vor allem poli­ti­sche Lektionen; sie zeigten und handelten von Gewalt, Diktatur, Folter, Schrecken und Trauma.
Das Gegenteil von Wohl­fühl­kino.

Insofern passt auch dieser Film ins Bild, das inter­na­tio­nale Bild von typisch deutschen Film­stoffen. Der größte Oscar-Triumph, den das deutsche Kino je feiern durfte, vier Oscars bei neun Nomi­nie­rungen, ein Triumph, wie ihn wir Lebenden zu unseren Lebzeiten wahr­schein­lich nicht wieder erleben werden. Oder allen­falls in ein paar Jahr­zehnten.

Die Verfil­mung des Best­sel­lers von Erich Maria Remarque durch den deutschen Regisseur Edward Berger ist schon jetzt ein Welt­erfolg. Und das in einem Ausmaß, das an die größte Zeit des deutschen Kinos erinnert, an die Stumm­fil­mära der Zwan­zi­ger­jahre, als die Film­stu­dios in Babels­berg auf Augenhöhe mit Hollywood mithalten konnten, als zum Beispiel der deutsche Schau­spieler Emil Jannings 1929 den aller­ersten Oscar gewann, der je in der Kategorie als »Bester Schau­spieler« vergeben wurde. Und als deutsche Regis­seure wie Ernst Lubitsch, Friedrich Wilhelm Murnau und Josef von Sternberg von den Ameri­ka­nern umworben wurden und schon lange vor der Mach­ter­grei­fung dem Ruf des Geldes und der unbe­grenzten Möglich­keiten folgten und nach Hollywood emigi­rierten – klas­si­sche Wirt­schafts­flücht­linge!

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Im Westen nichts Neues hat schon einmal einen Oscar bekommen: 1930! Kurio­ser­weise stammt die bisher maßgeb­liche Verfil­mung aus Hollywood und zwar zu genau der erwähnten Zeit, der späten Zwanziger Jahre. Lewis Milestones Remarque-Verfil­mung war einer der ersten Tonfilme und ähnlich wie der Roman provo­zierte er die nach der Welt­kriegs­nie­der­lage gespal­tene junge deutsche Republik. Denn von Ruhm und Ehre, vom süßen Sterben fürs Vaterland oder der Dolch­stoß­ver­schwörungs­le­gende vom »Im Felde unbesiegt« bleibt hier nichts übrig.

Milestone zeigt wie Remarque mani­pu­la­tive Lehrer, sinnlose Schikane, die kleinen Leute, denen die Uniform Macht gibt. An der Position des Films gibt es nie Zweifel: Während der Rede des Lehrers zu Beginn werden die Gesichter der Schüler gezeigt. Sie wissen mehr als die Menschen unter ihnen, und kommen­tieren gewis­ser­maßen, was er sagt.
Lewis Milestones Werk ist Hollywood-Geschichte als einer der ersten Tonfilme. Er gewann den Oscar als bester Film. Aber schon in den USA wurde er zensiert: Die härtesten Bilder einer Graben­kampf­szene wurden 1930 heraus­ge­schnitten und erst Jahr­zehnte später wieder hinzu­ge­fügt.

Die Deutschen durften 1930 auch die Liebe­szene mit ihrer Verbrü­de­rung mit dem Feind nicht zu sehen bekommen.
Nach der Premiere agitierten die Nazis gegen den Film, störten syste­ma­tisch die Film­vor­stel­lungen. Kurz darauf wurde der Film in Deutsch­land verboten. »Eine unge­hemmte pazi­fis­ti­sche Tendenz« wird dem Film gericht­lich beschei­nigt, ebenso die zerstö­re­ri­schen Folgen dieser subver­siven Haltung: Wenn eine derartige Darstel­lung auf die Menschen treffe, »könnte bei der heutigen seeli­schen Not nicht ausbleiben, dass Explo­sionen entstehen«. Nicht fehlen durfte auch die Fest­stel­lung, der Film setze das Ansehen der Wehrmacht herab.

Das »Berliner Tageblatt« bemerkte eine Schä­di­gung des deutschen Ansehens durch dieses Film­verbot und notierte die Differenz zwischen »drinnen und draußen«, Deutsch­land und der Welt. 1931 wurde der Film nochmal gekürzt wieder frei­ge­geben, bevor ihn die Nazis 1933 endgültig verboten.

1950 wurde der Film dann ein zweites Mal veröf­fent­licht, aber wieder zensiert. Auch bei der zweiten Urauf­füh­rung der neu vertonten Fassung fehlten wichtige Film­bilder und Passagen: ein deutscher Soldat ersticht keinen Franzosen mehr, hatten die fran­zö­si­schen Alli­ierten zu verstehen gegeben. In Frank­reich war der Film bis 1963 verboten.
Damit fehlt dem Film gerade die zentrale Szene, die deutlich macht, dass auch der im Krieg getötete Feind nicht niemand ist, sondern ein Mensch »wie du und ich«.

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Edward Bergers Neu-Fassung kann da nicht mithalten. Seine Verfil­mung von »Im Westen nichts Neues« ist insofern schon mal eine Beson­der­heit, als dieser Film kein wirk­li­cher Kinofilm ist. Tatsäch­lich handelt es sich um ein Streaming-Produkt, um einen exklusiv für Netflix produ­zierten Film, der auch in seiner Bild­sprache der Ästhetik des kleineren Bild­schirms im Pantof­fel­kino zu Hause folgt.

Er hat der Traum­fa­brik eine Albtraum­welt entge­gen­ge­setzt. Es wurde schon mehrfach bemerkt, dass diese Verfil­mung des Welt­best­sel­lers von Erich Maria Remarque keine ganz korrekte Lite­ra­tur­ver­fil­mung ist. Gegenüber dem Roman fallen nicht nur wesent­liche Passagen weg, es kommen Passagen und Figuren hinzu, es wurden Elemente geändert, und das eigent­liche Kriegs­er­lebnis ist auf den Schrecken des Kriegs konzen­triert. Der Stoff von Remarque ist ein pazi­fis­ti­scher Stoff, aber der Pazi­fismus in diesem Film ist ausschließ­lich einer der Abschre­ckung durch Bruta­lität. Dies ist ein Film, der in Gewalt geradezu badet, zwar um abzu­schre­cken, aber es ist schreck­lich. Von der Nach­denk­lich­keit, der Trauer und Melan­cholie der Vorlage bleibt vergleichs­weise wenig übrig. Allen­falls das stumpfe Trauma ist spürbar.

Trotzdem ist Bergers Film durchaus achtbar. Und er verrät die Vorlage nicht – auch wenn Histo­riker Fehler bemängeln und manch ein ameri­ka­ni­scher Kritiker nicht zu Unrecht bemerkte, dass der Film weniger der tatsäch­li­chen Erfahrung in den Blut­mühlen der Westfront ähnelt als der cleanen Ästhetik eines Compu­ter­spiels.

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Es war eine der offensten Oscar-Verlei­hungen seit langem.

Ever­y­thing Ever­y­where All at Once ist sicher kein Oscar-Sieger, der typisch für die letzten Jahre ist. Ohne die Regel-Ände­rungen vor ein paar Jahren wäre es nicht möglich gewesen, dass dieser Film so viele und vor allem die wich­tigsten Oscars gewann.
Da geht es weniger darum, dass alles »diverser« und offener geworden ist, dass es auch viele neue Mitglieder in der Acedemy gibt.
Sondern man merkt schon an solchen Nomi­nie­rungen, dass die Oscar-Veran­stal­tung sehr große Kompro­misse macht, und dass sich Hollywood eigent­lich nur fürs Geschäft inter­es­siert.
An dem Haupt­sieger merkt man, dass dieser Film nicht nur aufs US-ameri­ka­ni­sche und das europäi­sche Publikum zielt, sondern mindes­tens ebenso aufs asia­ti­sche.

Ein Oscar des 21. Jahr­hun­derts, wie ich irgendwo las, ist dies nur, wenn es das 21. Jahr­hun­dert ist, dass man die Menschen für ihre Identität belohnt, für die sie nichts können. Ich würde eher sagen, dass dies ein sehr guter Film ist, voll­kommen unab­hängig davon, wer ihn gemacht hat. Und nicht, weil ihn bestimmte Leute gemacht haben.

Immerhin hat Hollywood gewonnen, ein Kinofilm, nicht Streaming-Dienste.

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Das klas­si­sche Hollywood hat Sonntag eindeutig verloren. Wenn man an Steven Spielberg und The Fabelmans denkt: Das ist eigent­lich ein sehr schöner Film, aber er ist aus heutiger Sicht offenbar auch bereits ein sehr altmo­di­scher und er hat darum gar nichts bekommen.

Das ist trotzdem ein Fehler. Frank­reich ist da weiter. Dort ist The Fabelmans einer der erfolg­reichsten Filme des Jahr­hun­derts, das nun immerhin auch schon über 20 Jahre alt ist. Laut der kana­di­schen Website »World of Reel« ist The Fabelmans der »von der fran­zö­si­schen Kritik am meisten gefeierte Film des 21. Jahr­hun­derts«.
In 36 von 42 Publi­ka­tionen, die die Aggre­ga­tor­seite »Allocine« zusam­men­trägt, erhielt Spiel­bergs Film die Höchst­wer­tung bei den notorisch kriti­schen Franzosen.

In den »Cahiers du Cinéma«, noch immer das maßgeb­liche Magazin für alle fran­zö­si­schen Cine­philen, heißt es, dass Spielberg mit seinen 76 Jahren »wie kein anderer die Idee des Kinos als Wunder reprä­sen­tiert, und das in einer Zeit, in der das Verhältnis zum Spek­ta­kulären und zum Kino mehr denn je gequält scheint«.
The Fabelmans werde »zwei­fellos Bestand haben als der wich­tigste und singuläre Film« von Spiel­bergs Karriere.

Die »Libéra­tion« feierte Spielberg als »Wächter des Tempels des Kinos«, und als einen Film, der »unbequeme Wahr­heiten aufdeckt«. »Was für ein Film!«, »Unver­gess­lich«, »Majes­tä­tisch und bewegend ... die Presse ist sich einig«, schrieb »Le Figaro« und erklärte The Fabelmans zur »Liebes­er­klärung des Regis­seurs an das Kino«. Tja. Was denn auch sonst!

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Als pein­lichstes Interview der Oscar-Nacht ging ein Gespräch mit Hugh Grant durch die digitalen Gazetten. Zu recht. Aber es ist nicht, wie manche glauben, peinlich für Grant, weil der sich »lustlos und wortkarg« gibt, sondern für seine Gesprächs­part­nerin, das Model Ashley Graham. Denn die verstand Grants Anspie­lung auf den Roman »Vanity Fair« nicht, den »Jahrmarkt der Eitel­keiten«, der eine solche Oscar-Verlei­hung ist. Sie glaubte, Grant würde von der Zeit­schrift reden, und schwärmte von der »Vanity Fair«-Oscar­party. Der Schau­spieler blieb höflich und löste das Miss­ver­s­tändnis nicht auf.
Auf die Frage, auf wen er sich am meisten freue, fragte Graham als nächstes. Grant: »Auf niemand beson­deren.« Was er denn heute trage? Grant: »Meinen Anzug«. Wie es war, bei Glass Onion mitzu­spielen? »Naja, ich bin kaum dabei. Ich bin für circa drei Sekunden zu sehen.« Ein letztes Mal versuchte Graham das Gespräch herum­zu­reißen und sagte, dass er ja trotzdem da sei und Spaß habe. Grant: »Fast.«
Ein Hoch auf Grant, der die Leere und Idiotie solcher Balla­balla-Talks richtig cool, ironisch und sehr lässig vor einem globalen Millio­nen­pu­blikum ausein­an­der­nahm.

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Am nächsten Morgen dann im Deutsch­land­funk: Tatsäch­lich kein bedeu­ten­derer »Film­ex­perte« als Dieter Kosslick wird dazu befragt, warum Edward Bergers Film so erfolg­reich war.

Kosslick hatte erwar­tungs­gemäß wenig zu sagen. So sehr der Inter­viewer sich auch bemühte, eine sinnvolle Antwort aus dem Mann heraus­zu­saugen, blieb es bei austausch­baren Floskeln und kompletter Substanz­lo­sig­keit. Jeder kann es selber nachhören.
»So geht das einmal hoch gelobt, dann wieder kriti­siert und umgekehrt ist es natürlich besser.« Koslick hat einfach nichts zu sagen.
Immerhin: »Ich bin auch verwun­dert, dass das Größte, was es gibt, ein Netflix Film ist.«

Dazu dann früh ein echter Kosslick: Er spricht von dem Angriffs­krieg »der Sowjet­union«.

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»Wir lernten, dass ein geputzter Knopf wichtiger ist als vier Bände Scho­pen­hauer. Zuerst erstaunt, dann erbittert und schließ­lich gleich­gültig erkannten wir, dass nicht der Geist ausschlag­ge­bend zu sein schien, sondern die Wichs­bürste, nicht der Gedanke, sondern das System, nicht die Freiheit, sondern der Drill.«
Aus: »Im Westen nichts Neues«

Durch den Ukraine-Krieg und apoka­lyp­ti­sche Sinn­lo­sig­keits-Orgien und Stel­lungs­kriegs-Szenarien wie zum Beispiel gerade in Butscha ist der Stoff erschre­ckend zeitgemäß geworden. »Wie im Ersten Weltkrieg« heißt es zu den Bildern immer wieder – und in seiner Kritik an jeder Art von Patrio­tismus macht der Roman es allen zeit­genös­si­schen Verein­fa­chern nicht leicht. Erich Maria Remarque war ein Pazifist; und Krieg war für ihn nie gerecht, da gab es kein Gut und Böse.

Eine Tatsache, die gerade sehr vielen Menschen unbequem ist. Sie lässt sich aber nicht verleugnen. Dieser Film macht sie konsu­mierbar.

Wer Remarque liest, dem wird klar werden: Kriegs­ge­heul und Belli­zismus mögen ihre (guten?) Gründe haben. Sie sind aber nie nur idea­lis­tisch motiviert. Sondern sie sind eine Form von Flucht aus der Realität:
»Wir sind keine Jugend mehr. Wir wollen die Welt nicht mehr stürmen. Wir sind Flüch­tende. Wir flüchten vor uns, vor unserem Leben.«

(To be continued)