USA 2017 · 98 min. · FSK: ab 6 Regie: Jaron Albertin Drehbuch: Enda Walsh Kamera: Darren Lew Darsteller: Julianne Nicholson, Alessandro Nivola, Siobhan Fallon Hogan, Marc Menchaca, Matthew Miniero u.a. |
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Wer die Luft verspürt, verliert Gewicht |
Vater-und-Sohn-Beziehungen gelten schon lange als universeller Garant für Empathie-Erzeugung. Ob in Form eines »Pixar«-Familien-Abenteuers wie Findet Nemo, einem tragischen, aber lebensbejahenden Zweiter-Weltkriegs-Setting wie in Das Leben ist schön oder gar die destruktive Variante in There Will Be Blood: Immer steht die Verantwortung im Vordergrund, welche ein so inniges Verhältnis mit sich bringt. »Sind Sohn und Vater dieser Aufgabe gewachsen?« lautet für gewöhnlich die Leitfrage dieser Familienaufstellung – die einen überwinden ihre sozialen Hemmungen und nähern sich ihrem Sprössling emotional, die anderen scheitern und hinterlassen nicht nur ein, sondern gleich zwei dauerhaft geschädigte Seelen. Regisseur Jaron Alberton behandelt diesen Balanceakt in Weightless auf den ersten Blick ebenso, doch eigentlich geht es ihm um etwas anderes: um die Freiheit. Um die Loslösung von eben jenem ständig urteilenden Umfeld, von krampfhafter Kontrolle über 'Richtig' und 'Falsch', die einen als Erziehungsberechtigter so umtreibt. Vater und Sohn kommen sich in Weightless nicht näher, weil sie ihre gegenseitigen Stärken und Schwächen wertzuschätzen lernen, sondern weil sie scheinbar aufeinander pfeifen. Beide sind überforderte Außenseiter, welche keine Kraft mehr für Normen besitzen – die Seelenverwandtschaft der Geächteten eben.
Protagonist Joel (Alessandro Nivola) gliedert sich einwandfrei in die Vorurteilskiste des American White Trash ein: Mit den traurigen Arbeitskollegen von der Flaschensammlungsdeponie sucht er täglich eine Bar auf. Sein heruntergekommenes Häuschen zwischen zahlreichem unausgepackten Gerümpel und mobiler Klimaanlage legt Zeugnis von totaler Trägheit ab. Und seine Freundin Janeece (Julianne Nicholson) kümmert das wenig, versteht die Situation gar nicht erst – schenkt ihm lieber noch mehr hoffnungslose Verantwortung in Form eines Goldfisches. Als Joels Exfrau dann noch unerwartet abhaut und ihm seinen Sohnemann hinterlässt, den er selbst gar nicht kennt, fühlt er sich endgültig überfordert. Der 10-jährige Will (Eli Haley) leidet an Übergewicht sowie Diabetes und ist durch sein Trauma schwerst depressiv. Zunächst spricht er gar nicht, dann schwergängig. Doch scheint dies im Einklang mit diesem allgemein wortkargen Drama zu stehen, in welchem vor allem die Bilder zu erzählen wissen. Schräge Poesie wird geschaffen, wenn bildgewaltige Drohnen-Aufnahmen verdorrte Landschaften einfangen oder man perspektivisch selbst zur zermalmenden Müllpresse wird. Kameramann Darren Lew weiß sich und seine Akteure zu inszenieren. Des öfteren durch Glasscheiben hindurch oder mithilfe von Spiegelungen werden erdrückende Bilder gezeichnet, welche den Eindruck von nicht zu entkommender Überwachung vermitteln.
Die ganze Welt scheint Joel und Will im Visier zu haben, selbst die Tierwelt lässt nicht locker: Ob ein seltsam zahmes Reh mitten am Tag, ein ganzer Vogelschwarm bei der Arbeit oder ein ständig im Kreis segelnder Greifvogel über dem Haus. Die Blicke sind überall. Selbst als Will ein kleiner Unfall im Bad passiert, ist seine erste Sorge, ob der Goldfisch es gesehen haben könnte. Der sich um ihn sorgende Arzt lässt ständig von sich hören und die Mobber von nebenan werden langsam handgreiflich. Irgendwann scheint nur noch eine Tüte über dem Kopf als einziger Schutz vor äußerer Schande herzuhalten – die gewünschte Superkraft der Unsichtbarkeit zeigt sich nämlich nicht. Joel wiederum verzichtet nur allzu gerne auf ständige Erreichbarkeit in Form eines Handys.
Selbst die gespenstischen Männerchöre, ein Trommelfell zerberstendes Dröhnen oder die kosmisch glasigen Klänge stimmen zu: Von dieser Welt scheint das ungewöhnliche Duo nicht zu sein – und deshalb kann der Zuschauer bei diesem Drama auch keine Identifikationsfigur finden. Die wenigen Dialoge sind genauso sperrig wie die sehr langsame Erzählweise. Fakten werden kaum geliefert – weder zu Wills Verhältnis zu seiner Mutter noch zu Joels schwach angedeuteter psychischen Krankheit wird auch nur ein aufklärendes Wort verloren. Stattdessen setzt Albertin in seinem Regie-Debüt selbstbewusst häufig auf Szenen, welche normalerweise als Füllmaterial gelten: Momente, welche die Handlung nicht vorantreiben, dafür jedoch das zentrale, immer gleiche Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Bei genauerer Betrachtung scheint dies nur allzu konsequent, schließlich haben die Figuren keinerlei Intention, den klassischen Hindernisse überwindenden Helden zu spielen. Vor alledem möchten sie lieber flüchten. Der Zyniker würde es Faulheit nennen, der Therapeut Burn-Out. Und der eventuell missmutig über die beiden urteilende Kinogänger wird damit ironischerweise selbst zum weiteren Brennfeuer für den Film, da er Teil der hämisch wertenden Observationsmaschinerie wird.
Erdrückt von einer kalten Welt und der eigenen Psyche kann der ungewöhnliche Weg von Vater und Sohn damit nur ein Resultat finden: Freiheit um jeden Preis. Vielleicht stirbt Will an seinem Diabetes, vielleicht wird Joel für den Diebstahl eines Motorboots verknackt. Doch das ist ihnen egal, wenn sie den ersten sonnig farbigen Moment der Geschichte und die unendliche Schönheit der Zwanglosigkeit genießen dürfen – »weightless« eben.
Joel hat eine Krankheit. In seinem Kopf. Zumindest behauptet der Arbeiter einer Mülldeponie im US-amerikanischen Hinterland das. Es ist ein Tag wie jeder andere in der in Weightless gezeigten Welt, als der von Alessandro Nivola verkörperte Einzelgänger Joe einen Anruf erhält, der sein Leben von jetzt auf gleich auf den Kopf stellen wird. Sein etwa zehnjähriger, diabetischer Sohn Will, von dem Joel seit dessen Geburt nicht viel mitbekommen hat, soll ab sofort bei ihm unterkommen. Das passt ja: Zwei wortkarge Langweiler unter einem Dach. Der eine leidet unter einem nicht näher erklärten psychischen Knacks, der andere spricht aufgrund eines Traumas nicht mehr und frisst alles in sich rein. Als Joel seinen verlorenen Sohn, gespielt von Eli Haley, zu einer Routineuntersuchung beim Pampa-Doktor bringt, kommt unerwartet Spannung auf. Um Will vor Joels nicht näher dargestelltem Wahnsinn zu schützen, schaltet der Arzt das Jugendheim ein. Doch zu früh gefreut, Weightless bleibt so trist und öde wie das Leben im Outback der Vereinigten Staaten, das hier portraitiert werden soll.
Statt einen Spannungsbogen aufzubauen, stellt der Regisseur Jaron Albertin eine Menge an Fragen in den Raum, ohne diese auch nur ansatzweise beantworten zu wollen. Stattdessen plätschert die Handlung für 99 Minuten einfach so dahin. In etwa so, wie das Wasser, das Albertin so oft wie möglich versucht, im Film unterzubringen. Doch das Wasser, welches für Joel und Will ein Zeichen von Freiheit zu sein scheint, bleibt nicht die einzige Symbolik in Weightless. Hinzu kommen bedrohliche Wespen, die es erst aus Joels Auto und später noch in Form eines gesamten Nests vom Dach einer kleinen Hütte zu verscheuchen gilt. Doch auch hier wartet der Zuschauer vergebens auf eine Antwort auf die Frage, wieso uns Albertin diese Szenen unbedingt auftischen musste. Denn mit all der Symbolik und den ungelösten Konflikten schießt er wahrlich mit Kanonen auf Spatzen. Einem der Vögel, der dem Geschoss entkommen konnte, schnallt der Regisseur sogar eine Kamera um, damit er nichtssagende, lang ausgedehnte Aufnahmen der Umgebung aus buchstäblicher Vogel-Perspektive macht – natürlich nicht ohne den störenden Flügel des Adlers, der ins Bild hineinragt und die schwache Bildcollage, die wohl ein Special Effect sein sollte, preisgibt. Ansonsten sorgt die weitläufige Nutzung einer Handkamera für einen relativ intimen Einblick in die Beziehung der beiden Protagonisten. Zumindest soweit die beiden gefühlskalten Herrschaften dies zulassen.
Neben Eli Haley und Allesandro Nivola, die durchaus solide spielen, sind in Weightless auch Julianne Nicholson und Johnny Knoxville am Werk. Letzterer hat zwar nur eine relativ kleine Rolle, doch für jemanden, der Berühmtheit erlangte, indem er in der MTV-Show »Jackass« irgendetwas mit Fäkalien und Erbrochenem tat, sieht man ihm gerne zu. Ansonsten holt Weightless leider oft zu weit aus, erzählt dafür aber auf der anderen Seite zu wenig. Nach seinen knapp anderthalb Stunden verlässt man als Zuschauer den Kinosaal mit mehr Fragezeichen, als dies die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen würden. Mit all seinen Symbolen aus Natur und Kleinstadttristesse schafft Jaron Albertin es mit seinem Erstlingswerk bestenfalls zu beweisen, dass er seine Geschichte vor lauter ambitionierten Ideen aus dem Blick verliert und weit über sein Ziel hinausschießt. Manchmal ist das Gegenteil von »gut« eben doch »gut gemeint«.
Ein Mann steigt voll bekleidet und schwer atmend im Dämmerlicht aus einem See. Tropfnass liegt er keuchend am Ufer, dann beginnt er verzweifelt heulend mit einem Stein auf die Erde einzuschlagen. So beginnt Jaron Albertins Independent-Debütfilm Weightless, dessen kanadische Wurzeln in den Bildern von Einsamkeit und Nähe zur Natur zu spüren sind.
Ein Mann wird aus seiner monotonen Alltagsroutine gerissen, als ihm plötzlich sein Sohn anvertraut wird, von dem er bis zu diesem Moment nichts wusste. Die alleinerziehende Mutter ist verschwunden, und die Oma möchte das Kind jetzt schnell loswerden. Joel (Alessandro Nivola) jedoch hat keinerlei väterliche Kompetenz. Lieblos richtet er mit zusammengekramten Möbeln ein Kinderzimmer für den zwölfjährigen Will (Eli Haley) ein. Um dann so schnell wie möglich wieder zu verschwinden, weil er mit dem schweigenden Einzelgänger nichts anfangen kann.
Regisseur Albertin erzählt hier zusammen mit seinem Drehbuchautor Enda Walsh (der auch das Drehbuch für Steve McQueens gefeierten Hunger geschrieben hat) eine Geschichte über alleinerziehende Väter der etwas anderen Art. Denn es passiert einfach nichts zwischen Joel und Will: Der Film inszeniert Beziehungslosigkeit.
Joel ist gleichgültig seinem Sohn gegenüber wie auch dieser zu ihm. Immer wieder verschwindet er zum Arbeiten auf die Mülldeponie oder in Bars, während sein Sohn allein und stumpf vor sich hinstarrend in seinem karg eingerichteten Zimmer bleibt. Will ist dick. Wenn er sich in seinem Zimmer verkriecht, versteckt er sich auch vor der Welt draußen, den mobbenden Kindern, von denen sich nur die aufgeweckte Carla ihm annähert. Sie freundet sich mit Will an und schafft es schließlich, ihn aus seinem Schweigen herauszuholen.
Joel hat selbst ein Problem zu tragen, das aber nur angedeutet wird. Eine psychische Erkrankung. Der ihn behandelnde Arzt traut Joel die elterliche Verantwortung nicht zu und setzt alles daran, ihm den an Diabetes erkrankten Jungen schnellstmöglich wieder wegzunehmen und in eine Pflegefamilie zu stecken. Die unzähligen Schwierigkeiten, die der Vater-Sohn-Beziehung in den Weg gelegt werden, machen Weightless zu einem Sozialdrama der amerikanischen Unterschicht, in dem Kälte herrscht. Alle haben ein Problem. Mit sich, den anderen, der Welt.
Eine unbestimmte Bedrohung liegt über allem, was sich in der thrillerartigen Grundstimmung ausdrückt. Raumgreifende Aufnahmen des Waldes und der Bäume, die die abgelegene Siedlung umgeben, zeigen die Einsamkeit, in der sich die Menschen befinden. Die Bilder, die Will begleiten, sind wiederum sehr poetisch. Er beobachtet verträumt Tiere, die sich leicht und unbeschwert durch ihr Element bewegen. So betrachtet er seinen Goldfisch, wie er schwerelos durch das Wasser gleitet, einen Adler, der hoch in den Lüften über dem beschwerlichen Leben von Joel und Will kreist. Der Adler ist Wills Symboltier. Denn so »weightless«, so schwerelos wie dieser wäre der übergewichtige Junge gerne. Jaron Albertin und sein Kameramann Darren Lew bringen diese poetischen Gegenwelten mit höchstem ästhetischen Anspruch auf die Leinwand.
Bei allem macht es Albertin seinen Zuschauern nicht leicht. Der Erzählfluss wird immer wieder von Szenen unterbrochen, die zunächst keinen Zusammenhang mit dem Hauptgeschehen haben, die aber, in die richtige Reihenfolge gebracht, erzählen könnten, was vor dem rätselhaften Anfang des Films passiert sein könnte, und die auch auf den Ausgang der Geschichte hindeuten könnten.
Ein zurückgelassenes Auto auf einer Brücke, konzentrische Kreise auf der Wasseroberfläche des Sees,
auf denen sich Gischt bildet. Der weinende Joel, der auf einen See blickt. Solche in das Geschehen hineinbrechenden Bilder wollen deutlich das Geschehen verrätseln.
Nur dezent kommt Musik zum Einsatz, was den Film sehr real macht. Man hört Will in seinem Zimmer schwer atmen, das Lärmen der Kinder dringt durch das Fenster und man spürt, dass er nicht zu ihnen gehört. Als Will einmal dem Adler am Himmel nachblickt, ist sphärischer Sound zu vernehmen. Das ist der Wunsch nach dieser
schwerelosen Freiheit.
Durch die vielen Andeutungen zieht sich eine Ungewissheit durch Weightless, die sich am Ende zu einer nicht greifbaren und nicht ausformulierbaren Annahme verdichtet: etwas Schreckliches schwebt über allem. Weightless ist von der Kurzgeschichte »Whisper to Scar« des Amerikaners Brian Allen Carr inspiriert. Wenn man dort nachliest, weiß man, was – zumindest in den Gedanken des Vaters – passiert ist.
»Du bist ein Spinner, mit einem fetten Freak!« Ein Müllhaldenangestellter im farblosen Fulton County muss sich plötzlich um seinen zehnjährigen Sohn kümmern. Eine Herausforderung für jemanden, der sein eigenes Leben kaum im Griff hat.
Der Debütfilm Weightless von Regisseur Jaron Albertin erzählt die Geschichte von Joel (Alessandro Nivola), dessen zurückgezogenes Leben sich zwischen der Müllhalde und seiner schäbigen Wohnung abspielt. Einzig aufgehellt wird es durch intime Momente mit seiner Freundin Janisse (Julianne Nicholson). Doch als Joels Exfrau Sarah verschwindet, ist dieser gezwungen, für seinen übergewichtigen Sohn Will (Eli Haley) zu sorgen. Kein Leichtes, eine Vater-Sohn-Beziehung aufzubauen, wenn der Sohn nicht spricht und der Vater keinerlei Erfahrung im Umgang mit Kindern hat.
Joel wirkt freudlos und abgeschottet, selbst wenn er mit seinen Freunden in eine Bar zum Trinken geht. Auch die Beziehung mit Janisse scheint ihn nicht sonderlich zu rühren. Eine mehr körperliche als emotionale Bindung, die Joels Einsamkeit widerspiegelt. Sein soziales Handicap zeigt sich besonders im Umgang mit Will, der kein Wort spricht. Anstatt sich aber mit seinem Sohn auseinanderzusetzen, geht Joel zur Arbeit und lässt den Zehnjährigen den ganzen Tag allein zu Hause und das, obwohl der Junge an Diabetes leidet. Nach einem Streit mit Janisse über Joels verantwortungslosen Umgang mit seinem Sohn trennen sich die beiden. Auch Joels Arzt rät ihm, Will in eine Pflegefamilie zu geben, da er eine zu große Belastung für den Vater darstelle.
Der schweigsame Will stößt bei den Kindern der ärmlichen Kleinstadt wegen seines Übergewichts auf große Ablehnung. Er tröstet sich mit dem Beobachten von Tieren, wie seinem Goldfisch, umherfliegenden Vögeln und einem leichtfüßigen Reh. Einzig das neugierige Nachbarsmädchen Carla freundet sich mit ihm an und schafft es sogar, Will zum Sprechen zu bringen. Ein Durchbruch, denn selbst zu seinem Vater baut Will erst sehr langsam eine Beziehung auf.
Weightless behandelt das Thema »Erziehung in suboptimaler Umgebung«. Ein ärmliches, diskriminierendes Umfeld und ein psychisch labiler Vater, der mit seinem Sohn nichts anfangen kann. Ein Stoff, dem man durchaus mit Ernst begegnen kann, der bei Albertin aber in eine deprimierende Richtung weist.
Durch den gesamten Film zieht sich eine bedrückende Trägheit. Jaron Albertin arbeitet mit wenig Musik, er lässt die Töne lieber aus dem Bild entstehen und schafft so eine emotionale Distanz zu seinen Figuren. Besonders auffällig sind die lauten Maschinengeräusche auf der Müllhalde, das Klingeln diverser Telefone, sowie das überdeutliche Ticken der Uhr: Das ist der Sound von Armut, so klingt erstickende Einsamkeit.
Lange Einstellungen transportieren auf ästhetische Weise die Zähheit des Lebens, und stumpfe, freudlose Herbstaufnahmen unterstreichen die allumfassende Tristesse. Der Eindruck, es mit einer ablehnenden Welt zu tun zu haben, verstärkt sich durch die ungeordnete Handlung. Die daraus resultierende Undurchschaubarkeit des Geschehens untermauert den abweisenden Charakter des Filmes zusätzlich.
Die Anfangssequenz, in der Joel aus einem See watet und von verschiedenen Emotionen geschüttelt wird, lässt die Frage offen, was wohl passiert ist. Immer wieder urplötzlich in die Handlung hinein brechende Bilder scheinen auf diese erste Szene Bezug zu nehmen, ohne aber eine Spur zu eröffnen. Bedeutungsschwangere Bilder von tosenden Wassermengen und im Wind gefährlich schwankenden Bäumen laden das Geschehen mit einer vermeintlich tiefgründigen Stimmung auf.
Enttäuschend sind dementsprechend die vielen ins Leere führenden Handlungsstränge. Der Film setzt auf ausbaufähige Details, greift diese aber nicht mehr auf. Warum das Tankstellenvideo, der letzte Hinweis auf Wills Mutter, zwei Mal zeigen, wenn weder Will noch Joel Bemühungen anstellen, diese zu finden? Was nützt die Information über Wills Diabetes, wenn die Krankheit im weiteren Verlauf nicht zur Sprache kommt und auch sonst keine handlungstragende Rolle spielt? Wozu einführen, dass Joel psychisch krank ist, wenn nicht klar wird, woran er leidet und was diese Krankheit bewirkt? Das alles erscheint wie ein unbeholfener Versuch, einem Film Gewicht zu verleihen, dessen Grundgedanke zwar zu erkennen ist, der aber mit seinen Mittel nicht umzugehen weiß. Abgelenkt durch viele Handlungsstränge und überflüssige Naturaufnahmen, sucht der Zuschauer einen Sinn hinter dem Erzählten und findet nur die Rohmasse einer guten Idee, die durch eine Überladung von filmischen Kunstgriffen als fertiges Werk verkauft werden soll.