Deutschland 2008 · 102 min. · FSK: ab 12 Regie: Leander Haußmann Drehbuch: Gernot Griksch Kamera: Jana Marsik Darsteller: Tom Schilling, Maruschka Detmers, Christian Sengewald, Adam Oest, Marlen Diekhoff u.a. |
||
Komik à la Haußmann: Mit iPod am Würstelstand |
Er hat den coolsten, den modernsten Beruf der Welt, in seinem Büro gehören iPod und individuelles Styling zur Grundausstattung. Man schmeichelt sich gegenseitig mit Sätzen wie »das Spiel ist absolut porno« und »China gehört uns« – Robert Zimmermann ist ein erfolgreicher, junger, dynamischer Computerspieldesigner. Dass er wie Bob Dylan in der Zeit vor dessen Künstlernamen heißt, wird auch bald erklärt. Ebenso kurz lässt der zweite Teil des langen Titels, das Wunder der Liebe auf sich warten: Leander Haußmanns romantische Komödie Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe hält sich nicht mit Orientierungslosigkeiten auf.
Nach einem Missgeschick mit einer Ketchupflasche betritt Robert Zimmermann eine Reinigung und verliebt sich dort Hals über Kopf in die fast 20 Jahre ältere Monika. Es folgt die klassische Slapstick-Kollision mit einer – imaginierten – Straßenampel und ein munterer Liebesreigen vor allem im familiären Umfeld des Jungdesigners: Roberts lesbische Schwester erwartet ein Kind, sein Vater, von der Midlifecrisis übermannt, hat eine junge Geliebte, seine Mutter zieht umgehend nach und sein rothaariger Mitbewohner-Freak und Arbeitskollege versucht es mit Internetbekanntschaften. Auch er wird am Ende noch die passende rothaarige Freakfreundin finden, das ist früh absehbar. Grund genug jedenfalls für Robert Zimmermann, sich zu wundern. Zum ersten Mal platzten die Wirren der Liebe in sein postpubertäres Universum.
Ein notorischer Erklärzwang behindert den Witz deutscher Komödien fast schon traditionell. So auch hier: Gags werden als Dauerbrenner ausgereizt (Robert Zimmermann – Bob Dylan), Pointen werden erläutert und alles geht etwas langsamer vonstatten als einer Komödie eigentlich angemessen. Der Zuschauer wir in seiner Fähigkeit, auch geistreicheren Humor zu verstehen, unterschätzt. Hinzu kommt der irritierende Umgang mit Brüchen. Als die Schwester bei einer Fehlgeburt ihr Kind verliert, bricht sie im Krankenhausgang blutüberströmt zusammen – ein Wechsel der Tonart hin zum Drama, der kaum nachvollziehbar ist.
Leander Haußmann hat als Theaterregisseur begonnen, bis er 1999 mit Sonnenalleesein Kinodebüt gab. Mit Herr Lehmann und NVA folgten zwei weitere Komödien, die sich um die Wende, Berlin und Ostdeutschland drehten. Insbesondere Sonnenallee war unterhaltsam und zutreffend, der Rhythmus schnell und viele Pointen überraschend, ein besonderes Augenmerk galt den Details. Dem Regisseur scheinen die Stoffe vor historischem Hintergrund zu liegen. Zuletzt lief Haußmanns Geschlechterkomödie Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken im Kino, Adaption eines Ratgebers mit deutlich unterhaltender Note: Die Aufklärungsfilm-Parodie bedient Klischees von Männern, Frauen und Neandertalern auf niedrigem Niveau. Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans, der Autor Gernot Gricksch hat auch das Drehbuch geschrieben. Problematisch wird das harmlose Buch in Kombination mit einer verharmlosenden Inszenierung.
Möglichst entgegengesetzte Klischees werden, auch mit Hilfe einer überfrachtenden Ausstattung verdichtet, um dann jeweils aufeinander zu treffen: Die altmodische Schnellreinigung mit fröhlichen Servicedamen in Blümchenkitteln und das hippe Gamedesignerbüro, die prototypische Spießigkeit des gehobenen Hamburger Familiensitzes mit Ölschinken an der Wand und die laute, exzentrische Hella von Sinnen-Lesbe, das hypermoderne Maisonette-Apartment aus Glas und Stahl und die sympathische Hippiewohnung mit bunten Kissen und Balkongarten. Simple Bausteine, die Fallhöhe liefern und damit Komik verheißen – doch in ihrer Überzeichnung bleiben die Milieus seltsam blutleer. In dem Konstrukt von Klischee und Überzeichnung sind die guten Schauspieler (Tom Schilling und Maruschka Detmers als seine Angebetete) gezwungen, wie Marionetten zu agieren, zwischen den Darstellern entwickelt sich keine Chemie. Das Wunder der Liebe bleibt aus.