Pornfluencer

Deutschland 2022 · 73 min. · FSK: ab 18
Regie: Joscha Bongard
Drehbuch: ,
Kamera: Jakob Sinsel
Schnitt: Wolfgang Purkhauser
Porno macht Spaß...
(Foto: Salzgeber & Co. Medien GmbH)

Die Influencer der Pornobranche

In Pornfluencer stellt der Filmemacher Joscha Bongard ein junges Paar vor, das mit viel Freude Pärchenpornos dreht.

»Ich bin beliebt. Ich bin dankbar. Ich bin erfolg­reich. Ich segne jeden Menschen. Die Menschen lieben und respek­tieren mich. Mein Selbst­ver­trauen ist gren­zenlos. Geld­ver­dienen ist sehr, sehr leicht. Ich bin sehr, sehr reich ...«

Mit solchen Affir­ma­tionen vor dem Spiegel starten Andreea und Nico aka Jamie Young und Nico Nice aka Youngcouple9598 jeden Tag. Die beiden sind als Porno-Paar im Internet unterwegs und sind dabei mit ihrer Arbeit reich zu werden. Bereits im ersten Monat haben sie mit ihren Pornos 10.000 Euro verdient. Ihr Ziel ist es, eine Million pro Jahr zu machen. Aus steu­er­li­chen Gründen leben sie auf Zypern.

Gerade hat der Film Pleasure (2021) einen unge­schminkten Blick auf die Porno­in­dus­trie geworfen. Der Pärchen­porno ist eine Gegen­be­we­gung zu dieser indus­tria­li­sierten Porno­pro­duk­tion. In letzter Zeit hat er sich aus dem Amateur­be­reich heraus zunehmend profes­sio­na­li­siert. Pärchen­dar­steller wie Andreea und Nico sind Influ­encer, die auf Platt­formen wie TikTok, Instagram und Youtube sexy Content posten, mit dem sie Werbung für ihren Hardcore-Content auf ihrer eigenen Website machen.

Das Pärchen präsen­tiert sich Filme­ma­cher Joscha Bongard gut gelaunt in ihrer Villa. Andreea lacht häufiger und auch Nico muss oft schmun­zeln, wenn er über seinen Alltag im Porno­ge­schäft erzählt. Die beiden zeigen sich zudem schwer verliebt. Häufiger küssen sie sich spontan. Das gibt dem Gezeigten eine Atmo­s­phäre von unbe­schwerter Leich­tig­keit. Man glaubt den beiden, dass sie mit viel Spaß an ihrer Arbeit sind. Neben ihrer Arbeit als Darsteller fungiert Nico als Regisseur und Kame­ra­mann, während sich Andreea um Schnitt und Nach­be­ar­bei­tung kümmert. Die gute Laune, die die beiden versprühen, ist die direkte Antithese zu dem bedrü­ckenden Porträt der Porno­in­dus­trie in Pleasure. Man nimmt es den beiden ab, dass sie ihren persön­li­chen Traum leben.

Dabei hat nur Nico bereits früh mit einer Karriere im Porno­busi­ness gelie­bäu­gelt. Andreea wollte eigent­lich Erzie­herin werden. Doch durch ihre Bekannt­schaft und Beziehung zu Nico wurde sie von Nicos Idee ange­steckt, mit selbst gemachten Pornos das große Geld zu machen. Immer wieder betonen die beiden, dass ihnen das Geld, das sie verdienen, ein großes Gefühl von Freiheit ermö­g­liche.

Man kann die Beziehung zwischen Andreea und Nico auch kritisch betrachten. Öfter macht Nico klar, dass er in dieser Beziehung die Hosen anhat. Doch Andreea ist mit ihrer passi­veren Rolle durchaus glücklich. Einmal sagt sie, dass Nico manchmal sehr hart sein kann, wenn sie nicht so will wie er. Aber meistens kommen sie gut mitein­ander zurecht, weil Andreea in der Regel lieb sei. Sie spricht auch von Problemen mit ihrem Selbst­be­wusst­sein. Dieses habe sich jedoch bereits stark durch die täglichen morgend­li­chen Affir­ma­tionen verbes­sert. Dagegen schildert Nico, dass er schon früh Erfah­rungen in der Pick-up-Szene gesammelt hat. Dass das gut gewesen sei, sehe man schon daran, dass er so Andreea kennen­ge­lernt habe.

Porn­flu­encer ist sehr modern gemacht. Immer wieder wechselt das Bild zu einer Desktop-Ober­fläche, auf der verschie­dene Youtube-Videos oder ein Stream mit dem Namen des Films zu sehen ist. Häufiger wird im Film auch an einer pinken Timeline gescrollt. Wir sehen Handy­vi­deos und Webpages von Porno­seiten. Animierte Grafiken verdeut­li­chen den großen Gewinn, der im Online-Porno­ge­schäft gemacht wird. Zwischen­durch kommen auch zwei Experten zu Wort, die sich unter anderem zu den Pärchen­pornos äußern. Es gibt den gesamten Film über einen guten Fluss zwischen Voll­bild­auf­nahmen, Videos auf Inter­net­seiten und gescrollten Aufnahmen.

Porn­flu­encer zeigt einen Gegen­ent­wurf zur düsteren Darstel­lung der Porno­in­dus­trie in Pleasure. In der Doku­men­ta­tion sehen wir ein Pärchen, das wirklich Freude an ihrer Arbeit als Porno­dar­steller hat. Wenn die Darsteller die Produk­ti­ons­mittel selbst in die Hand nehmen, dann gibt es dem Film zufolge auch keine menschen­ver­ach­tende Ausbeu­tung, sondern statt­dessen sogar eine große Freiheit.