Obsessed

USA 2009 · 108 min. · FSK: ab 12
Regie: Steve Shill
Drehbuch:
Kamera: Ken Seng
Darsteller: Idris Elba, Beyoncé Knowles, Ali Larter, Bruce McGill, Jerry O'Connell u.a.
Schlagkräftig: Beyoncé Knowles

Keine verhängnisvolle Affäre

Die ehemalige Destiny’s Child Frontfrau Beyoncé Knowles scheint es wirklich ernst mit der Schau­spie­lerei zu meinen. Nach Lein­wand­auf­tritten in Dream­girls und Austin Powers 3, in denen sie immer auch als Sängerin zu sehen war, ist sie in Obsessed ausschließ­lich Darstel­lerin. Lediglich einen Song hat sie zum Sound­track beige­steuert. Mit dem Ergebnis dürfte sie aller­dings weniger zufrieden sein. Ihre Inter­pre­ta­tion einer scheinbar gehörnten Ehefrau, die ihre Familie gegen eine Psycho­patin vertei­digen muss, wirkt nämlich stel­len­weise viel zu gekün­s­telt.

Aber ganz von vorn: Beyoncé Knowles spielt Sharon, die glücklich mit Derek (Idris Elba) verhei­ratet ist. Die beiden sind stolze Eltern eines kleinen Sohnes und beziehen ein eigenes Haus. Derek geht einem gut bezahlten Job nach und Sharon widmet sich der Kinder­er­zie­hung. Diese Idylle scheint zu zerbre­chen, als die attrak­tive Lisa Sheridan (Ali Larter aus der TV-Serie Heroes) als Aushilfe in Dereks Büro anfängt. Sie versucht mit allen Mitteln Dereks Aufmerk­sam­keit zu erregen. Dass er sie abweist, scheint sie nicht zu stören. Doch Derek erkennt nicht die Gefahr, die von Lisa ausgeht und verheim­licht seiner Ehefrau sogar, dass Lisa ihn auf der Weih­nachts­feier verführen wollte. Gleich­zeitig nehmen Lisas Versuche, die Ehe von Derek zu zerstören, im Laufe der Zeit immer krank­haf­tere Züge an.

Obsessed erinnert stark an Eine verhäng­nis­volle Affäre mit Glenn Close, Michael Douglas und Anne Archer aus dem Jahr 1987, erreicht aber niemals die Qualität und Spannung dieses Films. Damals konnte Glenn Close einfach nicht akzep­tieren, dass Michael Douglas seine Familie der gemein­samen Affäre vorzieht und wurde für ihre psycho­pa­ti­schen Ausbrüche mit einer Oscar-Nomi­nie­rung belohnt. Auch Anne Archer, die die betrogene Ehefrau verkör­perte, erhielt eine Oscar-Nomi­nie­rung. So weit wird es für die Schau­spieler von Obsessed nicht kommen. Im Gegenteil. Vor allem Beyoncé Knowles könnte aufgrund ihres melo­dra­ma­ti­schen Spiels eher als mögliche Kandi­datin für eine Goldene Himbeere gehandelt werden. Mit diesem Preis werden jährlich immer einen Tag vor der Oscar­nacht die schlech­testen Leis­tungen im Film­ge­schäft bedacht. Als blei­bendes Beispiel für ihre über­trie­bene Darstel­lung steht vor allem die Szene, als sie ihre Kontra­hentin Lisa am Telefon beschimpft und dann wütend das Gespräch beendet. Viel aufge­setzter geht es eigent­lich gar nicht mehr.

In Amerika war Obsessed sehr erfolg­reich. Unver­s­tänd­lich ist das schon, denn Regisseur Steve Shill, der bisher fürs Fernsehen gear­beitet hat, liefert hier maximal eine Produk­tion auf dem Niveau reiße­ri­scher TV-Romane ab. Der Film hat zwar eine recht inter­es­sante Ausgangs­si­tua­tion, entfaltet sich dann aber als mittel­mäßige „Wer-glaubt-wem“ – Farce und schwer­fäl­liges Ehedrama. Derek gerät nach Lisas Selbst­mord­ver­such nämlich in die Schuss­linie der Polizei und muss seiner Frau gestehen, dass er sie angelogen hat. Sharon wirft ihn aus dem Haus, weil sie sich hinter­gangen fühlt. Später verzeiht sie ihm aber wieder und bildet mit ihm zusammen eine Front gegen Lisa, die schließ­lich zum finalen Gegen­schlag ausholt.

Dieser Showdown wird im Gegensatz zum Rest des Films ob seiner Absur­dität dann auch etwas länger im Gedächtnis bleiben: Ali Larter und Beyoncé Knowles tragen ihren Catfight um den Ehemann nämlich als äußerst kühnen Balan­ceakt in extrem hoch­ha­ckigen Schuhen auf einem Dachboden aus. Beide machen dabei eine sehr gute Figur, während die Balken, auf denen sie sich bewegen, durch­zu­bre­chen drohen. Und bei aller Kritik an Beyoncés Perfor­mance muss man doch augen­zwin­kernd zuge­stehen, dass man selten eine Schau­spie­lerin so graziös und sexy in Stöckel­schuhen über morsches Holz hat balan­ciert sehen.

Bevor es aber zu diesem Schlag­ab­tausch zwischen den beiden Ladies kommt, auf den man als Zuschauer eigent­lich die ganze Zeit gewartet hat, bleibt Obsessed ein lang­wei­liger und vorher­seh­barer Pseudo-Psycho­thriller. Die Gefahr, die von Lisa ausgeht, hält sich immer in Grenzen. Es gibt keine nennens­werten Über­ra­schungen. Die kaum vorhan­dene Spannung wird auf die Dummheit von Neben­cha­rak­teren wie Baby­sit­tern oder Büro­as­sis­tenten aufgebaut, die fremde Menschen ins Haus lassen oder achtlos geheime Infor­ma­tionen weiter­geben. Außerdem fragt man sich als Zuschauer bei jedem Fehler, den Derek in Bezug auf Lisa begeht, ob er niemals vom Film Eine verhäng­nis­volle Affäre gehört hat.

Das auffäl­ligste und gleich­zeitig nervigste Stil­mittel von Obsessed bleiben jedoch die vielen unnötigen musik­un­ter­legten Zusam­men­schnitte. Hier werden sowohl kitschige Bilder einer glück­li­chen Familie, als auch lang­wei­lige Szenen ohne wirkliche Aussage (zum Beispiel im Büro, auf dem Spiel­platz usw.) trans­por­tiert, die wie Lücken­füller wirken. Manchmal entsteht der Eindruck, dass man gerade ein viel zu langes Musik­video anschaut. Also hätte man Beyoncé Knowles eigent­lich auch gleich noch einen Auftritt als Sängerin geben können. Viel­leicht hätte das ja vom Rest etwas abgelenkt.