USA/GB/NZ 2009 · 136 min. · FSK: ab 12 Regie: Peter Jackson Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson Kamera: Andrew Lesnie Darsteller: Mark Wahlberg, Rachel Weisz, Susan Sarandon, Stanley Tucci, Michael Imperioli u.a. |
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Im Wartesaal Gottes |
Ein Mann hat einen Raum unter die Erde gebaut. Auf einem verlassenen Feld wartet er auf das Mädchen. Er erzählt ihr, das da unten sei ein Clubhaus für sie und ihre Freunde. Sie zögert, schaut sich um. Unten sieht es hübsch aus. Sie steigt hinab.
Der brutale Sexualmord an der 14-jährigen Susie Salmon (Saoirse Ronan) ist Kern der Bestseller-Verfilmung In meinem Himmel von Regisseur Peter Jackson. Das Besondere hierbei: Susie erzählt ihre Geschichte selbst – nach dem Verbrechen. »Ich war 14 Jahre alt, als ich ermordet wurde«, beginnt das Mädchen zu berichten. Susie befindet sich in einem »Dazwischen«, wie sie es nennt, ist weder tot noch lebendig. Durch Wut und Rachegelüste gebunden, kann sie von der diesseitigen Welt nicht loslassen. Erst will sie, dass ihr Mörder gefasst und bestraft wird. Die Polizei tappt allerdings im Dunkeln. Ihre Leiche bleibt verschwunden.
Susie kann sich den Lebenden nicht mitteilen und nur versuchen, sie durch unscheinbare Zeichen auf die richtige Spur zu führen. Gleichzeitig muss sie für sich selbst verarbeiten, was mit ihr geschehen ist. Aus ihrer Zwischenwelt muss Susie machtlos zusehen, wie ihre Familie der Wahrheit immer wieder ganz nahe kommt, sie aber nie zu finden scheint.
Peter Jackson schreckt bei der Aufarbeitung des Kriminalfalles nicht vor den grauenhaften Details zurück. Auch wenn der Mord an sich ausgelassen wird, sind die Andeutungen schauderhaft genug. So zum Beispiel die blutige Rasierklinge im Waschbecken des Mörders. Die klar herausgestellte Differenz zwischen Susies kindlicher Unschuld und der kalten Grausamkeit ihres Mörders macht die Tragödie nahezu unerträglich: Gänsehaut von Anfang bis Ende.
In meinem Himmel entwickelt sich zu einem Thriller, bleibt aber dennoch ein tiefgründiges Familienporträt. Der Film fokussiert sich darauf, wie unterschiedlich jedes Mitglied der Familie Salmon mit dem schrecklichen Verlust umgeht. Besonderes Augenmerk gilt der Liebe des Vaters Jack (Mark Wahlberg) zu seiner Tochter. Jack ist der einzige, der Susies Hilferufe wahrnimmt und davon überzeugt ist, dass das Mädchen noch unter ihnen weilt.
Für Komik im Film sorgt die exzentrische Großmutter Lynn, gespielt von Susan Sarandon. Als Susies Mutter (Rachel Weisz) mit der Situation nicht mehr klar kommt und die Familie verlässt, zieht Lynn bei den Salmons ein. Die unkonventionelle Frau schafft es, die Stimmung zeitweise aufzulockern und entspannt die sonst so bedrückende Handlung mit ihrem zynischen Witz. Ähnlich wie bei Clint Eastwoods Gran Torino liegen hier Komik und Trauer, Rührung und Entsetzen aufwühlend nah beieinander.
Nach Herr der Ringe und King Kong ist In meinem Himmel ein untypisch ruhiger Peter-Jackson-Film. »Ich wollte die Dinge diesmal etwas einfacher halten«, sagt er. Ihn habe die Emotionalität und Tiefgründigkeit an dem Roman von Alice Sebold gereizt. Die Autorin wurde im Alter von 18 Jahren selbst vergewaltigt. Ihr Buch, in dem sie das Erlebte verarbeitet, wurde ein Überraschungs-Erfolg.
An visuellen Effekten konnte sich Jackson bei der Gestaltung von Susies »Dazwischen« austoben. Diese Welt reflektiert die Gefühle und Erinnerungen des Mädchens, eine kindliche Traumwelt, in der Fantasie und Realität verschwimmen. Ansonsten besticht der Film eher durch seine schlichte Aufmachung. Die gruseligsten Momente, etwa die Szene auf dem Feld, wo Susie ihr Leben verliert, sind an sich bereits derart grauenerregend, dass jede weitere Ausschmückung übertrieben wäre.
Der Film visualisiert Emotionen: Hass, Wut, Machtlosigkeit, Verzweiflung, Liebe und Vergebung. Der Zuschauer leidet mit den Salmons, teilt Susies kindliche Wut auf den Mörder, weil sie seinetwegen nie ihren ersten Kuss erleben wird, und schaudert ob der brutalen Ereignisse, die deswegen so bewegen, weil sie real sind und tatsächlich passieren. Kalt lässt dieser Film niemanden. Die beunruhigende Frage, welche die Geschichte schließlich aufwirft: Wie kann man es verkraften, wenn der brutale Mörder der eigenen Tochter, der Enkelin, der Schwester, der eigenen Person wahrscheinlich ungeschoren davon kommt?