Deutschland 2024 · 162 min. · FSK: ab 12 Regie: Tom Tykwer Drehbuch: Tom Tykwer Kamera: Christian Almesberger Darsteller: Tala Al Deen, Lars Eidinger, Nicolette Krebitz, Elke Biesendorfer, Julius Gause u.a. |
![]() |
|
Vom Regen ausgespuckte Familie | ||
(Foto: Berlinale | X-Verleih) |
»Is this the real life? Is this just fantasy?« Tom Tykwer hat nach neunjähriger Abstinenz wieder einen Film fürs Kino gemacht: Das Licht. Der Film eröffnete im Februar die Berlinale, womit Tykwer nach 2002 (Heaven) und 2009 (The International) zum dritten Mal der Filmemacher des deutschen A-Festivals wurde. Tom Tykwers Lola rennt (1998) war ein internationaler Megaerfolg, von Kasse und Kritik gleichermaßen favorisiert und später Namenspatron für die Lola-Trophäe des deutschen Filmpreises (für den er jetzt nicht einmal nominiert wird, siehe unser artechock-Artikel).
Großer Erfolg kann aber auch eine kreative Bremse sein. Oft weil man plötzlich Geld in den Händen hält, von dem man vorher noch nicht einmal geträumt hat, deshalb das Register und das Land wechselt, international wird oder nach Hollywood geht. Wie Florian Henckel von Donnersmark, der nach Das Leben der Anderen (2006) nichts mehr gerissen hat und höchstens noch wohlwollende Kritiken für seine Werke ohne Autor hervorgerufen hat.
Auch Tom Tykwer hat seine beste Zeit mit Lola rennt besiegelt. Die tödliche Maria (1993), Winterschläfer (1997) waren davor erschienen und wurden als große Hoffnung für die Wiederbelebung des deutschen Autorenfilms gefeiert. Danach: wurde Der Krieger und die Kaiserin (2000) als gerade noch akzeptabel durchgewunken (hier unsere Kritik); und mit Heaven (2002) wurde offensichtlich, was auch in Tykwer steckt: Ein hoffnungsloser Romantiker mit einem großen Hang zum Esoterik-Kitsch (artechock-Kritik). Motto: Nur die Metaphysik kann den geworfenen Menschen aus seiner nicht selbstverschuldeten Schicksalhaftigkeit befreien. Tykwers Filme wollten die Menschen erlösen.
Dann aber kam Bernd von der Constantin und erlöste Tykwer von sich selbst. So zumindest muss man sich das wohl vorstellen, als Eichinger mit einem Millionen-Geldbatzen die Rechte von Patrick Süßkinds Mega-Bestseller »Das Parfum« erwarb und anschließend Tykwer als Regisseur und Sir Simon Rattle als Chef-Dirigent, der mit den Berliner Philharmonikern den Soundtrack einspielte, anwarb. Den kapriziösen Tykwer-Ausflügen in die Metaphysik setzte er mit dem bis dato teuersten deutschen Film mit einem Gesamtbudget von rund 50 Millionen Euro ein vorläufiges Ende. Tykwer wollte von nun an Erfolg.
So folgten auf Das Parfum die internationalen Großproduktionen The International (2009), Cloud Atlas (2012, zusammen mit den Wachowski-Brüdern) und Ein Hologramm für den König (2016). Die Filme wurden höflich gelobt, aber von vielen, die Tykwer einst verehrt hatten, noch nicht einmal angesehen. Auch die Kontroverse blieb ihm verwehrt, wie noch bei der Verfilmung von Patrick Süßkinds Roman, die die gesamte Filmkritik gegen sich aufgebracht hatte ob der Budgetverschwendung und Einfallslosigkeit bei der filmischen Umsetzung des Olfaktorischen. Günter Rohrbach hatte dazu unter dem Titel »Das Schmollen der Autisten« einen polemischen Artikel im »Spiegel« geschrieben, in dem er der Filmkritik »wachsende Ohnmacht« attestierte und die Filmkritiker als »eitle Selbstdarsteller« schmähte.
Dabei war die Filmkritik einfach nur enttäuscht.
In den vergangenen acht Jahren hat sich Tykwer dann um die bislang teuerste deutsche Fernsehserie »Babylon Berlin« gekümmert: ein sicherer Hafen für den bald Sechzigjährigen. Ein Kinofilm schien nicht mehr in Sicht.
Und jetzt also: Das Licht. Titelgebend ist ein Stroboskoplicht, das mittels neuronaler Stimulation in den Gehirnregionen spirituelle Séancen real werden lässt. Es ist ein Medium für eine Art Tischerücken 2.0: Mittels des Lichts kann man Verstorbenen begegnen und sich in andere Räume tele… ach, was auch immer. Klingt nach dem alten Tykwer: dem Metaphysikgläubigen, dem einzigen deutschen Filmemacher, dem es mit der Erlösung der Menschen wirklich ernst ist.
Die Geworfenen sind diesmal eine dysfunktionale Berliner »Bobo«-Familie in fortgeschrittener Sinnkrise; ihre Altbauwohnung ist eine einzige Durchgangsstation, in der sich die rast- und ratlosen Familienmitglieder allerhöchstens kurz begegnen. Mutter Milena, facettenreich von Nicolette Krebitz gespielt, verfolgt in einer Entwicklungshilfe-NGO in Nairobi die Idee von einer gerechteren Welt; Vater Tim greenwasht große Unternehmen durch Gewissenskampagnen (die von seiner eigenen Gewissenlosigkeit zeugen). Lars Eidinger spielt ihn meist als nackten Menschen; kaum kommt er nach Hause, wirft er seine Kleider ab und wird zu einem, der alles gegeben hat. Dann sind da noch siebzehnjährige Zwillinge, Repräsentanten der Generation Z aka der »letzten Generation«. Frieda (Elke Biesendorfer) ist Klimaaktivistin und vergisst in hedonistischen Clubnächten die Realität, ihr Bruder Jon (Julius Gause) verschließt sich in seinem Zimmer und surft mittels VR-Games auf virtuellen Fluchtlinien aus der Wirklichkeit hinaus. Und dann ist da noch der kleine Dio (Elyas Eldridge) aus einer Affäre der Mutter mit einem Mann aus Nairobi – der von außen wie ein Gott (Achtung, sprechender Name) auf die Familie blickende »Bastard« der Bürgerschicht.
Auch sie sind allesamt Erlöserfiguren, nur eben in ihrem Schicksal heillos verstrickt. Und als Familie funktionieren sie überhaupt nicht. Weshalb sie eine Supernanny brauchen – und von ihr geheilt, oder in der Tykwer’schen Terminologie: erlöst werden müssen.
Auftritt von Farrah (Tala Al-Dee), einer geflüchteten Syrerin. Sie heuert bei der Familie als Haushälterin an, mutiert alsbald zum Kindermädchen bzw. zum Mädchen für alles und bringt durch aufmerksames Zuhören therapeutische Bewegung in Gang. Hier kommt die große Tykwer-Verklärung ins Spiel, die viele gegen den Film aufgebracht hat. Denn schließlich ist es die Frau aus dem globalen Süden, die der Familie aus dem ignoranten Norden dabei hilft, geheilt zu werden – dies jedoch in einer forcierten Dialektik. Denn wenn man den finalen Showdown betrachtet, ist es in Wahrheit die Familie aus der reichen Welt, die die Wunden der Syrerin heilen wird (was einmal Jordan Peeles Us horrifizierende Spiegelbildlichkeit evoziert). Farrah hat sich die Familie ausgesucht, damit ihr selbst geholfen wird – und nicht umgekehrt. Was den absichtsvollen Zynismus des Schlusses aber keineswegs tilgen kann. Die zentrale Rolle dabei spielt das Séancen-Stroboskop-Licht, dessen Hüterin Farrah ist.
Der Film ist nach Tykwers internationalen Großausflügen erstmals wieder in Berlin angesiedelt – bis auf den etwas überflüssigen Nebenstrang, der uns nach Nairobi führt. Mit einem gleitenden Kameraflug auf die Berliner Hochhäuser beginnt der Film, aus den anonymen Wohneinheiten schält sich die Wabe von Farrah, in der sie vor dem zuckenden Licht sitzt. Sie lernen wir zuerst kennen, in ihrer beengten Plattenbauwohnung, die sie sich mit anderen Geflüchteten teilt. Erst dann gelangen wir in die mehr als geräumige Altbauwohnung der Familie Engels, in der die alte Haushälterin gerade unbemerkt an einem Herzinfarkt verstirbt – Sohnemann Jon ist in der virtuellen Welt und bemerkt nichts. Das ist die Ignoranz der Satten.
Der globale Süden, der ignorante Norden, die dysfunktionale Familie, die Klimagerechtigkeit, die Selbstgerechtigkeit, die Heilung: Das alles gibt für einen einzigen Film eine Menge angesagtes Holz. Keine Frage, Tom Tykwer fährt hier einen ausufernden Themenkomplex auf, der wie die dysfunktionale Familie selbst auseinander zu driften droht – würde er das Ganze nicht filmisch wieder einfangen und zu einem großartigen Spiel von sich widerstrebenden Kräften machen.
Mit Parallelmontagen und schnellen Schnitten arbeitet der Film seiner eigenen Zentrifugalkraft entgegen, bringt die Figuren und mit ihnen die Themen immer wieder zurück in den Ruhepol der Altbauwohnung, die gleichermaßen Refugium und Bastion ist. Ein in fast jeder Außenszene niederprasselnder, sintflutartiger Regen zeigt die schicksalshafte Verbundenheit der dissoziierten Figuren – das erinnert an Robert Altmans Short Cuts (1993), wo die im Himmel stehenden Hubschrauber die Menschen zusammenklammerten. Bei Tykwer sind triefnasse, schwarzglänzende Ölponchos bildprägend, die als Running Gag mit großer Geste in den Innenräumen abgeworfen werden.
Was also ist das nur für ein Film? Er wandelt auf den Schnittstellen zwischen Welt und Vorstellung (hier Berlin, dort die bestmögliche aller Welten), zwischen Tragik und Komödie (hier die existenzielle Geworfenheit, dort der nackte Lars Eidinger, die absurden Dialoge, sogar der große Ernst wirkt komödiantisch) und zwischen Karikatur und, ja, Ernst.
Wer aber, bitte schön, kann das hier alles ernst nehmen? In vielen Interviews macht Tom Tykwer keinen Hehl daraus, dass es ihm mit den Themen seines Films sehr, sehr ernst ist. Ausgangspunkt für ihn war die eigene Haushälterin, von der er – wie er eines Tages erschrocken bemerkte – nichts wusste. Das schlechte Gewissen rührte sich, dazu kam die junge Generation, »der wir eine echt harte Aufgabe hinterlassen haben«, wie er im »Spiegel« sagt.
Und trotzdem schleicht sich eine Leichtigkeit und ein wohltuender Übermut in seinen Film ein. Sie verdanken sich der wilden und gefährlichen Montage, die jederzeit in einen absurden Stilmix überborden kann. Da tanzt und singt Nicolette Krebitz am hellichten Tag urplötzlich in einem bunten Klamottenreigen auf der Straße wie eine Cindy Lauper, da verlieren wir die referentielle Welt in der abstrakten Virtual Reality, durch die Jon surft, da macht das Filmbild auch einfach mal einer Comic-Sequenz Platz. Eine ziemlich wilde Mischung also, bei der nicht zuletzt Queens »Bohemian Rhapsody« das Leitmotiv vorgibt. Der Mix spiegelt für Tykwer auch die »Kakofonie der Gegenwart« wider – und schafft immer wieder echte Tykwer-Momente, in denen man sich an Lola zurückerinnert. Weil sie mutig sind.
Das Komödiantische der einzelnen Figuren, das unerschrockene Spiel von Lars Eidinger und Nicolette Krebitz, und die mit großartigem Vorwurf aufgesagten Thesen-Sätze von Filmtochter Elke Biesendorfer gehören ebenfalls zur anderen Seite des Tykwer’schen Ernstes. Ästhetischer Genuss kommt durch verschwenderische Kinobilder hinzu, die ihm in den Jahren und Jahrzehnten mit den Super-Budgets selbstverständlich wurden. Allein, wie viel Geld hier wohl einfach nur als Dauerregen herniedergeht…
Mit überbordendem Themenpool und Stilmix ist Tom Tykwers Licht im besten Sinne maßlos. Tykwer macht sich damit auch hochgradig angreifbar, zumal er eine unmissverständlich »weiße« Perspektive einnimmt, die ihm bei der Gemengelage der Themen bereits zum Vorwurf gemacht wurde. Für Tykwer ist eben alles dann doch nur ein Gedankenspiel, das ihm nicht zu nahe kommt. In der Summe aber ist Das Licht ein mutiger und kreativer Befreiungsschlag aus jedwelchem allzuengen Plotgefängnis: Mit seinem Kino-Comeback kehrt Tykwer zur inszenatorischen Lust seiner Anfänge zurück.
Tom Tykwer (geb. 1965) ist ein Regisseur, der schon immer die Grenzen des Kinos ausloten wollte. Man kennt ihn als einen Meister des Verknüpfens der Erzählstränge, der filmischen Verdichtung und der Mischung von Unterhaltung und Theorie. Mit seinem neuesten Werk Das Licht versucht er sich erneut an einem Stoff mit »tieferer Bedeutung«.
Doch das Ergebnis ist ein Film, der sein Publikum nicht nur enttäuscht, weil er es langweilt, sondern weil er es auf einer fundamentaleren Ebene in die Irre führt. Trotz seiner immer sehenswerten, mitunter fesselnden Form handelt es sich um eine Meditation ohne Substanz.
+ + +
Der Film erzählt die Geschichte von Tim und Milena, einem typischen Berlin-Mitte-Paar: Wohlsituiertes, linksliberales Bildungsbürgertum mit drei Kindern und relativ wenig finanziellen Sorgen. Aber mit den Lebenslügen und Konsumproblemen und dem Selbsthass, die für heutige Wohlstandsgesellschaften typisch sind.
Es handelt sich aber eben auch um zwei ein bisschen abgehobene und vergleichsweise weltfremde Exemplare der Privilegierten dieser Welt, weil sie jene nämlich
nur von ihrer strahlenden schönen Seite kennen.
+ + +
Doch nach einer etwas bemühten Vorgeschichte kommt plötzlich diese Welt, und mit ihr auch deren anderes, unangenehmeres Gesicht zu ihnen, in Gestalt von Farah, einer Psychotherapeutin aus Syrien, die durch Bürgerkrieg und Flucht in Berlin gelandet ist. Sie sucht Arbeit und wird Haushaltshilfe bei der Familie. Und ziemlich schnell werden dort auch ihre therapeutischen Fähigkeiten gebraucht...
+ + +
Das Licht, der neue Film des deutschen Regiestars Tom Tykwer, der einst mit Lola rennt Weltruhm erntete, seine erste Kinoarbeit seit fast zehn Jahren, in denen er mit »Berlin Babylon« Streaming-Serienerfolge feierte, ist eine Mischung aus Drama und Komödie: Ernste Probleme treffen auf heitere Situationen. Wobei die Probleme überwiegen. Und die Esoterik.
Das Ergebnis nach Filmende wirkt leider wie eine Volkshochschul-Version von Hans Küngs »Weltethos«. Nichts Schlimmes oder gar Böses also, aber doch ein cheesy Humanismus-Eintopf, der mit der realen Welt unangenehm wenig zu tun hat.
Stattdessen wahnsinnig viel vom inzwischen Mode und Teenie-Habitus gewordenen Selbsthass des Westens, Protest-Gegröle im Greta-Thunberg-Stil und bescheuerte Wohlstandskritik von Wohlstandsmenschen, über die jeder wirklich arme Mensch nur den Kopf schütteln kann.
Sowie sehr viel New-Age-Esoterik und Licht-Metaphorik. Es ist nämlich eine Zauberlampe, die hier für magischen Irrealismus sorgt und verdecken soll, dass dieser Film leider nicht viel zu sagen hat, und vor allem auch nicht sehr gut beobachtet ist.
+ + +
Gerade hier zeigt sich das grundlegende Problem des Films: Er ist mehr an der Inszenierung und Behauptung des Rätselhaften interessiert als an seiner echten Erkundung. Statt sich mit den metaphysischen Implikationen des Lichts auseinanderzusetzen, weidet sich der Film an der bloßen Suggestion von Tiefe. Tykwer hat eine beachtliche visuelle Sprache entwickelt, die in ihrer Brillanz die Zuschauer immer wieder in den Bann zieht – das Licht flackert und pulsiert, reflektiert sich in den Augen der Protagonisten, zerfällt in Fragmente, die sowohl Verheißung als auch Bedrohung in sich tragen. Doch solche visuelle Raffinesse täuscht eine Substanz vor, die nicht vorhanden ist. Das Licht ist letztlich nur ein leeres Symbol, ein ästhetischer Effekt ohne echten Gehalt.
+ + +
Immerhin: In Tom Tykwers Berlin regnet es andauernd. Dies sind die einzigen realistischen Augenblicke dieses Films. Hier zeigt ein Regisseur diese Stadt endlich einmal ohne allen aufgesetzten Glamour, sondern genauso hässlich, kalt und unwirtlich, wie sie in Wirklichkeit ist. Hier liegt ein großer Unterschied zum Sonnenschein-Berlin in Lola rennt vor einem Vierteljahrhundert.
+ + +
Am Ende erzählt der Film vor allem vom Klischee des Trosts durch Fremde: Die Einführung von Farah als fast schon übermenschlicher Heilsbringerin, die mit experimentellen Therapien die Familie zu heilen vermag, wirkt unglaubwürdig und reduziert die komplexe Realität von Migration und Integration auf eine naive Wunschvorstellung. Farah, die syrische Flüchtlingsfrau, wird nämlich zum Katalysator aller Probleme und kuriert die mega-narzisstische, selbstgerechte Hipster-Familie sowie alle möglichen anderen Wohlstandsprobleme der Deutschen.
Aber wer tröstet eigentlich Farah? In der letztlichen Komplett-Ignoranz für die Außenseiterperspektive der Syrerin steht Tykwers gutgelaunter Film durchaus in der Tradition der allerbesten Hollywood-Komödien von Ernst Lubitsch, Preston Sturges und anderen – aber ihm fehlt die Bosheit der Erwähnten, der schwarze Humor und die subtile Ironie, mit der hier im alten Hollywood die Lebenslügen der Wohlstandsgesellschaften auseinandergenommen wurden.
+ + +
Tykwer ist bekannt für seine visuelle Raffinesse, doch in Das Licht scheinen die Bilder oft Selbstzweck zu sein. Die wiederholte Darstellung von Regen und das Spiel mit Licht und Schatten sollen vermutlich die innere Unruhe der Charaktere symbolisieren, wirken jedoch auch manchmal redundant und aufgesetzt. Die Integration von Musical-Elementen, wie die Einbindung von Queens Song »Bohemian Rhapsody«, erscheint als verzweifelter Versuch, Energie in einen ansonsten träge dahinplätschernden Plot zu mischen. Statt die Musik organisch einzuflechten, destabilisiert sie die ohnehin schon uneinheitliche Tonalität des Films noch weiter.
Am Ende bleibt die Frage, welche Aussage oder Erfahrung Das Licht vermitteln möchte. Soll es ein Appell für mehr Empathie und Offenheit gegenüber Migranten sein? Ein Aufruf zur Selbstreflexion der westlichen Gesellschaft über ihre Werte und Prioritäten? Eine Kritik an der eigenen Komfortzone und der Suche nach Sinn in einer oberflächlichen Welt? Der Film verliert sich in einem Durcheinander von Themen, Stilen und unausgegorenen Behauptungen, die keinen kohärenten Gesamteindruck hinterlassen.
Das Licht ist damit ein Film, der viel will, aber wenig erreicht. Er präsentiert sich als tiefgründige Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen, bleibt jedoch in der Umsetzung hinter seinen Ambitionen weit zurück. Die visuelle Pracht kann über die inhaltliche Leere nicht hinwegtäuschen, und die philosophischen Andeutungen wirken mehr wie substanzlose Gesten denn wie ernsthafte Reflexionen. Insgesamt bleibt der Film ein flimmernder Schein, der keine Wärme spendet – ein hippes, aber letztlich bedeutungsloses und leeres Spektakel.
+ + +
Was Das Licht dann aber doch noch halbwegs erträglich macht, ist etwas anderes: Nicolette Krebitz in der Rolle der Ehefrau und Mutter Milena ist wirklich wunderbar und schafft es immer wieder den papiernen Dialogen nicht nur Leben, sondern Wahrheit und Körperlichkeit einzuflößen. Nur: warum muss sie in diesem Film so schlecht aussehen wie noch nie? Warum muss sie die spießigste Frisur der Neuzeit verpasst bekommen?
Das alles ist bewundernswert, denn Krebitz
ist viel zu klug dafür. Sie muss es also wohl aus allzuviel Respekt vor Tom Tykwer getan haben. Und vielleicht hat sie ja gehofft, dass es wenigstens komisch wird.
Leider gibt es zwei, drei Szenen, in denen sie von Lars Eidinger an die Wand gespielt wird. Auf der Treppe zum Beispiel. Eidinger, der zwar besser keine Interviews geben sollte, in denen er sich zur Weltpolitik oder gar zu philosophischen Fragen äußert, erweist sich hier als ein ungemein versierter, facettenreicher und – ja! – subtiler Schauspieler.
Vor allem aber: Tom Tykwer ist nämlich trotz allem einfach ein überdurchschnittlich guter Regisseur. Er hat wenigstens eine Handschrift und er ist nach wie vor unglaublich virtuos im Rückgriff auf handwerkliche Mittel und seine Art Bilder zu gestalten. Nur Drehbücher sollte er nicht mehr schreiben.