USA 2018 · 131 min. · FSK: ab 6 Regie: Peter Farrelly Drehbuch: Nick Vallelonga, Brian Hayes Currie, Peter Farrelly Kamera: Sean Porter Darsteller: Viggo Mortensen, Mahershala Ali, Linda Cardellini, Dimiter D. Marinov, Mike Hatton u.a. |
||
Subtile Auseinandersetzung mit weißen Selbstermächtigungsstrategien |
»What a blessed relief is laughter. It flies in the face of manners, values, political correctness and decorum. It exposes us for what we are, the only animal with a sense of humor.« – Roger Ebert, »There’s Something About Mary«, Chicago Sun-Times, 15. Juli 1998
Wie allgegenwärtig das Thema Rassismus in den USA ist, zeigt sich wie fast jedes Jahr auch auf dem diesjährigen Sundance Filmfestival, das kommenden Sonntag zu Ende geht. Eine Dokumentation wie Always In Season von Jacqueline Olive über eine bis in die Gegenwart reichende Lynchjustiz gegenüber Afro-Amerikanern ist dort ebenso präsent und heftig diskutiert wie die Weltpremiere von Rashid Johnsons Native Son. Theater- und Drehbuchautorin Suzan-Lori Parks, die Richard Wrights Roman über das Leben eines Afroamerikaners in den 1930er Jahren in unsere heutige Zeit transformiert hat, rechtfertigt die inzwischen dritte Verfilmung dieses Klassikers auch damit, dass der Rassismus in Amerika nicht nur nicht überwunden sei, sondern man ja weiterhin nicht mal wisse, wie man darüber sprechen und schreiben soll.
Dementsprechend facettenreich sehen sich die Filme, die gerade entstehen und die Teil einer afro-amerikanischen Selbstermächtigungswelle sind, die im letzten Jahr mit Black Panther auch erstmals eine Superhelden-Blockbuster-Produktion angespült hat. Die eigentliche Auseinandersetzung mit dem alltäglichen und historischen Rassismus ist jedoch wie in diesem Jahr in Sundance weitaus komplexer und erinnert tatsächlich an die von Suzan-Lori Parks in den Raum gestellte kreative Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten, um Rassismus am wirkungsvollsten zu begegnen. Haben wir in den letzten zwei Jahren Filme wie Raoul Pecks I Am Not Your Negro oder Jordan Peeles Get Out gesehen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, so beginnt auch dieses Jahr mit kreativen Ausnahmeerscheinungen, läuft doch nur zwei Wochen vor Barry Jenkins' Verfilmung eines James Baldwin-Romans – If Beale Street Could Talk – der auch ins Oscar-Rennen gehende Green Book von Peter Farrelly an.
Anders als der bitter-ernste und subtil-schöne Film von Jenkins, der eine fast schon ikonografische »Blackness« der 1970er manifestiert, geht Farrelly den Weg über die Komödie, um eine ebenso bittere Geschichte wie die von Jenkins zu erzählen. Dass Humor durchaus ein adäquates Mittel sein kann, Rassismus im Film zu entlarven, hat Jordan Peele mit Get Out erfolgreich gezeigt. Farrelly wirft jedoch eine völlig andere komödiantische Tradition mit ins Rennen. Einige der Filme, die Farrelly mit seinem Bruder Bobby gedreht hat – Dumm und Dümmer (1994) oder Verrückt nach Mary (1998) –, gelten inzwischen als moderne Meilensteine der amerikanischen (Slapstick-)Komödie, und selbst komödiantische Grenzgänge wie Die Stooges – Drei Vollpfosten drehen ab (2012) mit ihren radikalen Rundumschlägen gegen alles und jeden mögen nicht jedem gefallen, sind aber bis in die kleinste Slapsticknummer perfekt und auf den Punkt choreographiert.
Ohne Slapstick auch nur im Entferntesten anzudeuten, ist Farrellys ideales Timing und überragende Dialogakrobatik auch in Green Book omnipräsent. Was umso wichtiger ist, als Farrelly eine Geschichte erzählt, die dieses Timing braucht, um auf dem schmalen Grat zwischen Ernst und Humor nicht zu stolpern. Ein Grat, der umso schmaler ist, als Green Book gleich mehrere Geschichten erzählt. Da ist die des Italo-Amerikaners Frank »Tony Lip« Vallolanga (Viggo Mortensen, zuletzt in Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück), der in den frühen 1960ern sein Leben mit Frau und Kindern als Türsteher finanziert, und da ist die des Afro-Amerikaners »Doc« Don Shirley (Mahershala Ali, zuletzt in Moonlight), einer der erfolgreichsten Jazz-Pianisten seiner Zeit, der endlich auch einmal eine Konzertreise in den Süden der USA wagen will – ohne weißen Body Guard, weißen Fahrer und einen weißen Tour-Operator ein Ding der Unmöglichkeit. Damit ist auch die dritte Erzählebene etabliert, die der alltäglichen Apartheid im Süden der USA. Und natürlich sind das alles, wie in diesen nach »Wahrheit« dürstenden Zeiten üblich, »wahre« Geschichten, setzt das Drehbuch von Farrelly, Brian Currie und Tony Lips Sohn Nick Vallelonga auf den Interviews auf, die Nick Vallelonga mit seinem Vater und Shirley geführt hat, und den Briefen, die Tony Lip während der zweimonatigen Tournee mit Shirley an seine Mutter geschrieben hat. Aber wie das so ist mit der »Wahrheit« in diesen Tagen, werden auch im Fall Shirley bereits Zweifel an der vermeintlichen Authentizität erhoben, wehren sich Shirleys Nachkommen gegen die Darstellung von Shirley und Tony in Farrellys Film.
Mit dem Start der Tournee werden die drei narrativen Hauptstränge – wahr oder nicht wahr – mehr und mehr verwoben. Und sie erzeugen mit jeder weiteren erzählerischen Windung die tragikomische Reibung, die den eigentlichen Reiz von Green Book ausmacht und ihn für mich zu einem der besten Filme der letzten Monate macht. Denn auf jedes tragisch-dramatische Ereignis – vorrangig Konfrontationen mit rassistischem Kontext – folgen in Road-Movie-Abschnitte eingebettete schwarz-und-weiß-humorige Dialogpassagen zwischen Shirley und Tony, die zum einen zeigen, wie groß der Graben zwischen dem hochgebildeten, wohlhabenden Jazz-Pianisten und dem bildungsfernen, aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Italo-Amerikaner ist. Gleichzeitig aber dekonstruieren sie auf überraschende Weise das rassistische Narrativ, zeigen sie doch genau das, was im Rassismusdiskurs tabu ist, nämlich anzuerkennen, wie gleich der Mensch in seiner Ungleichheit ist.
Doch nicht nur auf dieser Ebene verwehrt sich Farrelly stereotypen Erwartungshaltungen. Denn Green Book begeht vor allem nicht den Fehler, den ein personell ähnlich disponierter Film wie Ziemlich beste Freunde macht, in dem bei oberflächlicher Rassismus-Kritik subkutan dann doch nur die alten weißen Selbstermächtigungsstrategien fortgeschrieben werden. In Green Book ist der Schwarze nicht der Naturbursche, der tanzen kann und die Emotionalität für sich gepachtet hat; nein, hier ist der Schwarze der Intellektuelle, der Steife, der Erfolgreiche, der mit klassischer Musik sozialisiert wurde. Dafür hört der Weiße »schwarze« Musik und ist bereit, Leute zusammenzuschlagen und zu lügen. Und selbst diese im Ansatz ja auch schon wieder zu hinterfragende verkappt rassistische Attitüde – der Weiße kehre zu seiner Hochkultur zurück, der Schwarze zu seinen Blues-Wurzeln – wird durch charakterliche Hartnäckigkeit und ironisches Finetuning auch gleich wieder entmachtet.
Doch selbst mit dieser expliziten Gegenschreibung gibt sich Farrelly nicht zufrieden, sondern mischt die Karten noch einmal neu, und das immer wieder, mit jeder weiteren Station, mit der sich die Tournee in den Süden der USA hineinwindet, stets mit dem legendären »Negro Motorist Green Book« im Handschuhfach, das dem Film seinen Namen gibt und unerlässlich dafür war, um die wenigen Motels, Restaurants und Tankstellen zu finden, die schwarze Gäste akzeptierten.
Green Book ist aber nicht nur ein schauspielerisch überragender, spannender, humorvoller, düsterer und hoffnungsvoller Film über das Überleben in Apartheids-Strukturen und ihrer Dekonstruktion, ein Film über Freundschaft und ihre Grenzen, über Armut und Reichtum, sondern auch ein kluges Statement über Musik, die wie ein eigenständiger Dialog die vierte Geschichte im Film erzählt und die wichtige Frage stellt, inwieweit Musik Identität überhaupt stiften – und am Ende auch: retten kann.
Den ganzen Winter lang mit Hot-Dog-Wettbewerben das restliche Geld für die Familie auftreiben und hin und wieder Geschäfte für die Jungs von der Mafia erledigen? Der Rausschmeißer Tony Vallelonga, in seinem Viertel in der New Yorker Bronx auch als Tony »Lip« bekannt, steht blöd da, als der Nachtclub, in dem er arbeitet, wegen Renovierung schließt. Doch es fährt ein viel lukrativeres Angebot vor: mit einem blau-glänzenden Cadillac soll er ein paar Wochen lang für gutes Geld seinen Auftraggeber von Auftritt zu Auftritt chauffieren. Was nach einem geschenkten Deal aussieht, konfrontiert den einfachen Arbeiter italienischer Einwanderer mit seinen eigenen Grenzen, denn der teure Schlitten gehört einem Afroamerikaner aus sehr gutem Hause. Und in den 60er Jahren war es immer noch ein gesellschaftliches Tabu, für einen Schwarzen zu arbeiten.
Der verfressene Tony, gespielt von einem wohl genährten Viggo Mortensen, lässt sich dann doch überreden, als Fahrer für den talentierten Pianisten Dr. Don Shirley (Mahershala Ali) zu arbeiten, der eine Tour durch die Südstaaten der USA geben will. Während Tony in den Nachtclubs der New Yorker High-Society Probleme gerne mit Schlägen gelöst hat, schlägt Dr. Don Shirley energetisch in die Klaviertasten seines Steinway und füllt mit Stücken von Chopin die Konzertsäle des Landes. Auch wenn die Töne vom Komponisten des Filmes, Kris Bower, stammen, sieht man Darsteller Mahershala Ali an, wie er all die angestaute Wut und Enttäuschung des schwarzen Pianisten durch seinen Körper strömen und – wenigstens für einen Moment – jedes Vorurteil im Keim ersticken lässt: dieser Mann kann Klavier spielen. So porträtiert der Film, der auf wahren Begebenheiten beruht, eine der wenigen Persönlichkeiten, die zu Beginn der 60er Jahre als Afro-Amerikaner von den Bildungseliten des Landes Anerkennung genossen.
Im Stil eines Roadmovies, jedoch auf den edel gepolsterten Sesseln des Cadillacs, zwischen Kentucky-Fried-Chicken, Diskussionen über »schwarze« Musik und schnulzigen Liebesbriefen an Tonys Ehefrau, entsteht eine unerwartete Freundschaft à la Ziemlich beste Freunde. Die Gewaltbereitschaft des Schlägertyps ist auch hier der Schutz des sensiblen Virtuosen, denn als Afro-Amerikaner muss sich der Pianist trotz seines Erfolges mit den rassistischen Vorurteilen und Spielregeln der Segregation abfinden, an denen in den 1960er Jahren offen und schamlos festgehalten wird. So ist auch der Titel eine Anspielung auf den »Green Book« genannten Reiseführer, der sich zwischen 1936 und 1966 speziell an Schwarze richtete und für sie »rassenfreundliche« und sichere Motels und Restaurants auflistete.
Durch die Mischung aus Drama, das sich an wahren Begebenheiten orientiert, und Komödie, in der die Unterschiede der beiden Hauptfiguren gegeneinander ausgespielt werden und mit der es sich bekanntlich leichter über schwierige Themen wie Rassismus und Ausgrenzung sprechen lässt, reiht sich Green Book ein in ein Hollywood-Kino in Zeiten von Trump, Polizeigewalt gegen Schwarze und einem politisch und sozial tief gespaltenen Amerika. Doch wie die Spielstätten auf der Südstaatentour abgeklappert werden, so werden auch die Szenen abgearbeitet. Über lange Strecken hinweg hält ein Damm an guten Manieren und eloquentem Reden an, der der bedrückenden und rassenfeindlichen Stimmung standhalten muss, ohne dass es zu einer wirklichen Eskalation kommt. Und am Ende schaffen es Tony und Shirley doch noch aus den Fängen der Lokalpolizei ins traute Heim der italienischen Familie und somit zu einem versöhnlichen Ende zu gelangen. Ja, der Film erzählt eine einzigartige Geschichte. Ja, er zeigt die Situation der Schwarzen in den Südstaaten der 60er-Jahre. Aber am Schluss bleibt ein mulmiges Gefühl. Hat sich seitdem etwas verändert?
Das Einzige was ich im voraus über Green Book gehört hatte, war in der Schlange zur Kinokasse: Hier unterhielten sich mehrere Leute lautstark darüber, dass Green Book wohl auch einer der Oscar-Favoriten werden könnte und dass man sich auf den Film freuen sollte. Sie wussten auch schon um das zentrale Thema des Filmes, Rassismus, und dass hierdurch schon öfters »Oscar-Filme« zustande gekommen wären. So viel also zum unvoreingenommenen Filmschauen.
Nachdem ich nun Green Book gesehen habe, muss ich allerdings ernüchtert sagen, dass der Rassismus, den der Film aufwirft, reines Beiwerk bleibt. Bei Green Book handelt es sich um eine Komödie mit dramatischen Elementen von Peter Farrelly, den man als Regisseur von eher platten Komödien wie z.B. Dumm und Dümmehr (2014) kennt.
Für Green Book hat er die wahre Geschichte einer Konzerttournee des schwarzen Pianisten Don Shirley in den 1960er Jahren in die Südstaaten der USA verarbeitet: Damals herrschten dort noch die Jim-Crow-Gesetze, welche die Segregation der weißen und schwarzen Bevölkerung vorschrieben und in diesem unverbrauchten Schauplatz reisen die zwei Protagonisten Richtung Süden. Frank »Tony Lip« Vallelonga (Viggo Mortensen) ist hier der Chauffeur des berühmten Pianisten Don Shirley, gespielt von Mahershala Ali, bekannt für seine Oscar-Rolle in Moonlight (2016), und die zwei haben einige amüsante Interaktionen und dramatische Szenen und werden auf ihrer Tour langsam »ziemlich beste Freunde«. Aber gerade hierin liegt die Krux des Filmes: sein Umgang mit Rassismus.
Diskriminierung wird durch die sich auf der Fahrt chronologisch aneinanderreihenden kurzen Szenen anekdotisch gezeigt: Mal wird Don Shirley nicht die normale Toilette gestattet, und er reagiert entsprechend, mal anders werden die zwei Protagonisten blöde angegangen, weil der Schwarze der Chef des Weißen ist und nicht umgekehrt, was die damalige gesellschaftliche Norm wäre. Was in den Szenen an Diskriminierung passiert, schockiert – zumindest die Zuschauer – anfangs schon. Die Szenen bleiben jedoch völlig konsequenzlos für die Figurenentwicklung. Die Figuren entwickeln sich zwar, aber nicht wegen besagten rassistischen Schock-Momenten, sondern einfach nur, weil die zwei Hauptfiguren miteinander interagieren, der Rassismus ist hier weder Katalysator noch Grund für die Veränderung, er ist lediglich Beiwerk der Situation.
Durch die Folgenlosigkeit verblasst der Diskriminierungs-Schock immer mehr: spätestens bei der dritten derartigen Szene hat man sich als Zuschauer an den gezeigten Alltagsrassismus gewöhnt. Ironischerweise stellt der Film so den Rassismus der 60er Jahre korrekt dar, denn der Status quo bedeutete, dass Diskriminierungen in der amerikanischen Gesellschaft akzeptiert waren und als normal angesehen wurden. Ganz und gar unfreiwillig jedoch erwirkt der Film diesen Normalisierungs-Effekt auch beim Zuschauer, der für all das nur noch ein Achselzucken übrig hat.
Dieser Gewöhnungseffekt ist aber letztlich nur eine Folge der Strategie des Regisseurs, denn er will einfach nur verhindern, dass der Film zu ernst und dramatisch wird. Der Rassismus ist für ihn zwar der Motor der Komödie, aber Störgeräusche darf dieser keine verursachen. Und als reine Komödie klappt der Streifen hervorragend, der Humor funktioniert wunderbar und gerade Mortensens perfekt antrainierter italoamerikanischer Brooklyn-Dialekt setzt hier Höhepunkte. Wenn Tony Lip Shirley zum ersten Mal frittiertes Hähnchen aufdrängt und dieser daraufhin erst angewidert reagiert, aber dann mit dem ersten Bissen begeistert ist und Tony dies mit einem im perfekten Brooklyn-Slang gesprochenen »told you so« quittiert, kann man schon mal lachen.
Doch als Oscar-Bait kann man diesen Film nun wirklich nicht verhandeln, denn genau die intrinsisch wichtige Thematik um Rassismus verkommt einfach zum Beiwerk und Hintergrund für diese Roadmovie-Komödie. Wie viel besser hätte Green Book doch werden können, hätte sich der Film ernsthaft mit der Rassismus-Problematik auseinander gesetzt. Andere hochgepriesene Komödien mit dramatischen Elementen schaffen es deutlich besser, sich mit ihrem ernsten Hintergrund zu arrangieren und ihn zu problematisieren, z.B. schafft es Forrest Gump (1994) sich hervorragend mit der Tragödie des Vietnamkrieges auseinanderzusetzen ohne ihn zu verharmlosen. Dass Green Book neben dem verdienten Golden-Globe für die Beste Komödie jetzt auch noch den Golden-Globe für das beste Drehbuch gewinnen konnte, lässt mich ernsthaft an der Jury des Preises zweifeln. Oder war das mal wieder eine politische Geste aus Hollywood?
USA, Südstaaten, 1962. Ein blaues Auto fährt durch die unendlichen Weiten des amerikanischen Südens. In ihm sitzen zwei Männer unterschiedlicher Hautfarbe. Während der Fahrer ohne Punkt und Komma redet, sitzt Dr. Shirley, ein Afroamerikaner elegant, aber angespannt auf dem Rücksitz, eine Decke über seinem Schoß. Ein Bild, das in dem neuen Film Green Book von Peter Farrelly immer wieder auftaucht und das Bild eines American-60s-Road-Movie vermittelt.
Green Book erzählt die auf einer wahren Begebenheit beruhende Geschichte von Tony Vallelonga, einem Italo-Amerikaner, der auf der Suche nach einem neuen Job auf Dr. Shirley trifft. Dieser ist ein begnadeter Pianist von schwarzer Hautfarbe, der mit seinem Trio die nächste Tournee in den Südstaaten Amerikas spielen möchte. Für die Tour sucht er einen Fahrer und findet ihn in Tony Vallelonga. Ein Problem der Tournee und damit auch eine der zentralen Thematiken des Filmes ist dabei, dass die beiden ihre Reise nach dem »Negro Motorist Green Book« führen müssen, einem Wegweiser für afroamerikanische Autofahrer, der die wenigen Unterkünfte und Restaurants für Schwarze auflistet, die es im Süden Amerikas zu finden gibt.
Doch warum wählt der Regisseur ein solches Thema? Weil sich die Zeit der 1960er Jahre heute in Amerika zu wiederholen droht? Vielleicht. Der Film ist jedoch viel mehr als nur eine Geschichte über die Rassendiskriminierung. Denn Peter Farrelly gelingt es, innerhalb einer kurzen Zeitspanne weit mehr Themen aufzugreifen als die Rassentrennung. Es geht vielmehr auch um Freundschaft, Gewalt, Homosexualität und um die Selbstidentität von Dr. Shirley in einer Welt, in der er glaubt, nirgends richtig zu sein. Kurz und gut: Es geht um nichts weniger als ums Menschsein. Dargestellt an zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein können. Doch schaffen es genau diese beiden im Verlaufe des Filmes eine Freundschaft aufzubauen, die zu Beginn schlichtweg unmöglich schien. Die Gegensätze zwischen dem ungleichen Figurenpaar sind es jedoch, die die Komödie befeuern. Denn oder auch gerade deshalb, bieten die allzu menschlichen Figuren ein hervorragendes Indentifikationsangebot. Allzu gerne taucht man ganz in die Geschichte ein.
Definiert wird der Film vor allem durch seine Figuren, darstellerisch weiß vor allem Mahershala Ali als Dr. Shirley zu überzeugen. Peter Farelly stellt die Klischees auf den Kopf, die rassentrennend das Denken in zwei Hälften teilt. Dr. Shirley ist homosexuell und schwarz, lebt allerdings in bester Wohnlage und ist, bedingt durch seine Kunst, zu großem Reichtum gelangt. Er hält sich an Regeln und die Rassengesetze, aber viel wichtiger, folgt er seinen eigenen Moralvorstellungen. Tony ist weiß und zu Beginn des Filmes durchaus rassistisch. Als zwei schwarze Arbeiter in seinem Haus den Abfluss reparieren, schmeißt er kurzerhand die Gläser, aus denen sie getrunken haben, in den Müll (anstatt sie abzuspülen). Tony ist eher als der stereotype »Schwarze« gezeichnet, folgt man den Rassenklischees. Er ist ein Mann, der sich seine eigenen Gesetze macht. Er steht kurz vor dem Bankrott und lebt in einem gefährlichen Viertel, ist Türsteher in einem Club und ist sich auch nicht zu fein, den einen oder anderen Gast mit sanfter und nicht so sanfter Gewalt aus dem Lokal zu entfernen. Eine Umkehrung von Klischees, mit denen es sich der Film in dieser Hinsicht ein bisschen zu leicht macht, da es allzu durchschaubar ist. Denn wo nur die Klischees vertauscht werden, passiert noch lange kein zu thematisierender Aufprall oder gar eine gesellschaftskritische Problematisierung der Rassentrennung. Die Folge ist, dass daraus nur ein Feelgood-Movie entsteht, welches zwar versucht eine permanente Message zu vermitteln, sich aber zwischendurch selbst verliert. Denn es ist nicht vollkommen klar, worauf der Film wirklich hinaus will. Durch die doch häufig vorkommende Komik, bedingt durch den Gegensatz der Figuren, verliert die Schwere der Rassenthematik ihre Wirkung und hinterlässt ein Gefühl der komödiantischen Verwirrung.
Die Gegensätze der beiden Figuren Dr. Shirley und Tony »Lip« (ein Spitzname, den er sich aufgrund seines losen Mundwerkes angeeignet hat), ziehen sich dramaturgisch durch den gesamten Film und machen in zugleich ehrlich, witzig, leicht und skurril. Hier erscheint allerdings auch eine Schwachstelle des Filmes. Ein Film, der so sehr darauf ausgelegt ist, mithilfe der Figuren eine Geschichte zu erzählen, braucht Charaktere, die an manchen Stellen facettenreicher gebaut sind. Vor allem Tonys Charakterentwicklung fehlt und macht ihn als Figur schlicht zu glatt. Schwer ist es nämlich zu glauben, dass ein Macho wie Tony bei einer achtwöchigen Abwesenheit von seiner Frau nicht ein einziges Mal in Versuchung kommt und keiner anderen Frau hinterherguckt. Erneut wurde hier wieder zu sehr auf ein Feelgood-Movie gebaut, denn Tony ist von Beginn der Tournee bis zum Ende der perfekte Fahrer für Dr. Shirley und holt ihn aus den brenzligsten Situationen heraus. Die Thematisierung, ob Tony sich dabei auch Problemen konfrontiert sieht, kommt zu kurz und nimmt dadurch sowohl dem Film als auch dem Charakter die nötige Tiefe.
Doch ist das schlicht vielleicht einfach nicht das Thema des Filmes. Green Book ist ein Film, der nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch besonders viel mit dem Schwarzweiß-Gegensatz spielt. Dr. Shirley ist ein schwarzer Pianist, der auf einem Klavier spielt, bei dem der Klang ohne die schwarzen Tasten nicht funktionieren würde. Er ist umringt von weißen Menschen in den Südstaaten Amerikas. Doch nicht nur die Menschen sind weiß. Nicht untypisch für Amerika sind viele Bilder durchzogen von weißen Villen, wie man sie aus dem Süden Amerikas kennt. Weiße Villen von weißen Menschen in weißen Anzügen – die Bilder stoßen einen geradezu darauf hin, dass Dr. Shirley nicht in diese Welt gehört.
Doch in welche Welt gehört er? Außergewöhnlich ist dieser Film, weil er beim Thema Zugehörigkeit einen anderen Bogen einschlägt. Dr. Shirley, der als Schwarzer nicht einmal die Musik der schwarzen Soul-Ikone Aretha Franklin hört, glaubt nirgendwo hinzupassen. Er ist schwarz, gehört aber nicht zu seinesgleichen. Er spielt jeden Abend vor weißen, reichen Amerikanerin, darf aber weder auf deren Toilette gehen noch im gleichen Restaurant zu Abendessen. Denn selbst Tonys Freunde und zu Beginn auch Tony selbst, sind davon überzeugt, dass Schwarze nichts wert sind. Wo gehört Dr. Shirley dann aber hin?
Er gehört genau dazwischen, nämlich sowohl zu den Schwarzen als auch zu den Weißen. Soweit, dass er am Ende sogar Weihnachten zusammen mit Tony und seiner Familie verbringt. Ein Ende, das allein dem amerikanischen Bedürfnis nach Harmonie und großem finalen Hollywood-Fest genüge tut, es aber ansonsten gar nicht braucht. Denn dem Film gelingt es, auch ohne am Ende auf die Tränendrüse zu drücken, nachdenklich zu machen. Und auch wenn der Film bedingt durch seinen Inhalt auch ein bisschen traurig sein darf, hat es über weite Strecken aber vor allem eins gemacht: Spaß beim Zugucken. Den Schauspielern und den Dialogen sei Dank.
Tony und Doktor Shirley sitzen im Auto, fahren durch die Vereinigten Staaten von Amerika und essen einen Eimer voll mit Hähnchenflügel des Fast-Food-Restaurants Kentucky Fried Chicken. Zu Beginn traut sich Shirley, der gewöhnlich nur hochwertige Speisen zu sich nimmt und dieses »Gericht« zum ersten Mal isst, noch nicht, die Flügel anzufassen, was sich jedoch dank Tony schnell ändert. Schließlich schmecken ihm die frittierten Flügel richtig gut. Man kann die Freude und Leichtigkeit, die in sein Gesicht kommen, erkennen.
Eine Szene, die einem ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert und gleichzeitig berührt. Eine entstehende Freundschaft zweier grundverschiedener Männer, die einen zum Lachen bringt und das Herz erwärmt. Und genau das möchte Regisseur Peter Farrelly erreichen: »Ich glaube an diesen Film. Ich denke, dass er die Herzen und Gedanken schrittweise ändern wird.«
Der Film spielt in den 1960er Jahren überwiegend in den Südstaaten, welche zu dieser Zeit vom Rassismus dominiert wurden. Im Zentrum des Films stehen der Pianist Don Shirley und sein amerikanisch-italienischer, anfangs rassistischer, Fahrer Tony »Lip« Vallelonga. Gemeinsam begeben sie sich in den auf eine Konzert-Tournee von New York bis in die Südstaaten der USA. Es ist die Zeit vor der Bürgerrechtsbewegung Martin Luther Kings. Ihre Tournee müssen sie daher mit dem titelgebenden Negro Motorist Green Book planen. »Green Book« ist ein Reiseführer für schwarze Autofahrer, der die wenigen Unterkünfte, Restaurants und Tankstellen beinhaltet, die auch afroamerikanische Gäste bedienen. Trotz der anfänglichen Skepsis des aus einfachen Verhältnissen stammenden Tony Lip (gespielt von Viggo Mortensen) gegenüber seines gebildeten, schwarzen Vorgesetzten, (gespielt von Mahershala Ali), freunden sich die beiden im Laufe des Films, nach gemeinsam erlebten Höhen und Tiefen, an. Hierbei lernen sie das gegensätzliche Leben des jeweils anderen kennen und sich zu respektieren.
Auffällig sind die vertauschten Rollen der Hauptfiguren, wodurch mit Rassenklischees gespielt wird. Das Ganze wird als vergnügliche Komödie der Gegensätze inszeniert, vermischt mit tragischen Ereignissen, welche den damaligen Rassismus widerspiegeln und den Film somit zu einer Tragikomödie werden lassen. Der weiße Tony wird als leidenschaftlicher Familienmann und liebenswerter, ehrenhafter, jedoch ungebildeter Prolet (diese Eigenschaften werden klischeehaft eher der schwarzen Bevölkerung zugeschrieben) mit großem Mundwerk dargestellt. Doktor Shirley kommt die Rolle des Gebildeten zu, der sich gewählt ausdrückt und in seinen Maßanzügen stets vornehm gekleidet ist, diese Eigenschaften werden wiederum den weißen Bürgern zugeordnet. Interessant ist hier, dass es sich um eine Filmbiografie, welche auf einer wahren Begebenheit basiert, handelt – die Figuren also wirklich in dieser Konstellation und mit diesen Eigenschaften existierten.
Szene auf Szene folgt in diesem geradeaus verlaufenden Roadmovie, das die Südstaaten-Landschaft durchfährt.
Immer wieder werden im Laufe der Fahrt Aufnahmen Südstaaten-Landschaften im Stile der 60er Jahre gezeigt, beispielsweise ein aus der damaligen Zeit stammendes Kentucky Fried Chicken Restaurant in dem US-Bundesstaat Kentucky. Dies lässt den Film sehr authentisch und realistisch wirken und der Zuschauer kann sich dadurch sehr gut in die Szenarien hineinversetzen. Außerdem
trennt der Film durch das Spielen mit Schärfe im Vordergrund und Unschärfe im Hintergrund das Wichtige (Vordergrund) vom Unwichtigen (Hintergrund).
Begleitet wird der Film von der einerseits klassischen Piano-Musik, welche von Don Shirley bei seinen Auftritten gespielt wird und die ziemlich streng und ernst wirkt. Andererseits werden jedoch auch lockere Rock’n’Roll Songs wiebeispielsweise von Little Richard, welche Tony anmachen, im Auto während der Fahrt
gespielt. Diese Songs erzeugen eine lustige und erfrischende Stimmung im Film. Die Musik unterstreicht ebenfalls die unterschiedlichen Lebensweisen der
beiden Hauptdarsteller und verstärkt die vertauschten Rollen, da Don Shirley nicht einmal die Musik »seiner Leute« (der Schwarzen) kennt, diese jedoch von Tony gehört wird.
Das Hauptthema des Films, Rassismus, wird in der Tragikomödie ernst behandelt. Tragische Szenen, die den damaligen Rassismus im Süden der Vereinigten Staaten von Amerika aufzeigen und an diese Zeit zurückerinnern, werden von lustigen und rührenden Szenarien abgelöst, welche die entstehende, ungleiche Freundschaft der beiden Hauptdarsteller widerspiegeln. Es gelingt dem Film, Heiterkeit zu verbreiten und dennoch den Rassismus der 1960er Jahre deutlich zu machen. Rassismus ist
auch heute noch ein präsentes Thema, welches jedoch durch die Abschaffung der Rassengesetze nicht mehr eine derart große Tragweite hat, jedoch nicht in Vergessenheit geraten sollte. Daran erinnert der Film. Green Book wird von großartigem Humor und sehr guten Schauspielern, nicht nur den Hauptdarstellern, sondern auch der Nebendarstellerin Linda Cardellini als Tonys Frau, begleitet. Nicht umsonst gewann Mahershala Ali für seine Rolle des Don Shirley einen
Golden Globe Award als bester Nebendarsteller. Einnehmend ist, dass die Figuren im Laufe des Films gegenseitig voneinander lernen und die gemeinsamen Erlebnisse die Einstellungen der beiden unterschiedlichen Männer verändert. Das emotionale Ende wurde perfekt von Regisseur Peter Farrelly umgesetzt und beendet diese berührend-humorvolle und sehr sehenswerte Geschichte.
Der Film ist daher unter anderem für den Oscar nominiert und hat in der Nacht zum Montag bei der Verleihung
der 76. Golden Globes in Los Angeles den Preis als »Beste Komödie« gewonnen.
Zwei Männer, zwei Weltanschauungen, ein Auto. Aus verschiedenen Verhältnissen, mit verschiedenen Ansichten und Werten sowie unterschiedlichen Interessen begeben sich der italienisch-stämmige Tony 'Lip' Vallelonga und der schwarze Pianist Dr. Don Shirley auf eine Reise durch den tiefsten Süden der USA, bei der diverse Hindernisse überwunden werden müssen. Die Protagonisten lernen im Laufe des Films die Werte des anderen zuschätzen und entwickeln eine Freundschaft.
In Peter Farrellys Green Book sind die zu Beginn gegensätzlichen Charaktere der proletarische und, ja, rassistische Türsteher Tony Vallelonga, der Gewalt nicht scheut, und der berühmte, schwarze Pianist Dr. Don Shirley, der auf Grund seines typisch »weißen« Repertoires (klassische Klaviermusik) von seinesgleichen nicht anerkannt wird, jedoch auch vom »White Man« der 1960er nicht akzeptiert ist. Er beschließt eine Tournee durch die Südstaaten zu machen und engagiert dafür ausgerechnet Tony Vallelonga als Fahrer.
Bei dem neuen Job für den gebildeten Pianisten orientiert sich Tony Vallelonga an dem sogenannten »Green Book«, einem Reiseführer, der den Aufenthalt für Farbige im Süden erleichtern soll. Nichtsdestotrotz wird die achtwöchige Tour stets von Problemen durchzogen, die von stereotypischen Vorurteilen seitens Tony, über die Aufforderung, das Plumpsklo für Schwarze im Garten zu benutzen bis hin zu gewalttätigen Übergriffen in einer Bar führen. Zu Beginn lässt sich der Musiker einiges bieten. Er folgt den Aufforderungen, sich abseits der weißen Gäste aufzuhalten und lässt sich abschätzige Kommentare gefallen. Je mehr Tony jedoch lernt, ihn wertzuschätzen und zu respektieren, desto mehr setzt er sich für seinen Arbeitgeber ein und hilft diesem, sich zu verteidigen und auch mal 'nein' zu sagen, zum Beispiel, als er gebeten wird, in einer Besenkammer zu essen, statt im Restaurant, in dem er im Anschluss sein Konzert geben sollte. Dieses Mal beugt er sich den Weisungen nicht, verlässt das Luxus-Lokal und begibt sich in eine Jazzbar, in welcher er zum ersten Mal Anerkennung bekommt und seinen Spaß an 'farbiger' Musik findet.
Peter Farrelly behandelt die Probleme des rassistischen Südens in einer idealen Balance zwischen Ernst und Spaß. Das zeigt sich zum Beispiel in einer Szene gegen Anfang des Films, als Tony Dr. Shirley »Fried chicken« anbietet, da laut ihm ja alle Farbigen »Fried chicken« mögen. Diese rassistische Bemerkung wird im späteren Verlauf wiederholt, jedoch kommt sie diesmal von einer ebenfalls dunkelhäutigen Köchin, die den Auftrag hatte, etwas zu kochen, das dem Pianisten mit Sicherheit schmeckt. Diese beiden Szenen zeigen, dass bestimmte Vorurteile vor allem dann als rassistisch angesehen werden, sobald sie von einer anderen ethnischen Gruppe kundgetan werden.
Farrelly inszeniert den Film mit Happy-End leicht, lustig und unterhaltsam, ohne die Situation ins Lächerliche zu ziehen, indem Alltagssituationen mit erzieherischen Elementen durchzogen werden.
Ohne dramatische Wendung oder unerwartetem Twist ist dies ein Film, der den Zuschauer dennoch in seinen Bann zu ziehen vermag. Denn genau diese Unaufgeregtheit bringt die Stärken des Films zum Vorschein: die Geschichte kann ungestört ihren Lauf nehmen und die Schauspieler zeigen sich in ihrer Höchstform. Die Chemie zwischen Viggo Mortensen (Tony Lip Vallelonga) und Mahershala Ali (Dr. Don Shirley) verändert sich mit der Geschichte: Wurden zu Beginn noch die gravierenden Unterschiede und Antipathie betont, so ergibt sich im Laufe des Films Sympathie und Freundschaft, was in einem gemeinsamen Weihnachtsdinner seinen Höhepunkt findet. Dafür erhielt der Film auch direkt mehrere Golden Globes als Beste Komödie, für das Beste Drehbuch und den Besten Nebendarsteller, Mahershala Ali, der Dr. Don Shirley spielt.
Das Grundschema und die grobe Thematik des Films sind zwar keine Novität, jedoch ist die Wahl der gegensätzlichen Figurenpaarung extraordinär und verleiht der Umsetzung durch Alltagswitz und einem interessant eingesetzten stereotypen Humor, der dem Zuschauer die klassischen Gegensätze der Figuren, sowie die Aufklärung 'rassenbedingter' Vorurteile vor Augen führen soll, etwas erfrischendes, was Green Book durchaus sehenswert macht.
Die wahre Geschichte einer wahren Freundschaft. Der Italo-Amerikaner Tony »Lip« Vallelonga nimmt einen Job als Chauffeur und Beschützer für den Pianisten Dr. Don Shirley während seiner Konzert-Tournee in den frühen 1960er Jahren durch die Südstaaten der USA an. Tony, wunderbar lässig dargestellt von Viggo Mortensen, ist ein Kerl aus der Bronx, der physischen Auseinandersetzungen nicht abgeneigt ist und der kultivierte, etwas eitle Doktor der Musik müssen auf ihrer Reise dem »Negro Motorist Green Book«, dem Reiseführer für dunkelhäutige Autofahrer folgen, der die Restaurants und Hotels auflistet, in denen auch afroamerikanische Besucher bedient werden. Denn Dr. Don Shirley ist schwarz.
Auf der Reise bekommt Shirley, obwohl man sich streng an die Empfehlungen des Green Book hält, den Rassismus der Südstaaten zu spüren, von Hotelbesitzern ebenso wie von Polizisten. Diesen begegnen die beiden mehr als einmal, doch aus der Willkür der Polizei können sie sich jedes Mal befreien. Tony selbst hat zu Beginn ebenfalls rassistische Vorurteile, ändert seine Meinung jedoch nach kurzer Zeit. Etwas zu schnell für jemanden, der zwei Gläser in den Müll wirft, weil dunkelhäutige Klempner daraus getrunken haben.
Doch so verschieden die beiden auch sein mögen, sechs Wochen lang permanent Zeit miteinander zu verbringen, schweißt zusammen. Auch wenn Tony gerne und viel quatscht, am besten noch mit vollem Mund, ganz das Gegenteil von Shirley und sehr zur dessen Missgunst, wird auch der irgendwann aufgeschlossener und lässt sich von Tony sogar dazu überreden, Fast Food – »Kentucky Fried Chicken in Kentucky, das darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen!« – zu essen. Und siehe da, es schmeckt ihm. So unterschiedlich können die beiden Männer dann ja wohl gar nicht sein, oder? Aber Tony ist nicht derjenige, der verprügelt wird, als er in eine Bar geht. Und er ist auch nicht derjenige, der von seinem Gast- und Auftraggeber auf das Plumpsklo im Garten geschickt wird. Oder der, der am letzten Abend seiner Tournee nicht in dem Saal speisen darf, in dem er später noch ein Konzert geben soll. Doch hier gibt Shirley zum ersten Mal nicht sofort nach. Es scheint, als hätte Tony, der nicht versteht, wie sein Chef diese Diskriminierung erdulden kann, mit seiner Meinung nun doch Eindruck hinterlassen. Shirley lässt ihn nun entscheiden, ob er nachgeben oder sein Konzert ausfallen lassen soll. Dass die Beiden kurz darauf in einer anderen Kneipe sitzen, ist keine Überraschung. Auch keine Überraschung ist der Ausgang der Geschichte. Denn wenn Tony und Shirley nach einer langen Fahrt durch schönstes Schneegestöber zu Hause ankommen, »Have yourself a merry little christmas« ertönt und Tonys Familie schon zum Weihnachtsessen um den Tisch versammelt ist, will man nur noch, dass der einsame Musiker in den Kreis aufgenommen wird. Doch nicht ohne eine kleine Verzögerung.
Dies und die klaren Bilder von »Green Book«, die in warmen Herbstfarben gehalten sind, untermalt von authentischen Hintergrundgeräuschen, sind wunderschön anzusehen. Die Geräusche und die Musik des Films fallen immer wieder auf. Das Thema der Musik, das sich mit dem Protagonisten zwangsläufig ergibt, nimmt der Film nämlich wörtlich. Ob Rock 'n' Roll im Radio, R&B im Restaurant oder die klassische Musik bei den Konzerten des Doctor, fast ununterbrochen ist Source-Musik zu hören.
Der Film war nominiert für fünf Golden Globes und gewann am Ende drei. Mahershala Ali als bester Nebendarsteller für seine Darbietung des Don Shirley, das Drehbuch aus der Feder von Regisseur Peter Farrelly, Brian Currie und Nick Vallelonga, dem Sohn des echten Tony Lip. Der Golden Globe für den besten Film ging ebenfalls an Green Book. Jetzt bleibt abzuwarten, was die Oscars bringen…
»Es braucht Mut, um die Herzen der Menschen zu ändern.« Ein bedeutungsvoller Satz, der von einer Welt spricht, die auf einen Helden wartet. Das Herz der Menschen verändert sich, wenn es berührt wird, zum Beispiel mit Musik oder einem emotionalen und guten Film. Auch wenn es bei den Themen Rassismus und Diskriminierung schwer ist, dass ein Mensch sich wandelt, so ist es doch nicht unmöglich. Das zumindest suggeriert jetzt Green Book, die neue Tragikomödie von Peter Farrelly.
In den 1960er Jahren muss Dr. Don Shirley wegen seiner dunklen Hautfarbe mit vielen Vorurteilen zurechtkommen. Dennoch macht er es sich zur Aufgabe, mit Hilfe seiner klassischen Klaviermusik für ein gerechtes und schönes Miteinander der Menschen zu kämpfen. Mit dem Italo-Amerikaner Tony Lip wird die Kehrseite der Medaille dargestellt, denn er hat, wie so viele in den 60er Jahren, eine Voreingenommenheit gegen Schwarze und zeigt diese Abneigung offen. Seine engstirnige Meinung tut er kund, als er die Trinkgläser von schwarzen Handwerkern einfach wegschmeißt, anstatt sie zu spülen. Eine gemeinsame Reise der zwei Protagonisten, die auf der Basis des »Green Book«, ein Reiseführer für afroamerikanische Autofahrer, geplant wurde, beginnt als Bandtournee und endet mit positiven charakterlichen Veränderungen bei Dr. Don Shirley und Tony Lip. Beide verbindet eine »besonderen Freundschaft«, wie der deutsche Titel suggeriert, nicht ohne Anspielung auf Ziemlich beste Freunde. Auf ihrer Fahrt durch die Südstaaten lassen sie sich nach und nach immer mehr auf den anderen ein. Bis sie schließlich ihre Vorurteile ablegen.
Peter Farrelly verleiht der auf Wahrheit beruhenden Geschichte Humor und zugleich eine gewisse Ernsthaftigkeit. Dadurch gestaltet er einen Film, der nicht nur gute Laune hinterlässt, sondern auch zum Nachdenken anregt. Es ist im wahrsten Sinne keine Geschichte, die nur die weiße oder schwarze Seite skizziert. Es handelt sich um einen Film, der Schwarz und Weiß vermischt und dessen Resultat nicht grau, sondern bunt ist. Die Protagonisten, die durch ihre Herkunft und Vergangenheit nicht unterschiedlicher sein könnten, finden Gemeinsamkeiten und machen die Stärken des anderen zu ihren Vorbildern.
Die klassische Konzertmusik, dazu Jazz und der melancholische Score von Kris Bowers lassen den Wandel von Shirley und Tony Lip spürbar werden. Die Musik wird hier deutlich in Szene gesetzt und klaut der Handlung die Show.
Dennoch: Irgendetwas fehlt. Alle bekannten Faktoren und Stereotypen zum Thema Rassismus werden brav abgeklappert und kaum ergeben sich Überraschungen. Die dadurch entwickelte Vorhersehbarkeit ist der Unveränderbarkeit unserer Welt geschuldet: Es gibt keine neuen positiven Entwicklungen in Sachen Rassismus und Diskriminierung, die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein. Viele sind sogar in alte Muster verfallen und hegen strikte Vorurteile gegen Menschen, die nicht ihresgleichen sind. Auch der Verkauf des populistischen, gar rechten Gedankenguts unter dem bürgerlichem Deckmantel wird weiterhin gepflegt. Insofern erweist sich Green Book auch als ein Film der Ära Trump.
Dies macht den Film von Peter Farrelly zu einem sehr bedeutenden Teil unserer Filmgeschichte, weil er ein Thema anspricht, das uns alle angeht. Bei der besonderen Freundschaft zwischen Tony und Don bekommt der eine oder andere ein Glitzern in den Augen. So lässt sich wohl die Meinung des Herzens verändern, man muss es nur zulassen können und offen sein für neue Abenteuer. Wenn man in seinem Leben einen einzigen Menschen zum Umdenken anregen kann, hat man schon gewonnen.
Wenn man sich vergangene Academy Awards anschaut, könnte man meine, dass die Gewinner sich immer wieder mit Themen des Zeitgeistes beschäftigten oder mit Geschichten, die eine Problematik in der Vergangenheit aufgreifen, da sie nun langsam wieder relevant werden.
Auch ein einfach guter Film wie Green Book stellt sich so in den Schatten eines banalen Stereotyps: Dem Ideal, dass die Musik auch Menschen, die in dieser Zeit typischerweise eher gegeneinander waren, verbrüdern kann. Kunst hebt sich von der Bosheit ab, die in diesem Film durch Rassismus ausgedrückt wird. Ein Thema, das leider immer noch aktuell ist. Green Book wurde dieses Jahr für vier Kategorien vorgeschlagen: Bester Film, bester Hauptdarsteller, bester Nebendarsteller und Bester Schnitt. Green Book basiert auf einer wahren Geschichte, was auch schon zum guten Ton von Hollywood zu gehören scheint.
Der Regisseur Peter Farrelly, der mit Komödien wie Dumm und Dümmehr und Verrückt nach Mary bekannt wurde, versucht nun seine Formel mit einem ernsteren Thema zu kombinieren: Rassismus.
Im Jahr 1962 in New York arbeitet Tony »Lip« Vallelonga (Viggo Mortensen) als Türsteher und Security im Nachtclub »Copacabana«. Der italienisch-amerikanische Lip, auch bekannt als »Bullshitter«, wird unter Protest – denn er ist Rassist, wie zu jener Zeit viele Menschen – der Fahrer des Afro-Amerikanischen Pianisten Dr. Don Shirley (Mahershala Ali), der zudem Psychologe ist. Vallelonga wird für den Job genommen, weil Dr. Shirley einen Mann benötigt, der ihn nicht nur chauffiert, sondern auch für seinen persönlichen Schutz sorgt, denn Shirley weiß, dass er in den südlichen Staaten ein leichtes Ziel für Rassismus ist. Er fragt Vallelonga, ob er seine Familie zwei Monate lang alleine lassen kann und bekommt seine Zustimmung nur gegen gutes Geld und Einreden von Vallelongas Ehefrau. Passend im komödiantischen Stil des Regisseurs endet die Szene dann damit, dass der schwarze Dr. Shirley fordert, dass Lip zusätzlich noch seine Kleidung bügeln und die Schuhe putzen soll, was natürlich auf starken Widerstand trifft.
Die letzte Szene wird meiner Meinung nach ziemlich kitschig dargestellt: eine typisch amerikanische Weihnachtsszene, in der Vallelongas gesamte Familie am Tisch sitzt. Hier wird auch dem langsamsten Zuschauer noch einmal gezeigt, was Dr. Shirley trotz all seines Ruhms und Reichtums leider nicht hat: Familie und tiefsinnige Beziehungen. Dr. Shirley nimmt den Augenblick wahr und besucht Tony und seine Familie. Die Message des Films hat befriedigt. Das Ende ist zwar kitschig, aber dennoch gelungen. Alle Charaktere sind am Ende glücklich: ein echtes Happy End!
Kommen wir jedoch zur Realität, dass Rassismus beständig bleibt und auch für die Charaktere des Films das Thema »nach Drehschluss« immer noch Thema sein wird. Menschen, die nicht so betucht sind wie Dr. Shirley, und die jeden Tag mit viel aggressiverem Rassismus kämpfen müssen, als in diesem Film überhaupt dargestellt wird. Die auf einer wahren Geschichte basierende Erfolgsgeschichte Dr. Shirleys ist nur die einer von wenigen Fällen in der schrecklichen Geschichte des Rassismus in den USA.