Deutschland 2014 · 95 min. · FSK: ab 6 Regie: Severin Winzenburg Drehbuch: Severin Winzenburg Kamera: Severin Winzenburg Schnitt: Miriam Märk |
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Die Kommune ist immer noch auf der Suche nach dem Glück |
»Im letzten Jahr habe ich – obwohl ich gar nicht wusste, dass der Krebs so weit fortgeschritten war – dauernd gedacht: Das ist das letzte Mal, dass du das machst. Du stirbst.« – Es ist die Schriftstellerin Jutta Winkelmann, die diese Sätze 2013 sagt, nachdem sie zum zweiten Mal an Krebs erkrankt war.
Was hält das Leben zusammen, wenn es existentiell gefährdet wird? Wie geht man damit um, wenn man womöglich todkrank ist? Dies und überhaupt die Frage nach dem Sinn unseres Lebens ist jetzt gleich in drei neuen deutschen Filmen das Thema. Der Zufall – oder wenn man daran glaubt, eine höhere Fügung – haben ihnen nicht nur das gleiche Kinostartdatum beschert, sondern auch die aktuelle Debatte um das Recht auf einen selbstbestimmten Tod und Sterbehilfe, die in den letzten Wochen durch Gesetzesinitiativen, Zeitungskommentare und Interviews wieder überraschend aktuell geworden ist und durch den Freitod des Ex-MDR-Intendaten und BR-Hörfunkchefs Udo Reiter kurz nach seinem Auftritt bei »Maybrit Illner« noch zusätzliche Brisanz erhielt.
Und wie interessant: Alle drei Filme – neben diesem noch Hin und weg und Dieses schöne Scheißleben – zeigen wieder einmal Deutsche im Ausland. Wie schon zu jenen Zeiten der Romantik, als vor rund 200 Jahren die deutschen Dichter die Wahrheit mit der Seele suchten und sie vor allem in der Fremde fanden, in Griechenland oder wie Eichendorffs »Taugenichts« in Italien – so zieht es auch die deutschen Filme und ihre Protagonisten gern in die Ferne. Im deutschen Kino werden Reisen und Urlaub seit jeher gern zum Katalysator für Seelenschmerzen. Jetzt reist der Münchner Regisseur Severin Winzenburg mit Jutta Winkelmann, ihrem Lebensgefährten Rainer Langhans, als Ex-Insasse der legendären »Kommune 1« ein deutsches Hippie-Idol, ihrer Schwester Christa und einer weiteren Frau aus Langhans' Münchner »Harems«-Lebensgemeinschaft nach Indien. Nach Wiederausbruch ihrer Krebserkrankung, sucht sie dort Trost, Spiritualität, womöglich Sinn, und allemal Hilfe beim drohenden Sterben.
Es ist trotzdem ein sehr weltlicher und weder esoterisch-versponnener, noch traurig stimmender Film geworden: Good Luck Finding Yourself ist sensibel, optimistisch, gut gelaunt und oft auch ironisch. Eine sehr angenehm anzusehende kontemplative Reise in einen Ort des extremen Lebens im indischen Subkontinent, und zugleich ein wunderbares Generationenportrait der anderen Art, nicht zuletzt durch die Pascha-Allüren des ewigen 68ers Langhans.
Jutta Winkelmann hat auch ihre zweite Krebserkrankung bislang gut überstanden: »Was ist das richtige Leben?« fragt sie einmal in Indien. Die Antwort: »Sterben lernen.«