USA/CDN/D 2003 · 113 min. Regie: George Clooney Drehbuch: Charlie Kaufman Kamera: Newton Thomas Sigel Darsteller: Sam Rockwell, George Clooney, Jennifer Rae, Julia Roberts u.a. |
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Barris und sein CIA-Rekruteur |
Der Mann ist ein Wrack. Zottelig das Haar, verfilzt der Bart, ausgemergelt der nackte Körper: Ex-Fernsehguru Chuck Barris taumelt durch sein verwahrlostes Hotelzimmer, während auf dem Bildschirm gerade Reagan seinen Wahlsieg feiert. Der Mann ist ein Wrack, aber er ist noch lange nicht am Ende: Barris, der die Welt mit Quizformaten wie der Gong-Show und Herzblatt beglückte und die Fernsehlandschaft nach eigenem Bekunden mit hirnerweichendem Entertainment verseuchte, führt der Medienwelt noch einmal ihre eigene hässliche Fratze vor. Seine unglaublichen Memoiren mit dem Titel »Confessions of a Dangerous Mind« leuchten noch die schmuddeligste Ecke des bodenlos zynischen Fersebusiness aus, wo Menschen sich für Quoten verheizen lassen, um sich einmal im Leben jene berüchtigten 15 Minuten lang im Ruhm zu sonnen. »Wer hätte gedacht, dass so viele Amerikaner bereit sind, sich vor der ganzen Nation zum Arsch zu machen?«, lautet Barris lakonischer Kommentar.
Doch auch die Exzesse der bösen bunten Glitzerwelt werden schnell schal, und so kommt es Barris gerade recht, als aus dem Nichts ein Mephistopheles mit Schnauzbart und Schlapphut auftaucht, der den Fernsehmoderator flugs als Auftragskiller für die CIA anheuert. Schon bald reist der zynische Tausendsassa – perfekt getarnt als Gameshowhost – mit den glücklichen Gewinnerpärchen nach Helsinki und Berlin, um nebenbei seinen blutigen Zweitjob auszuüben – süchtig nach dem ultimativen Kick, den ihm nur das Töten verschafft. Die Kugel im Kopf als konsequente Fortsetzung all der öffentlichen Hinrichtungen, die er an unzähligen untalentierten Möchtegernstars vor Millionenpublikum durchführte.
Hollywoodbeau George Clooney erzählt in seinem Regiedebut die haarsträubende Geschichte voll Lust am Medium Film. Mit vollen Händen und sichtlich diebischem Vergnügen schöpft er aus dem Fundus der Kinogeschichte: Schrille Sechzigerjahreklamotte, düstere Kalte-Kriegs-Ballade, die Schöne und das Biest – ein amüsanter Mix, der den Zuschauer von Schnitt zu Schnitt in ein neues Genre katapultiert. Und über alledem schwebt als großes Fragezeichen die Ungewissheit, ob die Story bloß ein wirres Hirngespinst oder wahnwitzige Realität ist. Gemeinsam mit Drehbuchstar Charlie Kaufmann, der schon mit Being John Malkovich als Meister vertrackter Phantasmen brillierte, hat Clooney ein surreales Vexierspiel zwischen Wahn und Wirklichkeit ausgeheckt. Die Szenen, in denen der Regisseur selbst als düsterer Rekrutenwerber auftritt, taucht er geschickt in mystisches Licht, so dass sie sich mühelos als Ausgeburt eines schizophrenen Geistes lesen lassen. Der echte Barris selbst schürte indes Zweifel am Wahrheitsgehalt seines Werkes, indem er es als »unautorisierte Autobiographie« bezeichnete. Der CIA schließlich habe – so Clooney in einem Interview – Barris Geständnisse vehement dementiert. Andererseits: Was könnte geeigneter sein, um die Glaubwürdigkeit dieser doppelbödigen Räuberpistole zu erhöhen?!