Jean-Luc Godard 1930-2022
JLG ist gestorben |
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Jean-Luc Godard in Berkeley, 1968 | ||
(Foto: Gary Stevens, CC BY 2.0) |
Ich las die Nachricht gestern, als ich aufwachte. »Oh nein«, dachte ich, »verdammt, wieder einer dieser Filmregisseure des 20. Jahrhunderts, der sich aus dem Staub macht.« Man wird wirklich immer einsamer. Ich kannte diesen einen nur ein ganz kleines bisschen und er hat mich tief beeindruckt.
Jeder wird über Jean-Luc Godard schreiben können und es besser machen als ich, aber da ich um etwas Persönliches gebeten wurde, möchte ich nur eine Geschichte über den (Selbst)-Wert erzählen.
Bei unserem ersten Treffen fragte mich Jean-Luc Godard, ob der 32Ampere-Verteiler und die zwei 32Ampere-Verlängerungskabel wertvoller wären als ich. Dieses Equipment stand auf meiner Liste für eine Episode der Histoire(s) du Cinéma mit Julie Delpy, für die ich die Bilder machen sollte. Wir haben eine Lösung für dieses existenzielle Problem gefunden, während wir diesen kurzen Film, begleitet von einem Gedicht von Charles Baudelaire, gemeinsam gedreht haben. Und so kam ich zu dem Schluss, dass ich selbst mehr bringe als eine ganze Armada von 32-A zusammen.
Leider fiel mein (Selbst)-Wert bei den Dreharbeiten zu King Lear, einem Film, der von den amerikanischen Produzenten von Cannon Film finanziert wurde, ein wenig mit einem 32A-Verteiler zusammen. Schwierige und schmerzhafte Dreharbeiten. Das aber spielte kaum eine Rolle, da ich das Bild für einen Spielfilm von Jean-Luc Godard machte und erst 26 Jahre alt war.
Ach, was man alles zu
verdauen bereit ist, wenn man jung ist.
Die weitere Zusammenarbeit mit JLG gehört zu meiner Filmographie…
Jean-Luc, ich möchte dir Danke sagen. Ich habe viel von dir gelernt: Wo platzieren wir die Kamera, um nur eine einzige Einstellung für die ganze Szene zu drehen? Wo ist die Arbeitsblende im Bild? Wo stellen wir den Blumenstrauß hin, damit Tiefe im Bild spürbar wird? Wie filmen wir einen Baum, damit er wirklich wie ein Baum aussieht? Warum lassen wir den großen Schatten auf dem Gesicht des Mädchens?…Weil er von ihrem Vater produziert wird! (Du hast mir gesagt: Eltern werfen immer
einen Schatten auf ihr Kind.)
Danke für deine Utopien, deine Experimente und – zumindest damals – deinen großen Glauben an das Kino. Deine Kompromisslosigkeit wird der siebten Kunst fehlen.
Sophie Maintigneux ist Kamerafrau und Professorin für Kinematografie für fiktionale Medien und neue mediale Formate an der Filmuniversität Konrad Wolf.