10.10.2019

Die Seufzer dreier Mütter

Vivarium
Soll es das für mich, für uns wirklich gewesen sein?

Edelmann und Willmann öffnen den Kummerkasten für überforderte Mütter zum Fantasy Filmfest 2019

Von Anna Edelmann & Thomas Willmann

Ich (30, w) habe mich mit einem älteren Mann einge­lassen. Und obwohl ich seine Reife schätze, bedeutet dies auch, dass er ein gewisses Gepäck mitbringt.
Es wäre schwierig genug, dass – was ich durchaus verstehe – die beiden Kinder aus seiner sich in Scheidung befind­li­cher Ehe mich nicht als die neue Frau an der Seite ihres Vaters akzep­tieren. Eskaliert jedoch wurde die Situation durch den Suizid der Mutter, für den mir die Kinder wegen der Beziehung die Schuld zuschieben.
Als wenn das alles nicht aufge­laden genug wäre, verbringen wir nun unser erstes gemein­sames Weih­nachten in der abge­le­genen Feri­en­hütte meines Velobten. Und jetzt hat es schon dermaßen geschneit, dass ich befürchte, mit dem Auto kämen wir gar nicht mehr raus.
Und ehrlich gesagt: Ich glaube langsam, ich werde verrückt.
Mag sein, dass da bei mir auch meine Kindheit in einer Sekte wieder hochkommt, die mich zuge­ge­be­ner­maßen schwer trau­ma­ti­siert hat. Aber ich könnte schwören, dass es nicht nur dieses Mutter­gottes-Bild ist, das ein Eigen­leben zu entwi­ckeln scheint.
Das ganze Haus scheint verhext.
Manchmal fühle ich mich wie die Figur der „bösen Stief­mutter“, die in einem Puppen­haus von fremder Hand willenlos herum­bug­siert wird.
Wie kann ich dieser kalten Hölle entkommen?
Zitterndes Stief­müt­ter­lein, The Lodge, GBR

Liebes „Zitterndes Stief­müt­ter­lein“,
gerade vor einem längeren Aufent­halt in abge­schie­denen, schnee­rei­chen Gegenden empfiehlt es sich, recht­zeitig für geeignete Winter­be­rei­fung und griff­be­reite Schnee­ketten zu sorgen.
Wir hoffen, dass dieser Ratschlag Sie noch recht­zeitig erreicht.
Dr. mech. Anna Edelmann

Ihr Leben scheint mir fast wie aus diversen Filmen bekannt – und doch mit einer ganz eigenen Note.
Ich möchte Ihnen freilich keinen Schreck einjagen: Hier haben gewiss keine über­sinn­li­chen Kräfte ihre Finger im Spiel, noch sind Ihre quasi Stief­kinder kleine Satans­braten.
Der Horror, den Sie gerade erleben, wurzelt vermut­lich tiefer in Ihrer eigenen Psyche, als Sie momentan glauben.
Mögli­cher­weise kommen Sie zu der durchaus gewagten Erkenntnis, dass weder Familie noch Religion die Heils­bringer sind, zu denen man sie gerne stili­siert.
Thomas Willmann, Dozent für Fami­li­en­auf­stel­lung, VHS Gauting

+ + +

Vor kurzem sind mein Lebens­ge­fährte und ich (30,w) in unser erstes Eigenheim gezogen, in dem wir seit einer Ewigkeit wohnen. Eigent­lich wollten wir nie in die Suburbs ziehen. Aber wie das Leben so läuft: Wir haben nur zur Besich­ti­gung vorbei­ge­schaut und sind nie wieder wegge­kommen.
Also, weder mit dem Auto, noch zu Fuß, gleich welchen Parkour wir nehmen. (Glauben Sie mir: Orts­wechsel ist derzeit für uns nicht möglich.)
Auch die Anschaf­fung eines Kindes war besten­falls ein erster, ferner Gedanke. Aber da rappelts im Karton: Und der Sohnemann ist da, und man kann ihn ja auch nicht so einfach wieder loswerden. (Glauben Sie mir: Es wird darauf geachtet, dass wir unseren elter­li­chen Pflichten nach­kommen.)
Man hofft ja noch, die lästige Schrei­kind­phase wächst sich aus. Aber ein paar Wochen später schon hat man einen jungen Mann im Haus. Und die Vers­tän­di­gung ist keinen Deut einfacher.
Wenn ich ehrlich bin, weigert sich ein Teil von mir immer noch, die Rolle als Mutter anzu­nehmen. Meist scheint mir der Junge wie ein Wesen von einem anderen Stern.
Ich glaube, mein Freund leidet auch unter dem Gefühl dieser Situation ausweglos ausge­lie­fert zu sein.
Aber es ist nicht hilfreich, wenn alle Haus­ar­beit an mir hängen bleibt, weil er sich immer tiefer in seinem Loch im Garten vergräbt.
Soll es das für mich, für uns wirklich gewesen sein?
In zwie­lich­tiger Schleife, VIVARIUM, USA, IRL, BEL, DNK

Liebe „In zwie­lich­tiger Schleife“,
das liest sich, als wären Sie und Ihr Mann mit seiner dunklen (Gemüts-)Vertie­fung in einer Allegorie gefangen. Was für eine kürzere Zeit­spanne mitunter durchaus amüsant und erhellend sein kann – aber Sie sollten wirklich schauen, dass Ihre Lebens­ge­schichte noch einen zweiten oder dritten Akt findet.
Haben Sie daran gedacht, ein leib­li­ches Kind zu zeugen? Warum nicht? Was spricht dagegen, Ihrer Beziehung mit einem Mord-/Selbst­mord­pakt neues Leben einzu­hau­chen?
Ich bin mir sicher: Wenn Sie sich noch einmal hinsetzen und nach­denken, finden Sie für alle Betei­ligten eine befrie­di­gen­dere Lösung.
Thomas Willmann, Dozent für Fami­li­en­auf­stel­lung, VHS Gauting

Wenn das Auto plötzlich seinen Dienst verwei­gert, kann das viele Gründe haben.
Sind Sie sicher, dass genug Benzin im Tank ist? Wann haben Sie das letzte Mal den Ladestand der Batterie überprüft?
Ein Blick in die Gelben Seiten hilft bei der Suche nach einem Pannen­dienst.
Und womöglich wird auch Ihr Lebens­ge­fährte dort bei geeig­neten Gerät­schaften für sein Stecken­pferd fündig.
Dr. mech. Anna Edelmann

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Ich (42, W) versuche meinem Mann Martin so gut es geht im Haushalt zu helfen. Leider erlauben es mir meine gesund­heit­li­chen Umstände nicht, richtig anzu­pa­cken, wie ich es gerne täte. Aber er ist so schreck­lich schus­selig und schlu­derig. Wenn ich ihn nicht dauernd an alles erinnern würde, ginge es mit unserer Familie sicher den Bach runter.
Unsere Teenager Tochter kommt kaum noch aus ihrem Zimmer und bildet sich ein, über den Dingen zu schweben (derzeit etwa einen Meter über ihrem Bett).
Ich gebe ja zu, dass wir unsere Probleme haben und ich gele­gent­lich etwas zu rabiat reagiere, wenn Martin mir scheinbar wieder alles zum Fleiß tut. Trotzdem finde ich, dass wir das unter uns regeln sollten.
Er aber bringt ungefragt dieses Flit­scherl, diese Fahr­leh­rerin-Trulla, dieses Geis­ter­jäger-Töch­ter­lein in mein Haus! Ich gebe zu: Es ist nett, mal wieder mit jemand anderem als meinem Mann zu kommu­ni­zieren. Doch dann flirten die ganz ausg»schamt mitein­ander! Bin ich denn unsichtbar?!
Ich habe den Verdacht, die wollen mich loswerden.
Mit mir kann man«s ja machen! Nur, weil ich seit ein paar Jahren tot bin.
Wie kann ich den Haussegen wieder gerade rücken?
Rastlos und rasend, EXTRA ORDINARY, IRL/BEL

Liebe „Rastlos und rasend“,
es ist löblich, wenn man als Partnerin und Mutter immer schier über­na­tür­liche Kräfte aufbringt, um seine Liebsten nicht alleine zu lassen. Aber versetzen Sie sich mal in die Haut Ihres Mannes. Zu sehr besessen von seinem Partner zu sein, steht keinem gut zu Gesicht.
Und Ihre Tochter ist ein Teenager, früher oder später wird sie ohnehin etwas wie im Bann aus dem Eltern­haus ziehen. (Und wenn es der Dorf-Satanist von nebenan ist.)
Ein gut gemachter Exor­zismus zum rechten Zeitpunkt eröffnet neue Nach­le­bens­per­spek­tiven, bevor man sich nur noch auf den Geist geht.*
Lassen Sie mal die Seele baumeln!
Thomas Willmann, Dozent für Fami­li­en­auf­stel­lung, VHS Gauting

Besonders wenn man bereits vor Jahren die Fahr­erlaubnis erworben hat, können ein paar Stunden zur Auffri­schung die eigene und die Verkehrs­si­cher­heit anderer erhöhen. Wie praktisch, wenn man im Freun­des­kreis eine erfahrene Fahr­leh­rerin hat! Gerade nicht alltäg­liche Verkehrs­si­tua­tionen wie Nacht- und Himmel­fahrten, sowie Verfol­gungs­jagden lassen sich unter fach­kun­diger Anleitung mit schwung­vollem Humor und Esprit meistern.
Dr. mech. Anna Edelmann

*P.S.: Weil sie ein Geist ist…!