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16. internationales Dokumentarfilmfestival München 2001
Reihe: Das Tier im Blick

Tagesprogramme:
Fr 27.4. | Sa 28.4. | So 29.4. | Mo 30.4. | Di 1.5. | Mi 2.5. | Do 3.5. | Fr 4.5. | Sa 5.5. | So 6.5.
Filmreihen:
Alle Filme | Wettbewerb | Point of View | Das Tier im Blick | Neue Filme aus Bayern | Hommage an Boris Galanter | Land und Frieden (Palästina und Israel) | Europe in Shorts | Aspects of Future | LiteraVision 2001 | Kurzfilme | Special Screening


Alfred Machin | Hermann Hähnle | Jean Painlevé | Ulrich Karl Traugott Ferdinand Schulz | Hans Schomburgk | Hans Hass | Bernhard Grzimek | Eugen Schumacher | Heinz Sielmann | Horst Stern | Vierzig Jahre Tierfilm in der DDR

Horst Stern

Horst Stern

Der Tierfilm als tierische Provokation
In den 60er und 70er Jahren, zur Zeit des politischen und kulturellen Aufbruchs, wagte Horst Stern zur besten Fernsehsendezeit, "jenem luxurierenden unangepaßten Wesen" Mensch vor Augen zu führen, wie es Schweine zur Sau macht und Wildtiere in keksfressende Karikaturen verwandelt. Die kritische, engagierte Fernsehserie Sterns Stunde hielt der materiell orientierten Wohlstandsgesellschaft den Spiegel vor Augen und konfrontierte sie mit der Art und Weise, wie sie mit den Tieren umging.

Sterns Stunde war im Stil pointiert, provokativ, ironisch bis polemisch, im Ergebnis aber immer präzise und gut recherchiert. Er kritisierte vor allem den gedankenlosen Umgang mit der Natur und auch das verkitschte Verhältnis vieler Menschen zu den Tieren. Am Ende seiner immer sehr detaillierten und sachlichen Recherche standen oft zugespitzte Schlußfolgerungen, die heftige Zuschauerdiskussionen auslösten, ihm aber nie gerichtliche Klagen einbrachten. Die Botschaften waren für jeden Politiker, Unternehmer und Konsumenten gleichermaßen unbequem: ein Huhn ist ein Lauftier und gehört nicht in einen engen Käfig, ein Kalb nicht mutterlos in eine enge, dunkle Box, das Schwein nicht auf Gitterroste, ein Pferd nicht über Dreifach-Kombinationen und Ochser gescheucht.

Zusammen mit dem Kameramann Kurt Hirschel und dem Redaktionsteam gestaltete er ein neues Fernseh-Genre, das gesellschaftskritische Tier-Feature, in dem auch der beherrschende Einfluß der Ökonomie in der Mensch-Tier-Beziehung thematisiert wurde. Sein Filmkonzept brach radikal mit den unterhaltenden Plaudereien und paradiesischen Aufnahmen seiner Kollegen von Tierwelten. Sein Motto war: mehr Wissenschaft, weniger Unterhaltung. Ihn interessierten weniger exotische Tiere und ferne Länder, sondern die oftmals nur oberflächlich vertraute nähere Umwelt und der Umgang mit den Tieren. Vor allem bewegte Horst Stern, wie sich Tiere unter den von den Menschen geschaffenen Bedingungen verhalten. Ermöglichen wir ihnen ein artgerechtes Dasein? Welchen Nutzen verlangen wir ihnen ab? Von welchem Wissen über sie lassen wir uns leiten? Mit welchen Einstellungen begegnen wir ihnen? Wie groß ist unsere Wertschätzung ihrer Existenz? Das waren die Fragen, die ihn vorrangig beschäftigten. So entstanden Beiträge wie Bemerkungen über das Pferd, das Schwein, den Rothirsch, das Rind, den Hund oder Leben am seidenen Faden. 26 Filme sind es insgesamt geworden, wobei die Produktionszeiten je nach Thema und Tier sehr unterschiedlich waren.

Horst Sterns Schlußfolgerungen ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Auf Grund seiner Berichte konnte man nur zu dem Schluß gelangen, daß der Mensch sich offensichtlich als Krone der Schöpfung begreift und alle anderen Lebewesen seinen Nützlichkeitserwägungen unterordnet. Tiere sind weitgehend zur Ware geworden, deren Preis wir zwar kennen, aber deren Wert wir kaum noch bestimmen können. Da Horst Sterns Kritik sich vor allem gegen die Folgen des Gewinnstrebens richtete, zielte sie auf einen Eckpfeiler der kapitalistischen Industriegesellschaft und wurde damit auch zur Systemkritik.

BIO-FILMOGRAPHIE
Horst Stern

1922 Geboren am 24. Oktober in Stettin
1946 Eheschließung mit Annelies Bettin
1950-55 Lokalredakteur bei den "Stuttgarter Nachrichten"
1959-73 Chefredakteur von "Unterwegs", "Gute Fahrt" und "Die Yacht"
1960-65 Schulfunk-Sendungen beim SDR, 36 Folgen
1961 "So verdient man sich die Sporen", eine Reitlehre
1969-79 Produktion von 26 Folgen Sterns Stunde (SDR)
1971 "Goldener Bildschirm" als Auszeichnung für die Sendereihe Sterns Stunde
1972 Gründung der Gruppe Ökologie, gemeinsam mit Konrad Lorenz, Irenäus Eibl-Eibesfeld, Bernhard Grzimek, Heinz Sielmann u.a.
1973 Verleihung des Bayrischen Naturschutzpreises an Konrad Lorenz und Horst Stern
1974 Verleihung des Doktortitels der Sozialwissenschaften
1980-84 Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift "Natur"
1986 "Mann aus Apulien", 1989 "Jagdnovelle"
1993 Übersiedlung nach Irland, Kolumnen in "Die Woche"/"Die Zeit"
1997 Sterns Bemerkungen über einen sterbenden Wald (Sat1)
Er lebt heute in Deutschland

Fotos: © SWR-Media GmbH/H. Jehle, K. Mosebach

  Sterns Stunde: Bemerkungen über das Rind (Double Feature) VORTRAGSSAAL DER BIBLIOTHEK
Fr. 4.5., 13:00
Sterns Stunde: Bemerkungen über das Tier im Handel (Double Feature) VORTRAGSSAAL DER BIBLIOTHEK
So. 6.5., 15:30
Sterns Stunde: Bemerkungen über den Rothirsch (Double Feature) VORTRAGSSAAL DER BIBLIOTHEK
So. 6.5., 15:30
Sterns Stunde: Bemerkungen über die Spinne - Leben am seidenen Faden Sterns Stunde: Bemerkungen über die Spinne - Leben am seidenen Faden (Double Feature) VORTRAGSSAAL DER BIBLIOTHEK
Fr. 4.5., 13:00
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