15.05.2019
72. Filmfestspiele Cannes 2019

Cannes On Speed 01: Die Untoten des Kinos

Jim Jarmusch, The Dead Don't Die
Jarmuschs The Dead Don’t Die eröffnete Cannes
(Foto: Universal Pictures)

Simultanistische Filmkritik zu Jim Jarmuschs The Dead Don’t Die, der Cannes eröffnete

Von Rüdiger Suchsland

Zombies, wir wissen das, sind die Untoten des Kinos. Und so liegt es nahe, in der Entschei­dung des Film­fes­ti­vals von Cannes, diesen Film zur dies­jäh­rigen Eröffnung zu program­mieren, auch so etwas, wie einen ironi­schen Kommentar zum eigenen Programm zu sehen. Besteht der Wett­be­werb doch in nicht geringem Maß aus Kino-Zombies, in Ehren ergrauten Regis­seuren von Gestern, die trotzdem immer noch irgendwie nicht gehen wollen, sondern immer wieder kommen. Jim Jarmusch ist einer von ihnen.
Der neue Film von Jarmusch erzählt von »Center­ville« einer all-american-Klein­stadt mit Motel, Diner, Tank­stelle, einer Poli­zei­sta­tion und 736 Einwoh­nern – eine Zahl die aller­dings nicht lange konstant bleiben wird.
Eines Tages wird es nicht mehr dunkel, und es regen sich die Toten, steigen aus den Gräber und massa­krieren alles, was lebt im Dorf.
Die Tiere sind klüger als die Menschen, von denen ein paar den Kampf aufnehmen – mit zwei­fel­haftem Erfolg.
»This isn’t gonna end well«, sagt der junge, von Adam Driver gespielte Dorf­po­li­zist Ronnie Peterson regel­mäßig zu seinem kurz vor der Rente stehenden Kollegen Cliff Robertson, den Bill Murray spielt wird. Die Älteren erinnern sich, dass Ronnie Peterson der Name eines der berühm­testen Formel-1-Piloten der 70er Jahre war. Er starb nach einem Unfall in Monza am 11.September 1978. Cliff Robertson war ein Schau­spieler, der am 10.September 2011 starb, und in drei Spiderman-Verfil­mungen Bill Parker spielte, in John Carpen­ters Flucht aus L.A. den Präsi­denten.
Alles also keine zufällig gewählten Namen. Wer jetzt aller­dings hofft, dass diese Bezügen im Film irgend­einen echten Sinn machen würden, wird enttäuscht. Es sind eher folgen­lose Gags, so wie die Tatsache, dass auf einem der Grab­steine etwas zu demons­trativ ins Bild gerückt »Samuel Fuller« steht, aller­dings mit voll­kommen falschen Geburts- und Todes­daten.
Überhaupt ist dies ein folgen­loser Film. Nicht unsym­pa­thisch, aber doch mit nur mäßigem Humor – was für eine Komödie kein Kompli­ment sein kann. Die besten drei Witze werden schon im Trailer verfeuert. Adam Driver ist der enga­gier­teste Schau­spieler, Selena Gomez und Tilda Swinton halten noch mit, der Rest leistet sonambule Routi­ne­ar­beit.
Die Art von Kino, die am nächsten Morgen schon halb vergessen ist. Für Cannes ist das nicht genug.