11.10.2007
artechock präsentiert

Coming Apart

Die Szenen im Bild sind ein grandioses Museum der Sixties
Als das Private öffentlich wurde
(Foto: Gemini Films)

14.10.2007, 12:00 Uhr
Atelier, München
Sonnenstr. 12
Tel. 089 / 59 89 13

Von artechock-Redaktion

Labor der Emotionen

Man stelle sich eine Folge »Versteckte Kamera« vor, arran­giert von Andy Warhol: dann bekommt man einen ersten Eindruck von Ginsbergs film maudit aus den späten 60er Jahren. Und dieser Vergleich hat durchaus seine Berech­ti­gung, hat Ginsberg doch in den 60ern als Cutter bei der TV-Reihe »Candid Camera« sowie bei den Maysles Brothers, bekannsten Vertre­tern des ameri­ka­ni­schen cinéma vérité, gear­beitet.

COMING APART wirkt heute wie ein gran­dioses Museum der Sixties, als Aids noch lange kein Thema war und das Medium noch cool genannt wurde. Der Film erscheint wie die Erin­ne­rung an eine Zeit, die wirklich war, progressiv und waghalsig.

Es geht um Sex und Politik in Ginsbergs persön­li­chem Film, es geht um Selbst­ana­lyse und Selbst­zer­flei­schung, um das Filme­ma­chen und die Wahrheit. Antonioni und Cassa­vetes, Freud und Hitchcock stehen Pate für eine filmische Versuchs­an­ord­nung. Ein Playboy-Psych­iater hat in seinem New Yorker Appar­te­ment eine versteckte Kamera instal­liert. Sie zeigt uns eine große Couch und einen riesigen Spiegel dahinter, in dem ein großer Teil der Wohnung reflek­tiert wird. Zu einem bizarren Labor der Emotionen, zu einem Workshop für Geschlech­ter­rollen wird dieser Bildraum, wenn der Psych­iater Frauen empfängt, Pati­en­tinnen, Bekannte und Ex-Ehefrauen. Die Frauen – darunter eine maso­chis­ti­sche Nympho­manin, eine Wahl­hel­ferin von Eugene McCarthy und eine verzwei­felt-aggres­sive Geliebte – kommen in typischer Sixties-Wech­sel­stim­mung teils wie Playboy-Bunnies daher, teils wie die männer­fres­senden Schwes­tern von Valerie Solanas.

Der legendäre Rip Torn, der bis heute zwischen Hollywood und dem Inde­pen­dent-Kino pendelt, spielt den Psych­iater: als einen zerris­senen Mann, gewalt­tätig und verletz­lich zugleich, die Freuden und Ängste der Promis­kuität voll auslebend. Zu seinen Part­ne­rinnen gehören der Under­ground-Star Sally Kirkland und die ehemalige Hollywood-Aktrice Viveca Lindfors.

Die Artechock-Redaktion

Mit freund­li­cher Unter­s­tüt­zung der