Deutschland/Frankreich 2013 · 86 min. · FSK: ab 12 Regie: Denis Dercourt Drehbuch: Denis Dercourt Kamera: Matteo Cocco Darsteller: Mark Waschke, Marie Bäumer, Sylvester Groth, Sophie Rois, Saskia Rosendahl u.a. |
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Wiederkehr des Verdrängten |
»Ostdeutschland, Mitte der achtziger Jahre« – mit einer Reise in die Vergangenheit beginnt es. Paul und Georg, zwei 16-jährige Schulfreunde werden durch einen Umzug getrennt, Paul, der zurückbleibt, »übernimmt« auch Anna, die Freundin von Georg. Nach fast 30 Jahren sind Paul und Anna immer noch zusammen, Paul ist inzwischen ein reicher Finanzhai. Da kehrt eines Tages Georg ins Leben der beiden zurück und bedroht die scheinbare Idylle.
Dies ist die Ausgangssituation eines ungewöhnlichen Films. Ungewöhnlich nicht nur, weil das Filmgenre des Psychothrillers für gewöhnlich eher im Fernsehen zu Hause ist, sondern auch weil in dieser durch und durch deutschen Geschichte ein Franzose Regie führt: Der Regisseur Denis Dercourt (Das Mädchen, das die Seiten umblättert, La chair de ma chair). An Dercourts Landsmann Chabrol muss man hier denken, ebenso an Hitchcock: Es geht um das Bürgertum und sein Leben in wohlgeordneten Verhältnissen, um Schuld und Tabus, Lebenslügen und die kleinen schmutzigen Geheimnisse, die vielleicht fast jeder hat, weil sie eben zum Leben gehören, deren Aufdeckung aber dieses ganze Leben einstürzen lassen kann.
Georg wird zum Mensch gewordenen schlechten Gewissen Pauls und zum klassischen Eindringling. Wie einst Robert de Niro in Cape Fear macht er sich an Pauls Teenager-Tochter Emelie (Saskia Rosendahl) ran, zugleich erpresst er Paul damit, dass dieser irgendwann einmal fremdgegangen ist.
Besondere Stärke entfaltet Zum Geburtstag durch seine Schauspieler. Neben Mark Waschke und Sylvester Groth als Antipoden Paul und Georg und Marie Bäumer als die Frau zwischen ihnen, werden auch Johannes Zeiler als Pauls Kollege und Sophie Rois wichtig. Sie spielt Yvonne, die dubios-düstere Freundin Pauls. Wie eine Hexe im Märchen ist dies eine unheilvolle Figur: Eine böse krächzende, sadistisch-perverse Gestalt, auch innerlich verbunden mit der Nacht und dem Wald, wo sich die Handlung bald maßgeblich abspielt. Auch ihr Partner Georg erhält im Film zunehmend eine dunkle Aura: Dämonisch finster blickt hier einer auf die Welt, halb ein verbitterter, getriebener Rachegott, halb ein fröhlich verspielter Mephisto.
Doch zu diesem Spiel gehören mindestens zwei: Paul wird bedroht, entwickelt aber darüber hinaus auch echte Wahnvorstellungen. So ist Zum Geburtstag eine Kinoversion des bürgerlichen Trauerspiels: Die wahren Gefahren lauern im Kopf, und wenn das Verdrängte zurückkehrt, ist das nicht weniger gefährlich als der Besuch alter Freunde, die man allzu lange nicht gesehen hat.