USA 2008 · 97 min. · FSK: ab 18 Regie: Jennifer Chambers Lynch Drehbuch: Kent Harper, Jennifer Chambers Lynch Kamera: Peter Wunstorf Darsteller: Julia Ormond, Bill Pullman, Pell James, Ryan Simpkins, French Stewart u.a. |
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Cops außer Kontrolle |
Good Cop, Bad Cop – wer ein paar Krimis gesehen hat, kennt das Spiel: Um Verdächtige besser verhören zu können, operieren die Ermittler mit verteilten Rollen. Manchmal, wie in anderen Berufen auch, vermischen sich dabei allerdings Arbeit und Leben...
Um gute und böse Polizisten, ihre Rollen und ihre mitunter gemeinen Spiele mit den Bürgern, deren Freunde und Helfer sie doch sein sollten, geht es in Surveillance, der – nach dem bizarren Boxing Helena – zweiten Regiearbeit der 1968 geborenen Jennifer Lynch, die man, solange sie diesen Beruf ausübt, wohl immer auch als Tochter des Regisseurs David Lynch vorstellen muss – und das nicht allein, weil der Vater diesen Film produziert hat, sondern weil man ihre Filme immer auch unter der Perspektive betrachten, wird, dass sie Vaters Tochter ist. Und das hat Vor- wie Nachteile: Nach ihrem ersten Film, der Kritik wie Publikum spaltete, bekam die Regisseirin erst einmal fast 15 Jahre kein Bein auf den Boden – jetzt, als ihr zweiter Film im Wettbewerb von Cannes außer Konkurrenz Premiere hatte, werfen ihr manche Menschen vor, ohne den Vater wäre sie nie dorthin gekommen.
Obwohl Jennifer Lynch auch mit diesem Film, beweist, dass sie eine Regisseurin aus eigenem Recht ist, entpuppt sie sich doch tatsächlich auch als Tochter ihres Vaters: Surveillance, spielt eindeutig im Lynch-Country, jenem diffusen Reich des nordamerikanischen Midwest, in weiten Landschaften, unter vulgären Menschen.
Ein grausamer Massenmord ist hier geschehen, und die drei überlebenden Zeugen, darunter ein Polizist, finden sich in einem
Polizeirevier ein. Kurz darauf stoßen zwei FBI-Fahnder hinzu, die den Fall übernehmen sollen – Bill Pullman, der Star aus David Lynchs Lost Highway, spielt den einen, Julia Ormond (u.a. Fräulein Smillas Gespür für Schnee) die andere. Sie verhören die drei überlebenden Zeugen in getrennten Räumen,
verbunden durch Überwachungskameras, und schnell weichen die jeweiligen Versionen ihrer Erlebnisse voneinander ab...
Auch in dieser Ecke des Lynch-Territoriums ist wenig, wie es scheint – und schnell ist klar, dass die Polizisten dieses Reviers mit vorbeifahrenden Autofahrern böse Spiele spielten. Man kann den ganzen Film als eine Art Lynch-Version von Hanekes Funny Games betrachten. Auch hier geht es um Eindringlinge, nur dass es der prototypische amerikanische Raum ist, die Psychodruckkammer
Auto, in den sie eindringen.
Ein brutaler, kühl und berechnend inszenierter Film, der durch formidables Handwerk besticht, und große Momente aufweisen kann, allerdings auch einige seichte, schlecht gelungene Stellen. Und auch in diesem Fall gibt es einen Sohn, der irgendwann dran glauben muss. Kurz vorher, nachdem er Willkür und Demütigung seiner Eltern durch Polizisten beobachten konnte, hatte er noch resümiert: »Wenn ich groß bin, will ich Polizist werden.«