Das Trio

Deutschland 1997 · 101 min. · FSK: ab 12
Regie: Hermine Huntgeburth
Drehbuch: , ,
Kamera: Martin Kukula
Darsteller: Felix Eitner, Götz George, Jeanette Hain, Christian Redl

Ihre Heimat ist die Straße. Zobel (Götz George), seine erwach­sene Tochter Lizzi (Jeanette Hain) und Zobels Freund Karl (Christian Redl) essen, trinken und schlafen gemeinsam in ihrem Wohnmobil. Auch beruflich sind sie ein Team. Beim täglichen Trick­dieb­stahl arbeiten sie Hand in Hand und halten sich so über Wasser. Die Beziehung der beiden alternden Schwulen steckt in der Krise. Karl ist depri­miert von den Ausein­an­der­set­zungen mit Zobel und vom Älter­werden. Nach einem Fiasko beim Geld­ta­schen­raub will sich Karl in Panik von einer Brücke stürzen und wird von einem Liefer­wagen frontal erfasst und schwer verletzt.

Der KfZ-Mecha­niker und Schlan­gen­be­sitzer Rudolf (Felix Eitner), von dem Karl sich auf dem Jahrmarkt beklauen ließ, geht auf Lizzis Angebot ein kurz­fristig für Karl einzu­springen. Lizzi und Zobel fühlen sich von Rudolfs Wesen und Figur angezogen. Rudolf erweist sich bei Zobel als einfühl­samer Tröster, nachdem Karl seinen schweren Verlet­zungen erliegen musste. Rudolf zieht ins Wohnmobil, entdeckt seine bise­xu­elle Neigung und die chao­ti­sche Drei­ecks­ge­schichte nimmt ihren Lauf.

Das Trio überzeugt besonders durch die bril­li­ante Besetzung. Für Götz George, der im Kino zuletzt mit Rossini zu sehen war, war es »ungeheuer schwer, so eine Mann-Mann-Beziehung darzu­stellen, aber auch reizvoll«. Der sehr auf Äußer­lich­keiten fixierte, polygame und tyran­ni­sche Zobel kontras­tiert mit der Figur des verzwei­felten und müde gewor­denen Karl. Dessen Bedrü­ckung stellt Christian Redl so eindrucks­voll dar, dass er einem am stärksten in Erin­ne­rung bleibt. Redl, der auf der Bühne Haupt­rollen bei Peymann, Zadek und Bondy spielte und in den Fern­seh­filmen Der Hammer­mörder (Grimme-Preis) und Angst einem breiteren Publikum bekannt wurde, freut sich mit dieser Figur seinem Mörderkli­schee entrinnen zu können. Die dreiste und unkon­ven­tio­nelle Lizzi, die durch hete­ro­se­xu­elle Abwege Zobels das Licht dieser Welt erblickte, wird von Jeanette Hain sehr gut verkör­pert. Sie debü­tierte als TV-Schau­spie­lerin in Die Cellistin und studiert momentan an der HFF München Regie. Felix Eitner überzeugt ebenfalls in der Rolle des allein­le­benden und aben­teu­er­lus­tigen Schelms Rudolf. Eitner spielte auf der Bühne bei Dorn und Wilson und war zuletzt im Kino in Hanekes Kafka-Verfil­mung Das Schloss zu sehen.

Hermine Hunt­ge­burth hat den Stoff spannend und amüsant insze­niert. Nach Im Kreise der Lieben, Ein Falscher Schritt und Gefähr­liche Freundin ist Das Trio Hunt­ge­burths vierter abend­fül­lender Film. Wieder­keh­rendes Thema in ihren Filmen sind Familien und fami­li­enähn­liche Verhält­nisse: »Was man sich antun kann in einer Familie und verzeihen kann, das ist außer­ge­wöhn­lich. Da passieren die absur­desten Geschichten«. Bisher hat Hunt­ge­burth, die in Paderborn mit neun Geschwis­tern aufge­wachsen ist und in Hamburg und Sydney Film studiert hat, zahl­reiche Doku­mentar-, Expe­ri­men­tal­filme und Kurz­spiel­filme gedreht. Für Das Trio hatte sie rd. 5 Mio. DM zur Verfügung. Ein großes Budget für einen deutschen Kinofilm. Das Trio wird von Warner Bros. verliehen, was vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Auf die Frage, ob Hollywood sie reize, sagt sie: »Man kann gute Filme auch in Deutsch­land machen« – »Es gibt so viele inter­es­sante Themen, und da der deutsche Film im Moment ja ein bißchen im Aufschwung ist, hat man viel­leicht jetzt auch mehr Möglich­keiten, etwas anderes zu machen und außerhalb des Trends zu gehen. Hollywood? Nein, was soll ich da«.

Die Tragi­komödie ist der erste Kinofilm von »Next Film Film­pro­duk­tion«. Mitin­haber Laurens Straub, der als Verleiher und Produzent an über 100 Filmen beteiligt war, darunter in den 70er Jahren an allem von Fass­binder, Herzog und Wenders setzt heute auf intel­li­gente Kinoun­ter­hal­tung. Und das scheint ihm zu gelingen, denn Das Trio setzt sich wohltuend ab von den vielen klischee­haften schwulen Pärchen in den deutschen Komödien der letzten Jahre, vor allem auch weil Hunt­ge­burth Schwul­sein als etwas Selbst­ver­s­tänd­li­ches darstellt.