USA/GB 2018 · 118 min. · FSK: ab 12 Regie: Roar Uthaug Drehbuch: Geneva Robertson-Dworet, Alastair Siddons Kamera: George Richmond Darsteller: Alicia Vikander, Dominic West, Walton Goggins, Daniel Wu, Kristin Scott Thomas u.a. |
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Muskel-bewährt |
Mythisch und plastisch geht es los: Mythisch, weil über den Vorspann aus dem Off die Legende von Himiko erzählt wird. Es gab sie wirklich: Die erste Königin von Japan starb 248 und wurde mit über 100 Sklaven begraben. Fiktion ist, was der Erzähler aus ihr macht: Eine Verräterin, die lebendig auf einer unbekannten Insel mitten im Pazifik begraben wurde, um die Welt vor ihr und dem »Orden der Dreieinigkeit« zu schützen. Es ist klar, dass diese Legende im Film wiederkehren muss. Zuvor muss Lara Croft zu der Heldin und grabräuberischen Superarchäologin werden, die sie im Computerspiel »Tomb Raider« schon immer ist. So beginnt der eigentliche Film überaus plastisch im Multikulti-London der Gegenwart, wo Lara Boskampf trainiert und als Fahrradkurier arbeitet – das milliardenschwer Erbe ihres für tot erklärten Vaters nimmt sie erst an, als wieder einmal richtig Ebbe in der Kasse ist. Mit dem Erbe bekommt sie per Video aus dem Totenreich (und passenderweise in einem Grab versteckt) den letzten Willen ihres Vaters übermittelt. Er arbeitete zuletzt an der Suche nach dem Grab von Himiku.
So entspinnt sich ein gradliniger Abenteuerfilm, der seine Hauptfigur ohne viel Federlesens mitten auf eine geheimnisvolle Insel schickt, wo sie um ihr eigenes Überleben kämpfen muss und das Rätsel um das Grab der Königin lösen. Fünf Autoren haben mitgeschrieben an diesem »Reboot« der Verfilmung eines der berühmtesten und stilprägendsten Computerspiele aller Zeiten – vielleicht hat jeder auch seinen Lieblingsfilm der Kinogeschichte hineingearbeitet, weshalb man sich abwechselnd in Die Mumie, King Kong, Robinson Crusoe, Der Graf von Montechristo und vor allem immer wieder in Indiana Jones versetzt fühlt. Diese Zitaten-Schnitzeljagd ist so konstruiert und extrem weit hergeholt, wie es sich anhört, aber auch so extrem schnell und kurzweilig, dass keine Zeit bleibt, um über Storylöcher und Logikschluchten nachzudenken.
Interressanter ist es sowieso, sich damit zu beschäftigen, was der Vergleich der beiden Verfilmungen mit Angelina Jolie von 2001 und 2003 mit dem neuen Film darüber erzählt, was sich getan hat in den letzten fünfzehn Jahren. Fürs Kino lernt man, dass Blockbuster in dreistelliger Millionenhöhe und B-Movies heute immer schwerer voneinander zu unterschieden sind: Die Ästhetiken verwischen sich, dass Handungen kohärent sind, wird gar nicht mehr erwartet, und »Trash« ist längst Teil
der Hochkultur geworden. Wo also ansetzen in einer kulturellen Landschaft, in der Unterscheidungsvermögen und kulturelle Maßstäbe durch Filme wie diesen aufgelöst werden?
Das Frauenbild hat sich insofern geändert, dass Oberweite und Muskelmasse der Heldin nicht mehr das Hauptkriterium fürs Casting gewesen sind: Alicia Vikander ist auch eine zehnmal bessere und facettenreichere (auch selbstironischere) Schauspielerin als Angelina Jolie.
Nicht geändert hat sich aber,
dass auch für die Lara Croft des Jahres 2018 die Familientradition wichtigster Handlungsantrieb ist: »Wir Crofts tun mehr als der Durchschnitt«, sagt Lord-Papa einmal zur Tochter. Und die ist ganz Daddys Girl: Immer auf Hochleistung getrimmt, riskiert sie den Tod, um leben zu können.