USA/D 2003 · 109 min. · FSK: ab 6 Regie: Richard Linklater Drehbuch: Mike White Kamera: Rogier Stoffers Darsteller: Jack Black, Mike White, Joan Cusack, Sarah Silverman u.a. |
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Jack Black und der Stammbaum des Rock |
Es scheint eine ausgemachte Sache zu sein, dass der gute alte Rock 'n Roll die Lachnummer der Musikindustrie ist. Der »prince of darkness« Ozzy Osbourne kaspert sich in die Herzen der Zuschauer, die Band The Darkness gestaltet ihre Videos als schrille Retro-Glam-Rock-Orgien, den Alltag unverdrossener Altrocker zwischen Familienpflichten und vierzehnter Revival-Club Tour zeigen Filme wie Still Crazy und über die Lebensbedingungen echter Hardcorefans konnte man sich in Detroit Rock City amüsieren. Wer braucht da noch die Spinal Tap?
Andererseits ist der Rock aber auch nicht tot zu kriegen (im Gegensatz zu vielen supercoolen Musiktrends, die nach drei Jahren wieder von der Bildfläche verschwunden sind) und vieles was heute die Charts rockt, kommt den Vorbildern aus den 60er und 70er Jahren verdächtig nahe, nur eben ohne lange Haare, abwegigen Outfits und martialischen Posen. Fast andächtig huldigte dann auch der Film Almost Famous der großen Zeit von Bands, deren Musik man heute gerne mit Worten wie »Giganten«, »Monster« oder »Dinosaurier« umschreibt.
Nicht ganz so ernst, deswegen aber nicht weniger leidenschaftlich, brach auch Stephen Frears mit High Fidelity eine Lanze für bedingungslose (Rock)Musikleidenschaft. Einer der Glanzpunkte dieses Films war die Rolle des von Jack Black gespielten Plattenverkäufers Barry, der sich durch gnadenlose Urteile und apodiktische Kritiken auszeichnete. Unter ähnlichen Vorzeichen wurde diese Nebenrolle Jack Blacks nun im Film School of Rock auf eine Hauptrolle (bzw. One Man Show) ausgedehnt, womit ein gewisser Spaßfaktor schon einmal garantiert war.
Dewey (Jack Black) ist ein Rockmusiker mit Leib und Seele. Zu dumm, dass ihn seine Band wegen unmäßigen Solos und massiven Allüren ausgerechnet vor einem lang ersehnten Bandwettbewerb vor die Tür setzt. Durch Zufall erschleicht sich Dewey einen Posten als Aushilfslehrer an einer noblen Grundschule, womit er in erster Linie seine dramatisch schlechte Finanzlage aufbessern will. Doch als er merkt, wie musikbegabt die ihm anvertrauten Grundschüler sind, keimt der Plan, mit diesen Kids eine Rockband zu gründen und somit doch noch am Bandwettbewerb teilzunehmen. Der größte Hacken dabei: ein gutes Elternhaus und MTV haben aus den Kindern Rock-Analphabeten gemacht.
Das Grundkonzept dieser Komödie ist somit ein altbekanntes: der nicht besonders kluge, etwas asoziale Dewey trifft mit voller Wucht auf die gepflegt, gebildete Atmosphäre der Eliteschule.
Auch die zahlreichen Rockklischees, die ausgiebig zitiert und parodiert werden, sind ebenso vertraut, wie die Gesetzmäßigkeiten von schulischen »Erfolgsgeschichten« wie Der Club der toten Dichter,
Mr. Holland’s Opus oder Music Of The Heart, denen der Film mal vorsichtig folgt, die er aber meist freundlich ironisiert.
Nicht zu übersehen auch die Verweise auf all die Filme, die sich mit Gründung, Aufstieg und Fall einer Band beschäftigen.
Nichts wirklich Neues erwartet einen also bei School of Rock. Dass der Film trotzdem eine sehr sympathische, streckenweise überaus lustige Komödie ist, hat mehrere Gründe.
Allen voran Jack Black, den nicht nur sein komödiantisches Talent, sondern auch seine musikalischen Ambitionen für die Rolle prädestinieren. Black gelingt das Kunststück, sich einerseits hemmungslos über die Rockmusik(er) lustig zu machen, zugleich aber auch seine totale Begeisterung für dieses Genre zu vermitteln.
Bleibt die Frage, was Jack Black in Zukunft machen wird, nachdem er hier eigentlich die Rolle seines Lebens verkörpern durfte.
Doch Jack Black alleine kann keine Wunder vollbringen (man sehe nur den schwachen Shallow Hal), weshalb auch das Drehbuch eine ganz entscheidende Rolle beim Gelingen von School of Rock spielt.
Denn oft sind Pädagogenfilme ein äußerst gefährliches Fahrwasser, in dem Gefahren wie Pathos, Oberlehrertum und Jugendverklärung lauern. Im vorliegenden
Fall werden solche Klippen weitgehend (das Ende ist dann doch ein wenig arg versöhnlich, aber das muss man in einer typischen amerikanischen (Jugend)Komödie wohl als gegeben hinnehmen) umschifft und das freche Vergnügen behält bis zum Schluß die Oberhand.
Unklar bleibt, welchen (positiven) Anteil der Regisseur Richard Linklater an der ganzen Sache hatte. Dessen Filme waren zwar immer schon durchdrungen von popkulturellen Themen und Tendenzen (der Film Slacker wurde immerhin zum Synonym einer ganzen Generation), doch ist von den üblichen narrativen und visuellen Eigenheiten Linklaters in School of Rock praktisch nichts zu entdecken (das selbe Phänomen konnte man auch beim letzten Film der Coen-Brüder Intolerable Cruelty bewundern, der zwar gelungen war, aber die typische Handschrift der Coens vollkommen vermissen ließ).
Besonders bezeichnend in dieser Hinsicht ist dabei ein direkter Vergleich mit Linklaters Dazed And Confused, der im Jahre 1976 spielt und mit dem Geist durchtränkt ist, den Jack Black in School of Rock nun beschwört. Schlußendlich ändert das nichts am positiven Feeling, das School of Rock verbreitet, was (wie könnte es anders sein) zu einem guten Teil auch an der Musik liegt.
Auch wenn man sich heute gerne remixte, gesampelte, verschachtelte, durchdachte, intellektuelle, elektronische R'n'B und Popmusik gefallen läßt, so kommt man vom mitreißenden Charme der einfachen Akkorde und schlichten Riffs doch nicht los.
Bands wie Air und Filme wie Lost In Translation liefern zweifelsfrei die gelungensten Manifestationen aktueller, künstlerischer
Entwicklungen und Stimmungen und die Musik von Led Zeppelin bzw. ein Film wie School of Rock mögen daneben ein wenig altbacken wirken. Trotzdem werden sie immer ihren Platz in unserer Welt behaupten, denn kaum ein Genre steckt so voller (wenn auch oft verrückter) Träume, (über)großen Gefühlen und unbändigem Freiheitsdrang wie der Rock, über dessen Unsterblichkeit schon Neil Young sang:
Hey hey, my my
Rock'n Roll will never die