Red Dawn

USA 2012 · 94 min. · FSK: ab 16
Regie: Dan Bradley
Drehbuch: ,
Kamera: Mitchell Amundsen
Darsteller: Chris Hemsworth, Josh Peck, Adrianne Palicki, Josh Hutcherson, Connor Cruise u.a.
Unverhohlen undemokratisch

Haudrauf mit der Tea-Party

John Milius' Die rote Flut von 1984 gehört zu den legen­dären »verlo­renen« Filmen der 80er-Jahre. Legendär, weil er von manchen Fans auf die Höhen eines Akira-Kurosawa-Meis­ter­werks oder gar eines barocken Schlach­ten­ge­mäldes gehoben wurde, von anderen wiederum als Exzess aus Primi­ti­vität und Geschmack­lo­sig­keit in die Niede­rungen des C-Movies verdammt.
Die Wahrheit, die womöglich in der Mitte liegt, lässt sich nur schwer über­prüfen, denn seit Jahren ist Die rote Flut fürs Kino verloren (auf DVD existiert nur eine ältere Fassung schlechter tech­ni­scher Qualität) – und darum mit all seiner leichten Anrüchig­keit auch schon wieder legendär als gegen­strö­miges Inde­pen­dent-Stück innerhalb der Hollywood-Zusam­men­hänge. Eine reak­ti­onäre Polit-Fantasy, die sich aus heutiger Perspek­tive als Pulp-Version von Rambo durch­schauen lässt, als unver­blümter ideo­lo­gi­scher Exzess, der das bei Freund wie Feind herr­schende Klischee­bild der Reagan-Ära filmisch treffend auf den Punkt bringt. Immerhin in der Wahl seiner Darsteller hatte Milius seiner­zeit unbe­stritten ein gutes Händchen und gab manch' späterem Filmstar – Charlie Sheen, Patrick Swayze, Jennifer Grey – einen ersten größeren Auftritt.

Dass sich Ähnliches einst auch an Dan Bradleys Remake loben lässt, ist eher unwahr­schein­lich. Es zeugt ohne Frage von Mut und Risi­ko­be­reit­schaft, nun, knapp 30 Jahre später überhaupt ein Remake ausge­rechnet dieses Films zu wagen. Schließ­lich haben sich mit der allge­meinen Weltlage auch die poli­ti­schen Verhält­nisse in den USA grund­le­gend gewandelt. Es dann aber noch auf diese Weise zu tun, ist in ästhe­ti­scher Hinsicht vor allem dreist, in poli­ti­scher unver­froren und borniert – aber gerade darin womöglich Ausdruck einer Konstante im poli­ti­schen Unbe­wussten der USA: Einer narziss­ti­schen Kränkung der einstigen Vormacht des »Ameri­ka­ni­schen Jahr­hun­derts« durch den Wandel der bipolaren in eine multi­po­lare Welt­ord­nung, die mit der ameri­ka­ni­schen Nieder­lage im Viet­nam­krieg, die Milius, Gefährte Coppolas beim Apoca­lypse Now-Dreh, unver­hohlen verar­bei­tete. Die Folge ist ein poli­ti­scher Infe­rio­ritäts­kom­plex, den beide Filme durch eine spezi­fi­sche Mischung aus Weiner­lich­keit und Größen­wahn kompen­sieren. Bradley hält sich einer­seits an das von Milius und seinem Co-Autor Kevin Reynolds verfasste Drehbuch aus der Spätzeit des Kalten Krieges mit ihren dysto­pi­schen Phan­ta­sien von »atomarem Holocaust« und »Star-Wars-Programm«. Ande­rer­seits verfolgt er mit jeder Aktua­li­sie­rung und Verän­de­rung der Hand­lungs­ein­zel­heiten das erkenn­bare Ziel, Milius' unter­kom­plexes Szenario noch zu unter­bieten, und umgekehrt in punkto Chau­vi­nismus, US-Natio­na­lismus und Rassismus noch drauf­zu­sat­teln.

Der Plot ist unkom­pli­ziert, und dennoch heute mehr denn je ein Fall von poli­ti­scher Science-Fiction, die nur schlich­teste Gemüter für realis­tisch halten können: Eine Invasion auslän­di­scher Truppen aus einer kommu­nis­ti­schen Diktatur – einst Sowjet­union, diesmal Nordkorea – unter­wirft die USA. Unter den Jugend­li­chen einer »all-american« Klein­stadt im »Bible Belt« des Mittleren Westens formiert sich Wider­stand, angeführt von einem jungen Kriegs­heim­kehrer – einst Patrick Swayze mit Erfahrung als Indochina-Kämpfer, nun Chris Hemsworth (Thor, Marvel’s The Avengers) als Veteran der ameri­ka­ni­schen Irak-Invasion.

Der Kriegs­dienst erscheint als geeignete Vorschule für den Guerilla-Wider­stand an der Heimat­front: Ein paar Wehr­spor­tübungen im Wald drillen die Kids für den Kampf­ein­satz und trennen die Spreu vom Weizen. Die Action-Szenen des Films sind freilich schlecht gemacht, ohne Gespür für Timing, ohne Stil, Billig-Fernsehen für die große Leinwand. Über­ra­schungen fehlen ebenso, wie jeglicher Charme.
Im Gewand des schlichten Haudrauf-Stückes verbirgt sich zudem unver­hohlen die poli­ti­sche Agenda der Tea-Party, und darüber hinaus­ge­hend rechts­ex­tremes Gedan­kengut: Lang­at­mige Reden verkünden, warum Freiheit »nicht frei« sei. Die Einzige Figur, die gegen die sich nun heraus­bil­dende dikta­to­risch nach dem Führer­prinzip orga­ni­sierte Heimat­front demo­kra­ti­sche Werte rekla­miert, entpuppt sich später als Verräter, die einzige schwarze Familie als Kolla­bo­ra­teur.
Kurzum: Red Dawn ist ein übles, geschmack­loses Machwerk, das auf jeder Ebene verab­scheu­ungs­würdig ist. Ange­sichts seiner kaum verbrämten anti­de­mo­kra­ti­schen Haltung bleibt völlig unver­s­tänd­lich, was die FSK geritten hat, ihn schon für Jugend­liche ab 16 Jahren frei­zu­geben.