The Portuguese Nun

A Religiosa Portuguesa

Portugal/Frankreich 2008 · 127 min.
Regie: Eugène Green
Drehbuch:
Kamera: Raphaël O'Byrne
Darsteller: Leonor Baldaque, Adrien Michaux, Francisco Mozos, Ana Moreira, Beatriz Batarda u.a.
Nonne im Film im Film

Oliviera für Einsteiger

Film im Film: Julie, eine fran­zö­si­sche Schau­spie­lerin mit portu­gie­si­schen Wurzeln, um die Titel­rolle in der Verfil­mung der »Geschichte einer portu­gie­si­schen Nonne« zu spielen, einem Buch aus dem 17. Jahr­hun­dert über die Liebes­af­färe zwischen der Nonne und einem fran­zö­si­schen Mari­eneoff­zier. Zwischen den Drehtagen streift Julie durch die Stadt und begegnet Menschen, die Julies Vers­tändnis ihrer Filmrolle stark beein­flussen, darunter ein kleiner Junge, eine richtige Nonne und der männliche Haupt­dar­steller, mit dem sie eine kurze Affäre hat.

Ort, Sujet und alles was man über den Film im Film erfährt – die Texte werden größ­ten­teils aus dem Off gespro­chen, das Liebes­paar hat nur zwei gemein­same Szenen und die sind darüber hinaus streng und sehr statisch kompo­niert – lassen einen sofort an die über hundert­jäh­rige portu­gie­si­sche Regie­le­gende Manoel de Oliviera denken. Nur der Regisseur im Film – von Regisseur Eugène Green selbst gespielt – ist deutlich jünger als Oliviera. Green ist offenbar eine großer Oliviera-Verehrer, der hier einmal selbst in die Fußstapfen des Meisters treten will.

In etlichen Dialog­szenen hat Green den spröden Stil seines Vorbildes direkt nach­ge­ahmt. Den Kopf zentriert im Bild, den starren Blick geradeaus in die Kamera gerichtet, dekla­mieren die Prot­ago­nisten Sätze, die nicht von dieser Welt sind. Der Dialog ergibt sich erst durch das harte Gegen­ein­an­der­schneiden zweier solcher spre­chenden Köpfe.

So schön solche Szenen sein können, bei Oliviera wird dieses extrem Arti­fi­zi­elle für den Zuschauer oft sehr anstren­gend. Nicht so bei Green. Er versteht es, seinen Film geschickt aufzu­lo­ckern. Zum einen zeigt er eine gehörige Portion Selbst­ironie. Die ersten derart streng insze­nierten Dialoge – zwischen Julie und dem Hotel­por­tier bzw. ihrer Masken­bild­nerin – drehen sich ausge­rechnet um die Frage, wie »ruhig« (= »lang­weilig«) diese Art von Filmen doch ist, und dass außer ein paar Intel­lek­tu­ellen niemand solche Filme sehen will.
Zum anderen wird der »Kunstfilm« durch den touris­ti­schen Blick auf Lissabon komple­men­tiert und rhyth­mi­siert. Julie endeckt diese schöne Stadt wie durch einen Reise­führer mit Bildern von Kirchen, stillen Plätzen, engen Gassen, dem Ufer des Tejo, der alten Straßen­bahn, Fado-Musik und immer wieder dem Blick von einem Hügel über die Dächer der Stadt. Zusammen ergibt das eine gelungene Mischung, nicht zu seicht aber auch nicht zu anstren­gend.

auf dem Filmfest München 2010 wird A Religiosa Portugesa zu folgenden Terminen gezeigt: Sa. 26.6. 20:00 Muse­ums­licht­spiele 1, Mo. 28.6. 15:00 Cinemaxx 1 und Do. 1.7. 19:00 Muse­ums­licht­spiele 2