Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen

Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald

GB/USA 2018 · 134 min. · FSK: ab 12
Regie: David Yates
Drehbuch:
Kamera: Philippe Rousselot
Darsteller: Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Dan Fogler, Jude Law, Johnny Depp u.a.
Alle Koffer fliegen: hoch!

Effekte der Magie

Newt Scamander und sein verzau­berter Koffer voller magischer Tierwesen rutschen erneut ungewollt in ein mächtiges und gefähr­li­ches Abenteuer. Die Fort­set­zung des voraus­sicht­lich 5-teiligen Sequels von Phan­tas­ti­sche Tierwesen taucht ein weiteres Mal in die Welt der Zauberei von Joanne K. Rowling ein. Grin­del­walds Verbre­chen demons­triert einen span­nenden und magischen Kampf zwischen Gut und Böse, bei dem die Schat­ten­seiten der enormen Macht von Grin­del­wald zum Vorschein kommen und jeder Zauberer früher oder später eine Seite wählen muss.

New York 1927: Gellert Grin­del­wald sitzt wegen seiner Verbre­chen gegen die Mensch­heit im ameri­ka­ni­schen Minis­te­rium für Zauberei. Allem Anschein nach ist er mit allen verfüg­baren Mitteln der Auroren unter Kontrolle gebracht worden und wehrlos. Doch bei dem Versuch, ihn ins Zauber­ei­ge­fängnis nach Askaban zu verlegen, gelingt dem wasser­stoff­blonden Johnny Depp eine spek­ta­kuläre Flucht, mit der niemand gerechnet hat. Er tötet ohne mit der Wimper zu zucken alle um sich herum und übernimmt kurzer­hand die Führung. Eine fliegende Kutsche, schwarze Thestrale und ein starkes Gewitter unter­strei­chen in dieser Anfangs­szene die unbe­schreib­liche Macht des verur­teilten Böse­wichts.

Es folgt ein atem­be­rau­bender Filmstart, der düsterer und span­nender nicht hätte sein können.

Visuelles Meis­ter­werk, geschaffen für das 3D-Kino

Wie bereits im ersten Film, stechen auch hier vor allem die Produc­tion Values hervor: Kostüm, Kulisse, Maske und Musik sind umwerfend. Der Bösewicht Gellert Grin­del­wald hat eine unheim­lich düstere Ausstrah­lung verliehen bekommen und die schwarze Kleidung spiegelt das schau­der­hafte Innere des Verbre­chers wieder. Die einzig­ar­tigen Kulissen, wie zum Beispiel der Eingang der Pariser Kata­komben, welcher für die Schluss­szenen auf dem düsteren Friedhof verwendet wurde, passen perfekt in die Welt der Zauberei und ist gekonnt als Kunstwerk der 1920er Jahre einge­setzt worden. Für die zauber­hafte und packende Musik sorgte wie bereits im ersten Teil der Reihe der Hollywood-Komponist James Newton. Die Star­be­set­zung des Films ist hier nicht nur bei den Schau­spie­lern zu erkennen.

Regisseur für diesen großen Block­buster ist niemand gerin­geres als David Yates, der bereits seit Harry Potter und der Orden des Phönix die Regie der magischen Filme anführte. Gemeinsam mit J.K. Rowling, die die Dreh­bücher zu Phan­tas­ti­sche Tierwesen schrieb, leistet er erneut fantas­ti­sche Arbeit. Die verlo­ckenden Anspie­lungen auf Harry Potters »Wizarding World« machen den Film noch packender. Der einzig­ar­tige Look des Films überzeugt und ist aufgrund der fantas­tisch animierten Effekte auch in 3D ein Spektakel. Trotz der großen Hektik im Film gelang es Philippe Rousselot durch einige langsame Kame­ra­fahrten und direkte Profil­aufnahmen zu Beginn des Films, ein abwechs­lungs­rei­ches Erlebnis zu erschaffen. Es gibt kaum Szenen, die ohne ein Feuerwerk aus magischen Flüchen auskommen und auch die riesigen, bunten und toll­pat­schigen Tierwesen sind im Hinblick auf Design und Darstel­lung bemer­kens­wert.

Wer ist das schon wieder? Wo sind wir? Was soll das?

Auf der anderen Seite jedoch wirkt der Film nach und nach wahn­sinnig überladen. Die vielen Neben­hand­lungen, Zeitsprünge und ständigen Orts­wechsel verwirren von Beginn an und ergeben teilweise keinen Sinn. Die Story wird durch unwich­tige neue Charak­tere immer wieder unter­bro­chen und es fällt schwer, der eigent­li­chen Handlung zu folgen. Die inter­es­santen Prot­ago­nisten, wie Jude Law als junger Dumble­dore oder Johnny Depp als Bösewicht, nehmen, weshalb auch immer, leider nur eine Neben­rolle in dem Geschehen ein. Aufgrund der Titelwahl Grin­del­walds Verbre­chen erwartet man deutlich mehr Einblick in die tatsäch­li­chen Absichten des eigent­li­chen Haupt­dar­stel­lers. Die Hand­lungen von Grin­del­wald und seinem Rivalen Dumble­dore werden aber nur kurz einge­leitet und anschließend nicht weiter ausge­führt. Doch nicht Newt Scamander, der Haupt­dar­steller des ersten Films, bekommt mehr Ansehen, sondern Leta Lestrange, eine Exfreundin ohne weitere attrak­tive Perspek­tiven. Newt Scamander und seine Tierwesen sind nur eine neben­säch­liche Erschei­nung, was jedoch nicht schlimm wäre, wenn zumindest die Verbre­chen von Gellert Grin­del­wald im Mittel­punkt stehen würden. Die Erzählung von J.K. Rowling wirkt unüber­legt, führt teilweise nirgends hin und wirft die Frage auf: Was ist denn nun eigent­lich der Hauptplot?

Plötzlich dreht sich alles um die von den Eltern unge­liebte Außen­sei­terin Leta Lestrange. Viele der zwischen­mensch­li­chen Gedanken von Rowling werden nicht zu Ende gedacht und es scheint fast so, als hätte die Handlung des Films ganz easy auch zwei oder drei Filme füllen können.

Das Material und die Infor­ma­tionen, die in einen Film gestopft wurden lassen kaum Zeit zum Durch­atmen.

Grin­del­wald und Dumble­dore über­zeugen auf ganzer Linie

Die wirklich inter­es­santen Aspekte, wie die unbe­kannte Beziehung zwischen Albus Dumble­dore und Gellert Grin­del­wald, deren Vergan­gen­heit und die Charak­ter­züge der beiden großen Zauberer, werden nur ange­rissen. Und dennoch, der wasser­stoff­blonde Johnny Depp überzeugt in den wenigen Szenen ausnahmslos und auch der junge Dumble­dore wird von Jude Law einzig­artig elegant und weise darge­stellt. Als Lehrer in Hogwarts für Vertei­di­gung gegen die dunklen Künste ist er über­zeu­gend sicher und bestimmt. Sein innerer Kampf wird in einer kurzen aber sehr emotio­nalen Szene gezeigt, wo er sich vor den bereits bekannten Spiegel Nerhegeb stellt. Trotz der düsteren Darstel­lung wirkt Grin­del­wald nicht durch und durch evil. Er versucht seine Anhänger durch Mani­pu­la­tion auf seine Seite zu ziehen und baut auf die Kraft der Liebe, ganz anders als wir es von Voldemort kennen. Volde­morts Anhänger folgen ihm aus Angst, doch bei Grin­del­wald muss es andere Gründe geben weshalb die Zaube­rer­ge­mein­schaft sich ihm anschließt, doch diese werden uns in diesem Film leider (noch) nicht offenbart.

Der tiefere Sinn weckt Vorfreude auf den nächsten Film

Trotz der Kritik am Plot ist das Zusam­men­spiel der schönen, herz­er­wär­menden Momente und der düsteren sehr ausge­wogen. Wenn die nied­li­chen Nifler-Babys ins Bild huschen und mal wieder auf der Jagd nach glän­zenden Dingen sind oder der sympa­thi­sche Muggel Jacob Kowalski mal wieder von der Magie um sich herum plötzlich über­wäl­tigt wird, ist die Stimmung des Films beein­dru­ckend und einzig­artig. Das Hin und Her zwischen den hekti­schen und den spaßigen Szenen, gepaart mit der emotio­nalen Filmmusik ist ein ergrei­fend und bewegend. Eines der High­lights ist der Einblick in den Unter­richt des großen Albus Dumble­dore. Der Zauber­er­le­gende beim Unter­richten auf die Finger schauen zu können ist nahezu ein magischer Moment. Auch die junge Minerva McGo­na­gall dürfen wir kennen­lernen und sie durch die Korridore von Hogwarts sausen sehen. Die Verknüp­fung der Inhalte aus den früheren Harry Potter Filmen und vor allem aus den Romanen mit dem neuen Sequel ist der Grund für einzig­ar­tige Gänse­haut­mo­mente. Plötzlich ergeben sich Zusam­men­hänge, die zuvor nicht bekannt waren, aber jetzt endlich Sinn ergeben.

So schafft es der Film trotz zu vielen Details auf Hand­lungs­ebene mit heraus­ra­genden Effekten und tollen Kostümen ein einzig­ar­tiges Gefühl zu erzeugen. Sein Konzept ist, eine wunderbar magische Welt der Zauberer zu erschaffen und zu präsen­tieren. Das Haupt­au­gen­merk liegt dabei auf den Effekten und der Magie-Darstel­lung, die Handlung spielt nur eine unter­ge­ord­nete Rolle. Doch mögli­cher­weise sollte auf den Plot etwas mehr Wert gelegt werden. Denn bei insgesamt fünf Filmen wird es schwer werden, die Fehler in der Geschichte auf Dauer zu über­spielen.