Die Nacht der lebenden Loser

Deutschland 2004 · 91 min. · FSK: ab 12
Regie: Mathias Dinter
Drehbuch:
Kamera: Stephan Schuh
Darsteller: Tino Mewes, Manuel Cortez, Thomas Schmieder, Collien Fernandes u.a.
Untote Pennäler

Pubertierende Zombies

»Philip, Mädchen helfen gegen Morgen­latten.« – einer der ersten Dialogs­ätze des Films markiert bereits recht gut Geschmack und Subti­litäts­grad des Humors in dieser Mischung aus Teenie-Komödie und Zombie-Horror-Parodie, die zugleich in vielem nahtlos an die Welle der »Pauker­filme« der Sechziger Jahre anknüpft. Wie in anderen schnell und billig, für ein jugend­li­ches, durch Erkan & Stefan, Harte Jungs und Auto­bahn­raser kino-sozia­li­siertes Publikum produ­zierten »Klamotten« der jüngeren Zeit, ist auch in Die Nacht der lebenden Loser die stilis­ti­sche Latte in keinerlei Hinsicht hoch gelegt, feiern auch hier die bekannten Witz-Stereo­typen von »Opas Kino« fröhliche Urständ.

Die Geschichte handelt von drei unter­schied­li­chen Freunden, im Mittel­punkt steht Philip Fleisch­ha­cker, ängstlich und unter der Fuchtel über­be­sorgter, auto­ritärer Eltern. In ihrer Klasse sind alle drei als uncoole »Nerds« verschrien. Eines Nachts werden sie durch Zufall und miss­glückte Vodoo-Rituale – »Euer Penta­gramm hat sechs Zacken, damit könnt ihr höchstens den Zentralrat der Juden beschwören.« – in Zombies verwan­delt. Aus der Leichen­halle, in der sie aufwachen, fliehen sie, und brauchen eine Weile, um überhaupt ihren neuen Zustand zu reali­sieren. Daraufhin genießen sie eine Weile die Vorteile ihrer Lage, und drehen den Spieß der Klassen-Verhält­nisse um: schmerz­re­si­tent und bären­stark leisten sie dem Ober­quäl­geist erfolg­reich Wider­stand, gewinnen über­ra­schend ein Rugby­spiel, können trinken ohne Folgen und werden so zu den neuen Klassen-Helden. Und plötzlich stellt sich auch der Erfolg bei den begehrten Mädchen ein.

Doch zugleich zeigen sich auch die Nachteile der Zombie-Existenz. Der Hunger auf rohes Menschen­fleisch kann zwar noch mit einem unge­bra­tenen Steak zum Frühstück halbwegs unter Kontrolle gehalten werden. Doch insbe­son­dere bei Konrad, dem uncoolsten und intel­lek­tu­ellsten der drei, der in der Vergan­gen­heit immer wieder Opfer zahl­rei­cher Quäle­reien und Demü­ti­gungen wurde, über die er ein dickes Buch geführt hat, dominiert zunehmend die Lust auf Rache. Auge um Auge zahlt er seinen Peinigern alles zurück. Schließ­lich verspeist er den Sport­lehrer, einen von den Schülern »Stalin« genannten Kryp­to­fa­schisten, der heimlich schwule Sado-Maso-Rituale bevorzugt.

Zunehmend wird auch die Tatsache zum Problem, dass die drei Teenie-Zombies bei leben­digem Leib verfaulen. Einzelne Körper­teile fallen ihnen vom Leib: eine Hand oder ein Ohr bei Konrad, ein Hoden bei Philip, gerade als dieser mit der begehr­testen Blondine der Schule seinen ersten Sex haben möchte. Mit Heft­klam­mern wird jedoch alles wieder »verta­ckert«. Doch innerhalb von 36 Stunden müssen die drei mit einem Gegen­mittel versorgt werden, um nicht endgültig der Unterwelt anheim zu fallen. Hier schlägt nun die Stunde der hübschen Gothic-Braut Rebecca. Sie ist nicht nur Philips Nachbarin, Sand­kas­ten­ge­spielin und heimlich in ihn verliebt; sie besitzt auch das Zauber­buch Nekro­no­mikon, in dem ein Gegen­mittel aufge­listet ist, und im entschei­denden Augen­blick das rettende Tröpflein Jung­frau­en­blut, um dem Gebräu den letzten Schliff zu geben.

Mag schon sein, dass eine solche Geschichte bei Teilen des anvi­sierten Ziel­pu­bli­kums tatsäch­lich gut ankommt. Und das Sexfi­xiert­heit und Pennä­ler­scherze in der Natur eines Films für Pennäler liegen, ist auch geschenkt. Trotzdem nervt die frauen- und schwu­len­feind­liche Grund­hal­tung dieses reinen Jungens-Films, der das weibliche Geschlecht mit wenigen Ausnahmen nur als willig und notgeil schildert, jederzeit bereit, sich vom sozial und sportlich Erfolg­reichsten »flach­legen« zu lassen. Viel­leicht braucht ein Deutsch­land in Depres­sion und Krise solche Flucht in Humor-Hysterie. Jeden­falls sind auch schlechte Filme Ausdruck einer bestimmten Geis­tes­hal­tung und auch Teenie-Komödien hat man schon subtiler gesehen.

Regisseur Matthias Dinter insze­niert alles solide und ohne hier wohl eher störenden Einfalls­reichtum. Bemer­kens­wert ist die unüblich freund­liche Darstel­lung der Gothic-Szene, eine über­ra­schende Wieder­auf­wer­tung. Hand­werk­lich ist der Film weit­ge­hend fehler­frei, dabei aller­dings auffal­lend schlecht beleuchtet. Die Musik ist niveaulos. Tino Mewes, Thomas Schmieder und Collien Fernandes zeigen dafür immerhin im Rahmen der Möglich­keiten anspre­chende Darsteller-Leis­tungen. Natürlich könnte man nun das Zombietum auch noch irgendwie als Metapher auf die Pubertät inter­pre­tieren – aber das hieße diesem Film wirklich allzuviel Ehre anzutun.