Die Monster AG

Monsters, Inc.

USA 2001 · 92 min. · FSK: ab 6
Regie: Peter Docter, David Silverman, Lee Unkrich
Drehbuch: ,
Musik: Randy Newman
Wer fürchtet sich vor'm kleinen Kind?

Der Kinderschreck

Monster sind auch nur Menschen. Etwa Sulley und Mike, die beiden Freunde, die sich eine Wohnung teilen und in der Arbeit ein einge­spieltes Team sind. Sulley ist ein gemüt­li­cher Typ, den (fast) alle mögen, der für jeden ein freund­li­ches Wort übrig hat und der seit Monaten den Titel »Mitar­beiter des Monats« innen hat. Mike dagegen ist ein ständig quas­selnder Chaot der unsterb­lich in die Sekre­tärin Celia verliebt ist und dessen beruf­liche Ambi­tionen weit hinter denen seines Kumpels zurück­bleiben. Die Heimat der beiden heißt Monstro­polis, ihr Arbeit­geber ist die Monsters Inc. und sie selber sind (wie könnte es anders sein) typische Monster.

Ihr Beruf besteht darin, durch Wand­schrank­türen in Kinder­zimmer einzu­dringen, die dort schla­fenden Kinder zu erschre­cken und ihre schrillen Schre­ckens­schreie aufzu­fangen, um daraus den Strom, der die Mons­ter­welt am Laufen hält, zu erzeugen.
Dieser Beruf ist aber nicht unge­fähr­lich, denn wie jedes Monster weiß, ist die Berührung eines Kindes absolut tödlich und es wird immer schwie­riger, den lieben Kleinen Angst einzu­jagen. So manches Monster kann sich nur knapp zurück hinter die sichere Schranktür retten, während aus dem Kinder­zimmer Hard Rock Musik herüber­dröhnt.

Doch für Sulley, den absoluten Spezia­listen auf dem Gebiet des Erschre­ckens, läuft es immer noch bestens. Er steht kurz davor den Firmen­re­kord zu brechen, seine Fähig­keiten sind auch bei der Ausbil­dung neuer Monster gefragt und selbst als Werbe­träger der Monsters Inc. macht er eine gute Figur.
Aber das Unheil nimmt seinen Lauf, als Sulley verse­hent­lich ein Kind in die Mons­ter­welt einschleppt und sich dieses zwar nicht als tödlich aber immerhin als ziemlich hart­nä­ckig erweist. Das Kind zurück in seine Welt zu bringen gestaltet sich für Sulley und Mike schwie­riger als erwartet, vor allem auch deshalb, weil in der Firma sonder­bare und nicht besonders korrekte Dinge vorgehen.

Nach dem freund­lich ekligen Shrek sind es nun also ganze Horden von obskuren Monstern, die den Computern Holly­woods entspringen. Der Wettkampf zwischen den Firmen Dream­Works (Antz, Shrek) und Disney/Pixar (Das große Kabbeln, Toy Story und Monster AG) auf dem Gebiet der compu­ter­ani­mierten Spiel­filme geht somit weiter und ein Gewinner steht bereits jetzt fest; der Zuschauer.

Dass Monster AG technisch die Nase vorne hat, also mit noch mehr Rechen­leis­tung erstellt wurde, noch mehr Pixel auf die Leinwand bringt, noch realis­ti­schere Effekte zeigt, ist nicht weiter der Rede wert. Diese Angaben, die bis vor kurzem noch von den Produ­zenten solcher Filmen stolz herun­ter­ge­betet wurden, sind mitt­ler­weile ähnlich (un)inter­es­sant, wie die Anzahl der gezeich­neten Bilder bzw. der erstellten Einzel­auf­nahmen bei Zeichen­trick- bzw. Anima­ti­ons­filmen.

Wichtiger für den Zuschauer ist es zu sehen, dass ausge­rechnet die im Computer errech­neten Filme keine (wie von manchen prophe­zeit) kalte und sterile Massen­ware sind, sondern vor Krea­ti­vität, Einfalls­reichtum und Herz­lich­keit geradezu sprühen.
So auch bei Monster AG, der intel­li­gent, mit Witz und einer rasanten Insze­nie­rung perfekt unterhält und sich dabei nicht nur auf tech­ni­sche Spie­le­reien oder (bei Disney sonst sehr beliebte) über­le­bens­große Emotionen verläßt.

Die Handlung von Monster AG verfährt nach einem bewährten Muster. Aus dem großen Topf der ameri­ka­ni­schen Alltags­my­then pickte man sich in diesem Fall das ominöse Monster im Wand­schrank heraus und baute darum eine Paral­lel­welt, der man die Gesetz­mäßig­keiten des ameri­ka­ni­schen Alltags über­s­tülpte. Verändert man dann noch den Blick­winkel, sind auf einmal die Monster die Normalen und in der anderen, fremden Welt der Kinder­zimmer lauern die wahren »kleinen Monster«.
Ein solch weiter Rahmen bietet natürlich die Möglich­keit, ihn mit den verschie­densten Zutaten auszu­füllen. Parodien auf das öden Berufs­le­bens stehen neben Seiten­hieben auf Urban Legends und Kryp­to­zoo­logie. Kinder­ge­schichten erhalten erstaun­liche Deutungen und sowohl die ältere als auch die neuere Film­ge­schichte wird frei­giebig zitiert, persi­fliert und fort­ge­schrieben.

Einen sehr aufschluss­rei­chen Verweis gibt dabei der Name der örtlichen Sushi-Bar. Das Lokal heißt Harry­hausen’s und damit so wie der legendäre Ray Harry­hausen, der zu den Säulen­hei­ligen der Stop-Motion Animation zählt.
Und tatsäch­lich erinnert die visuelle Umsetzung von Monster AG öfter an Stop-Motion Filme wie sie in den letzten Jahren vor allem durch die Aardman-Produc­tions (zuletzt mit Chicken Run) populär wurden, als an zwei­di­men­sio­nale Zeichen­trick­filme, wie sie für gewöhn­lich aus dem Hause Disney kommen.

Nicht nur visuell, sondern auch stim­mungs­mäßig grenzt sich Monster AG von sonstigen Disney Produk­tionen angenehm ab. Der Ton ist hier (was vor allem auf den Eigen­willen der Firma Pixar zurück­führen sein dürfte) etwas frecher und weniger gefällig als üblich, wobei der Film natürlich immer noch absolut jugend­frei ist. Die wirklich heiklen Themen werden ohnehin erst gar nicht ange­spro­chen, weshalb zwar einer­seits mögliche Verstöße gegen die Political Correct­ness flach­fallen, man ande­rer­seits aber auch von kitschigen Moral­vor­stel­lungen verschont bleibt.
Dass Monster AG nicht nur als reiner Kinder­film gedacht ist, zeigen die vielen Witze und Anspie­lungen, die sich nur einem (mit der ameri­ka­ni­schen Kultur weit­ge­hend vertrautem) Erwach­senen erschließen werden.

Beinahe zwangs­läufig zum Schluß noch die Empfeh­lung der engli­schen Origi­nal­ver­sion, in der die Stimmen von u. a. John Goodman, Billy Crystal, Steve Buscemi und James Coburn den Monstern ihren ganz eigenen Charakter verleihen.