Mission Ulja Funk

Deutschland/L/PL 2021 · 93 min. · FSK: ab 6
Regie: Barbara Kronenberg
Drehbuch:
Kamera: Konstantin Kröning
Darsteller: Romy Lou Janinhoff, Jonas Oeßel, Hildegard Schroedter, Luc Feit, Anja Schneider u.a.
Rein zufällige Ähnlichkeiten zu Greta Thunberg
(Foto: Ricardo Vaz Palma | In Good Company)

Begegnungen der besonderen Art

Barbara Kronenbergs ungewöhnliches Kinder-Roadmovie überzeugt durch schrägen Witz und klischeefreie migrantische Realitäten

Der Debütfilm der Medi­en­pro­du­zentin, Dreh­buch­au­torin und Regis­seurin Barbara Kronen­berg entstand im Rahmen der Initia­tive »Der besondere Kinder­film«, dessen Beson­der­heit darin liegt, dass es keine der gängigen Best­seller-Kinder­buch­ver­fil­mungen, sondern ein Film nach einem Origi­nal­dreh­buch ist. Eine weitere Beson­der­heit hier ist auch das Milieu, in dem sich Ulja Funk bewegt: Eine russ­land­deut­sche Familie irgendwo in einem kleinen Ort mit dem fiktiven Namen Lemheim, wo die frei­kirch­liche Gemeinde und hier besonders der Chor ein gesell­schaft­li­cher Treff­punkt ist.

Ulja, 12 Jahre, intel­li­gent und begeis­terte Forscherin, auch eigen­sinnig und in der Schule nicht so beliebt, widmet sich intensiv dem Weltall und hat soeben einen kleinen Aste­ro­iden entdeckt, der auf dem Flug zur Erde in ein paar Tagen in Belarus aufschlagen wird. Ihr Vortrag darüber inter­es­siert die Sonn­tags­ge­meinde, wo im »Kinder­got­tes­dienst« der Nachwuchs seine Talente vorführt und selbst die schrägsten Beiträge mit Beifall bedacht werden, jedoch so gut wie gar nicht, und sie muss die Bühne vorzeitig verlassen. Dabei hat sie aber schon die Daten exakt ausge­rechnet: Der Asteroid VR 241720 wird in einem Tag + 20 Stunden + 38 Minuten im 1.257 km entfernten Pâtz­schurik, Belarus, nieder­gehen. »Und ich werde dort sein!« – die »Mission Ulja Funk« beginnt.

Für Oma Olga aller­dings sind göttliche Schöpfung und Wissen­schaft nicht vereinbar – so hat sie das tech­ni­sche Equipment ihrer Enkelin mit Hilfe des Pastors schon entsorgt. Nun hält Ulja nichts mehr auf. Kurzer­hand macht sie sich mit Henk, für den sie regel­mäßig gegen Bezahlung die Schul­auf­gaben erledigt, der aber – obwohl erst 13 – schon Auto fahren kann, im ausran­gierten Leichen­wagen ihrer Eltern auf den Weg, vom Westen Deutsch­lands durch Polen zur Grenze der EU und damit zum kontrol­lierten Übergang nach Belarus. Ulja verfolgt uner­bitt­lich ihren Plan, auch Henk muss sich fügen. Für Aufregung und so manche absurde Drehung und Wendung sorgen Oma Olga – die unfrei­willig und unbemerkt in den Wagen gekommen ist – und die Frei­kirch­li­chen samt Pastor und Uljas Eltern, die schon bald die Verfol­gung im Kleinbus aufnehmen, während die Sänger­ge­meinde noch meint, zügig zu einem Chor­treffen zu fahren. Am fulmi­nanten Ende dieser turbu­lenten Reise voller absurder wie rührender Begeg­nungen erlebt die Gemeinde den zu Boden gehenden Aste­ro­iden. Und Uljas Oma, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Enkelin auf den rechten Glaubens-Weg zurück­zu­bringen – Asteroid hin oder her –, hat noch eine Begegnung der beson­deren Art.

Nach der Welt­pre­miere auf der Berlinale 2021, Sektion Gene­ra­tion, wurde Mission Ulja Funk auf dem Kinder­film­fes­tival in Erfurt mit dem »Goldenen Spatz« in der Kategorie Langfilm ausge­zeichnet und nahm am Inter­na­tio­nalen Film­fes­tival »Schlingel« sowie am Filmfest München teil. Romy Lou Janinhoff wurde für ihre Leistung als Ulja in der Haupt­rolle mit dem Kinder-Medien-Preis »Der weiße Elefant« (Verlei­hung im Rahmen vom Filmfest München) geehrt. Von der FBW bekam der Kinder- und Fami­li­en­film das Prädikat »besonders wertvoll«. Aus der Begrün­dung: »Gekonnt umschifft Barbara Kronen­berg immer wieder die Klippen gängiger Klischees … Mit wirklich gut gesetzten Pointen schafft sie es, auch hart­nä­ckige Vorur­teile ins Gegenteil zu verkehren. … Ein genauso frecher wie leiden­schaft­li­cher Film, eine irrwit­zige Komödie und ein Statement für Girlpower, das seines­glei­chen sucht.«

Mission Ulja Funk ist ein so rasantes wie schräges Roadmovie mit Ecken und Kanten über eine 12-jährige Aste­ro­iden-Forscherin, die nicht nur ihre russ­land­deut­sche Familie aufwir­belt.