Italien 1995 · 106 min. · FSK: ab 12 Regie: Giuseppe Tornatore Drehbuch: Giuseppe Tornatore, Fabio Rinaudo Kamera: Dante Spinotti Darsteller: Sergio Castellito, Tiziana Lodato, Franco Scaldati, Leopoldo Trieste |
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Die Kamera als Spiegel der Hoffnung |
Joe Morelli reist als Talentesucher für die Universalia Studios Rom durch das arme Sizilien der Nachkriegszeit. In jedem neuen Dorf, in dem er auftaucht, verteilt er zuerst ein paar Textzeilen aus Vom Winde verweht. Alle, die sich die Chance auf ein Leben als berühmter Filmstar nicht entgehen lassen wollen, sollten diese Zeilen für Probeaufnahmen vor Morellis Kamera auswendig lernen. Für 1500 Lire glauben viele an diese Chance und lassen sich aufnehmen, auch wenn sie nicht einmal die kurzen Sätze ihrer Vorbilder behalten können. Morelli ermutigt die Leute, indem er ihnen garantiert, daß wahres Talent sich durchsetzen wird.
Einige Sizilianer nutzen die Gegenwart der Kamera jedoch dafür, ihren Träumen und Ängsten, ihrer Wut und Trauer Ausdruck zu geben. Sie vertrauen sich Morelli und seinem anonymen Kinematographen in einer furchtlosen Offenheit an, so wie es ihnen gegenüber ihren Mitmenschen nie gelungen ist.
In diesen Momenten rüttelt das Gewissen den Ganoven Morelli, denn mit Fimstudios hat er sowenig zu tun, wie belichtbarer Film in seiner Kamera steckt. Doch er verdrängt seine Schuldgefühle, die ohnehin nie sehr groß sind. Dabei sind es gerade diese Menschen, für die er wirklich etwas leistet. Sie bekommen durch ihn die Möglichkeit, das Unaussprechliche zu sagen, sich davon zu erleichtern und vielleicht ein neues Leben zu beginnen.
Für Morelli deutet sich erst eine Wandlung an, als er der Liebe und Verehrung der schönen Beata nachgibt. Es bleibt ihnen aber nur eine kurze Zeit des Glücks, denn Morelli muß für seine Skrupellosigkeit noch bezahlen...
Guiseppe Tornatore reflektiert mit seinen wundervollen Bildern von Sizilien die Widersprüchlichkeit von Träumen und Realität. Als Zuschauer bekommt man die romantische Schönheit des Landes und seiner Menschen vorgeführt. Für diese Menschen ist die sie umgebende Schönheit aber kaum zu erkennen, sie sehen ihren Alltag in Armut, den sie nur zu gerne hinter sich lassen wollen, indem sie den nicht erfüllbaren Träumen von Ruhm und Reichtum hinterherjagen.
Eine schwindelerregende, minutenlange Kamerafahrt durch ein Dorf zeigt uns die Leute auf der Straße, laufend und wild gestikulierend, nur noch damit beschäftigt, ihren Text für die Probeaufnahmen auswendig zu lernen. Diese große Dynamik der Kamera und Akteure steht im extremen Gegensatz zu Morellis statischer Kamera, vor der die Menschen auf einem Stuhl Platz nehmen. Morelli nutzt nur ihre Träume, um sich daran zu bereichern, er versteht die Leute weder in ihrer lebendigen Schönheit, noch in ihrer Armut. Da er deswegen über das Leben der Menschen keinen Film machen kann, ist folgerichtig auch nur alter, nicht zu entwickelnder Film in seiner Kamera.
An dem Punkt, an dem sich der Film der Bestrafung Morellis zuwendet, läuft die Geschichte leider sehr schnell, ganz im Gegensatz zur Zeit, die sich Tornatore für den vorhergehenden Teil des Films gelassen hat. Und dieser Bruch des Rhythmus läßt die weitere Entwicklung der Geschichte etwas sehr konstruiert erscheinen.
Trotzdem bleibt das Bild von Beata, wie sie ihre Sehnsucht nach Liebe offenbart, in Erinnerung; so wie sich Morelli daran erinnert und endlich verstanden hat.