Das Leben ein Tanz

En corps

Frankreich 2022 · 118 min. · FSK: ab 12
Regie: Cédric Klapisch
Drehbuch: ,
Kamera: Alexis Kavyrchine
Darsteller: Marion Barbeau, Hofesh Shechter, Denis Podalydès, Muriel Robin, Pio Marmaï u.a.
Tanzen, um sich selbst zu finden...
(Foto: STUDIOCANAL)

Wenn das Leben Kopf steht

Cédric Klapischs Feel-Good-Film über eine Balletttänzerin, deren Weg sich plötzlich ändert, sagt ja zum Leben und besticht durch seine Charaktere. Klapischs Liebeserklärung an den Tanz

Alles ist bereit. Die Bühnen­lichter werfen ihr grelles Licht auf den Boden, der Einsatz steht bevor. Was hinter der Bühne geschieht, darf nun keine Rolle spielen. Von jetzt an zählt nur der Tanz. Noch einmal atmen und dann – Showtime.
Die 26-jährige Elise ist das Zentrum der Auffüh­rung, seit ihrem sechsten Lebens­jahr nimmt sie Ballett­un­ter­richt und meistert den Weg zur Prima­bal­le­rina mit Bravour. Doch dann soll alles anders werden: der Aufprall auf dem Bühnen­boden geht bis ins Mark. Elise ist verletzt und die Karrie­re­pro­gnosen stehen schlecht. Was nun?

Die Haupt­dar­stel­lerin in Cédric Klapischs neuem Film ist seit 2018 auch im echten Leben die Solo­tän­zerin der Pariser Oper. In Das Leben ein Tanz gibt Marion Barbeau ihr Schau­spiel­debüt, worauf sie sich während der Pandemie vier Monate lang intensiv vorbe­rei­tete. Ihr Newcomer-Status über­rascht, so authen­tisch verkör­pert sie die Emotionen, welche die Tänzerin umtreiben.

Ihre alte Freundin Sabrina (Souheila Yacoub), welche die Tanz­branche hinter sich gelassen hat, inspi­riert Elise dazu, etwas Neues zu probieren – und macht sie kurzer­hand zum Mitglied ihres Foodtruck-Teams. Sie landen in einer Herberge für Künstler. Wie der Zufall es will, arbeitet dort eine Contem­porary-Tanz­gruppe an ihrem Programm. Doch Elise ist nur für das Catering da und beob­achtet aus der Ferne.

Der Kopf der Gruppe, Hofesh Shechter, ist dabei keine Schöpfung Klapischs. Seine in Brighton statio­nierte Tanz­gruppe Hofesh Shechter Company ist Teil des Film­ensem­bles und hat es sich zum Ziel gesetzt, Diver­sität zu unter­stützen, Menschen weltweit zu inspi­rieren und deren Leben zu verändern.

Genau diese Suche nach sich selbst und dem eigenen Platz in der Welt steht im Fokus des Films und mischt Coming-of-Age-Elemente unter die fran­zö­si­sche Komödie. Elise trifft auf die Leiterin der Herberge, Josiane (Muriel Robin), die ihr der Weisheit des Alters geschuldet das Aufgeben ihrer großen Leiden­schaft untersagt. Vieles ist vorher­sehbar – doch einer guten Komödie hat das noch nie geschadet.

Der typisch fran­zö­si­sche Humor kommt nicht zu kurz: schrul­lige Charak­tere inklusive. Der spiri­tu­elle Physio­the­ra­peut, dessen liebens­wür­dige Unbe­hol­fen­heit es ihm erschwert, Elise näher­zu­kommen. Die Foodtruck-Besitzer – ein Paar, das im Kinosaal garan­tiert für Lacher sorgt: hitzige Diskus­sionen, in denen die Fetzen fliegen, gefolgt von der demons­tra­tiven Versöh­nung in ihrem Camper.

Der Sound­track des Films – an dem Hofesh Schechter ebenfalls beteiligt war – über­rascht gleich zu Beginn und bleibt im Gedächtnis. Die Auffüh­rung stoppt, das Intro beginnt: Die Tänze­rinnen bewegen sich in Zeitlupe wie die Figuren in einer Schnee­kugel. So lässt auch der Unfall Elises Leben still­stehen. Elek­tro­nisch verzerrte Gitar­ren­riffs kontras­tieren die klas­si­sche Musik, die noch Sekunden zuvor das Ballett untermalt. Es wird klar – die Stimmung des Films hat sich verändert.

In der Verschmel­zung realer Biogra­fien mit der Welt des Films lässt Cédric Klapisch erkennen, dass er in seiner Anfangs­zeit als Regisseur Doku­men­ta­tionen fürs fran­zö­si­sche Fernsehen gedreht hat. Trotz klas­si­scher Wendungen eines Feel-Good-Films spürt man die Authen­ti­zität der Geschichte.

Tanz­be­geis­tertes Publikum kommt hier garan­tiert auf seine Kosten – denn die Stimmung steckt an. Egal ob lässiges Training oder imposante Ballett­vor­füh­rung – Das Leben ein Tanz wird seinem Titel gerecht: eine Hommage an jede Form des Tanzes, die zeigt, dass man oft nicht weit suchen muss, um sich selbst zu finden.