USA 2023 · 119 min. · FSK: ab 16 Regie: David Fincher Drehbuch: Andrew Kevin Walker Kamera: Erik Messerschmidt Darsteller: Michael Fassbender, Tilda Swinton, Charles Parnell, Arliss Howard, Monique Ganderton u.a. |
||
Eine einfache und geradlinige Geschichte aus einer unterentwickelten Welt... | ||
(Foto: Netflix) |
»Stick to your plan. Trust no-one. Stick to your plan. Forbid empathy...« – Halte dich an den Plan. Improvisiere nie. Vertraue niemandem. Gib den Vorteil nicht aus der Hand. Gib dich nicht deinen hin. Einfühlungsvermögen ist Verwundbarkeit. Kämpfe nur den Kampf, für den du bezahlt wirst.
Ein Auftragsmörder macht seine Arbeit. Er erzählt die Geschichte dieses Films selbst, er steht ganz im Mittelpunkt. Wobei dieser innere Monolog seiner Gedanken nicht nur als einer der
zahlreichen Mechanismen für Spannung und Suspense dient, sondern auch als eine sehr effiziente Methode, um den Ton und das Tempo des Films zu bestimmen.
Stumme Auftragskiller, die an die klösterliche Lebensweise und das Schießen ohne Fehlschuss gewöhnt sind, kennt jeder Kinofan – vor allem die Franzosen erzählen von ihnen, von Der eiskalte Engel von Jean-Pierre Melville bis Luc Bessons Léon – Der Profi.
Bei Fincher ist der Held
allerdings kein Zyniker, sondern ein Pragmatiker, der seine Introvertiertheit in einen Vorteil verwandelt hat, er ist frei von Gier und Prinzipien. Kein Held, kein Schurke – ein Protagonist.
+ + +
Im Wesentlichen ist der Film eine Ansammlung von atmosphärischen Sequenzen, die durch eine düstere Kameraführung und einen pulsierenden Soundtrack außerordentlich geschickt aufgebaut werden und in einem Höhepunkt gipfeln, in dem Vorwegnahme, Planung, Kreativität, Intensität, Kälte und Hingabe des Killers auf unvorhersehbare und wirklich faszinierende Weise demonstriert werden.
Einerseits verschwendet Regisseur David Fincher keine Zeit damit, den Zuschauer in den Verlauf der Mission zu versetzen, die die Prämisse eines Auftragskillers begründet, der an seinem Ziel scheitert.
Zugleich verzichtet Fincher bewusst auf jegliche emotionale Komponente, auf Nebenstränge oder Charakterbögen. Dem Film fehlt jegliche Verbindung zur Hauptfigur, zu deren Zielen und Ängsten, sowie Antworten auf die vielen Fragen, die aufgeworfen werden, insbesondere über die Organisation von Attentätern, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und Ressourcen oder sogar greifbare Gründe für den Ursprung der Missionen.
+ + +
Der Killer ist in sechs Kapitel und einen Epilog unterteilt. Das hat Vor- und Nachteile. Jedes Kapitel fühlt sich wie eine Art Kurzfilm an, dessen Prämisse die Ermordung eines bestimmten Ziels ist – vor allem zwei Kapitel enthalten großartig choreografierte Sequenzen, die sich ganz für sich lohnen.
Hauptdarsteller Michael Fassbender ist beängstigend faszinierend in seiner bedrohlichen und subtilen Darstellung eines Killers ohne Skrupel und
Gnade.
Fassbenders beeindruckend ruhige und gelassene Erzählerstimme ist für die düstere Atmosphäre von The Killer unerlässlich, ebenso wie die Kamera und der Soundtrack. Diese drei Elemente sind ausschlaggebend für die Wirkung des Films.
+ + +
Vor einem Vierteljahrhundert hat Jim Jarmusch in Ghost Dog – Der Weg des Samurai klar formuliert, warum wir uns so sehr zu einsamen Meuchelmördern im Kino hingezogen fühlen. Sie sind die Erben der mittelalterlichen Ritter mit ihrem Ehrenkodex und ihrem Lehnsdienst. Der Killer bricht mit diesem Muster. Sein Held mit den unzähligen Pseudonymen und
falschen Pässen – ist kein wandernder Ritter, sondern der Tod selbst, der mit sich Schach spielt.
Leere Augen, makellose Reflexe, stummes Festhalten an einem Plan. Aber auch Dialoge wie Kalendersprüche.
Der Killer ist zweifellos der einfachste und geradlinigste Film in David Finchers Karriere, im Guten wie im Schlechten. Auf der einen Seite tragen Fassbenders melancholische Erzählweise und seine magnetische Performance sowie die atmosphärische Kameraführung und der pulsierende Soundtrack zu einem eindringlichen Erlebnis bei, das ganz von Spannung und Suspense getragen wird, die der Filmemacher auf bemerkenswerte Weise umgesetzt hat.
Andererseits entfremdet das Fehlen einer emotionalen Ebene in Anbetracht der oberflächlichen, redundanten Handlung und die namenlosen Charaktere zusammen mit einer sich wiederholenden Struktur den Zuschauer allmählich von dieser ebenfalls unterentwickelten fiktiven Welt.
Ein enttäuschender Film.