Schweden/USA/D 2018 · 106 min. · FSK: ab 12 Regie: Daniel Alfredson Drehbuch: Daniel Alfredson, Birgitta Bongenhielm Kamera: Pawel Edelman Darsteller: Ben Kingsley, Benno Fürmann, Tuva Novotny, Veronica Ferres u.a. |
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Bieder-illustrative Bildästhetik |
Muss man einen Film noch rezensieren, wenn Veronika Ferres und Ben Kingsley Hauptrollen spielen? Es gibt gute Gründe, das zu fragen, denn Veronika Ferres, nun ja... aber auch Ben Kingsley zehrt 30 Jahre nach Gandhi vor allem von diesem einen Film und dem Weltruhm, den dieser ihm brachte. Danach gab es solide gute Auftritte, aber doch auch unglaublich viele reine
Geldjobs: zynisches Herrunterrotzen irgendwelcher schlecht geschriebener Dialogzeilen, gelangweilte Blicke, dämonische Grimassen, oder jenes Augenzwinkern, das wir auch in diesem Film sehen, und das vorgeblich irgendeinen szenischen Sinn hat, sich tatsächlich aber (sehr zu Recht) gegen den Film mit dem Zuschauer verbündet und ihm signalisiert: »Ich gehe hier nur mit meinem (immer noch) guten Namen auf den (Film-)Strich, und du weißt, dass ich das tue, und ich weiß, dass du das
weißt, und du weißt, dass ich weiß, dass du das weißt, und ich tue es trotzdem.«
Aber beim leider uninformierten »breiten« Publikum und den kaum besser informierten Förderern bleibt davon nichts hängen; da zieht der Name Ben Kingsley eben immer noch. Er sollte es nicht mehr.
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Dies ist ein Machtspiel. Ein Machtspiel zweier Männer auf einer einsamen Insel. Die Freundlichkeit ist nur vorgetäuscht. Kalte Aggression und unterdrückte Rivalität dominieren. Ein Älterer, ein Jüngerer, in Konkurrenz vereint. Ödipus lässt grüßen.
Zwei Schriftsteller, sie erzählen einander Geschichten. Beide haben ihre ganz eigene, persönliche Agenda, die sich erst nach und nach vor den Augen des Anderen und damit vor dem Filmpublikum entfaltet.
Lügen durchziehen ihre Begegnung von Anfang an: Die Hauptfigur ist der Jüngere, David Moerk, gespielt vom Deutschen Benno Führmann, und kein sympathischer Charakter. David ist ein unsicherer, verletzlicher Mann, dessen schwaches Selbstbewusstsein durch seichte Angeberei kompensiert wird.
So behauptet er, Schriftsteller zu sein. Eigentlich aber ist er vor allem Übersetzer, der nebenbei schreibt.
So konnte er es nicht ertragen, dass Eva, seine ihm offenkundig überlegene
Ehe-Frau, ihn vor ein paar Jahren für einen anderen verlassen hat. Weil das sein Selbstbild restlos erschüttert hätte, manipulierte David Evas Auto. Kurz darauf verschwand sie, und David vermutete, sie sei in den Alpen tödlich verunglückt. Doch eine Leiche wurde nie gefunden.
Und genau das ist es vor allem, das David auf die Ägäis-Insel Mardam treibt: Denn zufällig glaubt er, seine Frau für Sekundenbruchteile bei einem Konzert erkannt zu haben. Daraus entsteht eine Idée Fixe, die zunehmend von David Besitz ergreift. Vielleicht lebt Eva noch?
So begegnet er Alex Henderson, einem berühmten, wenn auch von mysteriöser Rätselhaftigkeit umgebenen Weltliteraten und väterlichen Vorbild für David.
Der bemerkt schnell, dass Davids eigener Schreibversuch über ein Paar, das nach acht Jahren Ehe vor der Trennung steht, worauf der Gatte versucht, seine Frau umzubringen, autobiographisch motiviert ist.
Zugleich kommt es aber noch zu einer anderen Begegnung mit dem Totenreich: Denn David übersetzt das letzte Manuskript eines anderen Autoren, der sich kurz zuvor umgebracht hatte. Bald bemerkt David, dass es sich dabei nicht um ein normales Buch handelt, sondern dass es mit der Geschichte eine besondere Bewandtnis hat:
»Je länger ich an dem Text arbeitete, desto mehr faszinierte er mich. Auf einmal fiel mir etwas Merkwürdiges auf: Warum hatte er diese Wörter unterstrichen? ›Westlich‹ ›See‹ ›Sonne‹ ›Bär‹ ›Uhr‹. Und warum war mir das bisher entgangen? Was ich auch versuchte, ich konnte keinen Zusammenhang zwischen ihnen herstellen. Warum in aller Welt hatte er diese Wörter unterstrichen? In Rot?«
Ja warum nur? Und dann noch in Rot? Warum nicht in Blau?? Oder in Grün??? An dieser Art von Dialogen erkennt man, wie schludrig und schlurig hier gearbeitet wurde.
Und was ist das bitte für ein Blitzmerker von Profi-Übersetzer, der angeblich intensiv am Text arbeitet, aber Wochen braucht, um zu merken, dass hier auf jeder zweiten Seite bestimmte Wörter rot unterstrichen sind?
Und worum geht es nun? Genau: Um einen Code im Manuskript!
Damit geht er endgültig los, der Paranoia-Mystery-Thriller um drei Schriftsteller, drei Geschichten, drei Vermischungen von Leben und Kunst, Wahrheit und Fiktion, um Parallelen zwischen dem Geschriebenen und der Wirklichkeit.
Ganz so mysteriös ist alles aber bei genauerer Betrachtung vielleicht gar nicht. Die Mysterien sind in diesem Fall nämlich vor allem jene des Marketing: Intrigo – Tod eines Autors ist die Verfilmung einer Vorlage von Hakan Nesser. Die zahlreichen Bestseller des schwedischen Autors sind zwar schon häufig verfilmt worden, aber bisher eben nur fürs Fernsehen, und deswegen gewissermaßen unter Wert: »versendet«.
Jetzt soll sich das
ändern und Nesser aufgewertet werden.
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Dies ist, nur nebenbei bemerkt, ein gutes Beispiel für den essenziellen Unterschied zwischen Kino und Fernsehen, einen Unterschied, den interessierte Kreise, also Sender und Redakteure, auch manche Fernsehregisseure und sogar Festivaldirektoren gern verwischen, nicht verstehen wollen, oder tatsächlich nicht verstehen.
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Schließlich wurde mit »Millennium« eine andere Krimi-Reihe eines anderen schwedischen Autors zum globalen Renner, der gleich doppelt fürs Kino verfilmt wurde.
Das Rezept scheint daher einfach: Man nehme also Nessers 30 Jahre alte Kurzgeschichten, wärme ein paar von ihnen auf und fasse sie nach gemeinsamen Leitmotiven – in diesem Fall Schuld, Sühne und männliche Gewissensbisse – zusammen, nenne das Ganze »Intrigo«, um vorzutäuschen, diese Filme hätten irgendeinen
inneren Zusammenhang und lasse sie von Daniel Alfredson verfilmen, dem Regisseur, der seinerzeit die ersten Millennium-(Vergebung)-Filme drehte, und fertig ist der Welterfolg.
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Die Stadt mit der höchsten Mordrate der Welt ist Göteborg. Dicht gefolgt von Stockholm, auf dem dritten Platz liegt dann abgeschlagen Malmö. Jedenfalls wenn man die Kriminalliteratur mitzählt.
Wir sind im Land der Schwedenplatte, äh des Schwedenkrimis. Gerade in Deutschland ist Nesser bliebt, gerade in Deutschland liebt man das Morden im Norden.
Und gerade hier schütten die Fördergremien gern Stupid German Money über banalen Plots und behaupteter Spannung aus,
Hauptsache eine nackte Blondine wird gemetzelt.
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Wenn das so einfach wäre. Es geht damit los, dass die schwedisch-amerikanisch-deutsche Produktion Intrigo – Tod eines Autors, um den deutschen Förderregeln zu entsprechen, und nur darum, mit deutschen Schauspielern gespickt ist, und deswegen Veronika Ferres mal wieder zu einem Kinoauftritt kommt – auf den man wie auf jeden Ferres-Auftritt, gern verzichtet hätte. Benno Fürmann ist solide bis gut, ein Ben Kingsley ist erkennbar
unterfordert und in den falschen Film versetzt – permanent steht er in der Küche und bereitet irgendein Gericht zu, als sei Kingsley der Moderator einer Kochshow.
In der bieder-illustrativen Bildästhetik einer gehobenen Fernsehproduktion erzählt Intrigo – Tod eines Autors eine labyrinthische verschränkte Geschichte, die zudem durch viele – zu viele – Rückblicke und Tagträume unterbrochen wird.
Am Ende
bringt Alfredson immerhin das Chaos der Erzählebenen halbwegs stimmig unter einen Hut.