USA 2008 · 105 min. · FSK: ab 12 Regie: Barry Levinson Drehbuch: Art Linson Kamera: Stéphane Fontaine Darsteller: Robert De Niro, Bruce Willis, Stanley Tucci, John Turturro, Kristen Stewart u.a. |
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Gelassenheit ist alles |
Der neue Film mit Sean Penn fällt beim Testpublikum durch, weil am Ende der Hund erschossen wird. Der exzentrische Regisseur des Streifens steht am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die Studiochefin fordert mit Nachdruck einen versöhnlicheren Filmabschluss. Außerdem weigert sich ein leicht übergewichtiger Bruce Willis, für eine neue Filmrolle seinen lang gezüchteten Vollbart abzurasieren und argumentiert mit künstlerischer Integrität. Das sind nur einige Probleme des Hollywood-Produzenten Ben. Er droht zusätzlich auch noch die Kontrolle über sein Privatleben zu verlieren. Ben vermutet nämlich, dass seine Noch-Ehefrau Kelly eine Affäre hat. Und was treibt eigentlich seine 17jährige Tochter Zoe? Um all diese Turbulenzen geht es in Inside Hollywood, dem neusten Film von Oscar-Preisträger Barry Levinson (Rain Man, Wag The Dog, Toys), der auf einem Drehbuch von Art Linson basiert, der wiederum sein eigenes autobiographisches Buch adaptiert hat.
Der deutsche Filmverleih-Titel Inside Hollywood ist vom Sinn her zwar treffend gewählt, verspricht aber letztlich zu viel. Wer sich entlarvende Einblicke ins Filmbusiness erhofft, wird enttäuscht zurückbleiben. Der Film offenbart nämlich außer in einigen skurrilen Situationen nichts, was man nicht auch vorher schon über das Filmgeschäft gedacht, gelesen oder in Filmen wie The Player von Robert Altman gesehen hätte. Der Originaltitel What Just Happened? spielt auch weniger aufs Filmbusiness als auf den verwirrten Zustand seines Protagonisten an, der mit einer Wucht an Komplikationen konfrontiert wird und es trotz vieler Bemühungen nicht schafft, seinen Beruf und sein Privatleben zur Zufriedenheit aller unter einen Hut zu bringen. Wenn man also keine bissige Medien-Satire im Stil von Levinsons früherem Werk Wag the Dog erwartet, wird man von Bens turbulentem Leben sehr gut unterhalten. Erst am Ende der Geschichte hat der nämlich gelernt, dass er mit Gelassenheit mehr erreichen kann. Angesiedelt ist die Geschichte aber nun einmal in Hollywood und deshalb wird im Laufe des Films auch mit einigen Seitenhieben aufs Business aufgewartet. Filmproduzent Ben muss sich mit schwierigen Filmstars und sonstigen exzentrischen Charakteren herumschlagen, die es in geballter Form vielleicht wirklich nur in Hollywood gibt.
Obwohl nun vergleichsweise viel im Leben des Hollywood-Produzenten passiert, hat der Film einen erstaunlich langsamen Erzählrhythmus. Aufgefangen wird das aber durch die hervorragende Besetzung in jeder einzelnen Szene. Dargestellt wird der gestresste Produzent nämlich von niemand geringerem als Robert De Niro, seines Zeichens selbst großer Hollywood-Star und in der Rolle als Ben seit langem endlich wieder in Hochform. Und auch der Rest der Besetzung kann sich sehen lassen: Sean Penn und Bruce Willis spielen sich auf augenzwinkernde Art und Weise selbst, Kristen Stewart ist als Bens Tochter Zoe zu sehen, Stanley Tucci ist der Drehbuchautor Scott und Catherine Keener gibt die kompromisslose Studiochefin Lou. John Turturro glänzt als Schauspielagent Dick Bell mit Magenkrämpfen, Robin Wright Penn ist großartig als Bens Noch-Ehefrau Kelly und Michael Wincott darf als exzentrischer Regisseur Jeremy mehrmals richtig ausrasten. Barry Levinson lässt seinen Stars viel Raum. Kritisieren könnte man bei diesem hochkarätigen Ensemble höchstens das zuweilen unausgeglichene Zusammenspiel von Realität und Fiktion zwischen den Darstellern und ihren Rollen. Da ist Robert De Niro, selbst ein großer Star, dessen fiktiver Charakter Ben im Film auf Sean Penn und Bruce Willis trifft, die sich jeweils selbst verkörpern. Und da ist Robin Wright Penn, im Film die Noch-Ehefrau von Robert De Niro, die durch die Rolle als Kelly an ihr eigenes Schauspieldebüt in der Soap California Clan erinnert (hier war sie ebenfalls Kelly) und in der Realität eigentlich mit Sean Penn verheiratet ist, dem sie im Film aber nicht begegnet. Zu viel? Vielleicht, vielleicht auch nicht.
Inside Hollywood beginnt und endet mit einem Fotoshooting, bei dem die 30 einflussreichsten Produzenten auf einem Foto verewigt werden sollen. Wichtig ist dabei für jeden einzelnen, an welcher Stelle er innerhalb der Gruppe positioniert wird, weil es etwas über seine aktuelle Stellung innerhalb des Business aussagt. De Niro kommentiert das Szenario mit den Worten: »In Hollywood ist Macht alles. Entweder besitzt man Macht, strebt danach oder hat Angst, seine Macht wieder zu verlieren.« Es folgen viele Filmszenen, in denen deutlich gemacht wird, dass es im Filmgeschäft ausschließlich um harte Dollars, gute Einspielergebnisse und selten um künstlerische Freiheiten geht. Gut ist, was sich verkauft. Schauspieler werden hofiert. Unangenehme Wahrheiten erfährt man von so genannten Freunden nur zufällig. Der Studiochef hat das letzte Wort. Und wenn man in ein Verlustprojekt involviert ist, geht es nur darum, den Verlust zu minimieren. Welche Erkenntnis!
Inside Hollywood funktioniert auf augenzwinkernde Art und Weise vor allem dann, wenn Regisseur Barry Levinson nicht versucht, satirisch zu sein und in Szenen, in denen es um den Menschen Ben geht. Amüsantes Highlight sind deshalb auch die Szenen zwischen ihm und Kelly beim Psychiater. Ziel der gemeinsamen Therapie ist es zu lernen, wie man als in Scheidung lebendes Paar am besten getrennte Wege geht. Miteinander ins Bett gehen die beiden trotzdem noch. Und deshalb reagiert Ben auch so besitzergreifend, als er vermutet, dass Kelly mit Drehbuchautor Scott schläft. Kelly reagiert ihrerseits allergisch darauf, dass Ben sein Handy nicht auch einmal klingeln lassen kann. Dieser Konflikt bietet dann auch die Grundlage für eine großartige Filmszene zwischen Robin Wright Penn und Robert De Niro im Fahrstuhl: Sein Handy klingelt, er nimmt das Gespräch in ihrer Gegenwart aber nicht an, sondern lässt es läuten. Gesprochen wird in der Szene kein Wort. Sie schmunzelt und gibt ihm beim Gehen als Anerkennung einen Kuss auf die Wange.
Was Robert De Niros Charakter im Laufe des Films lernt ist vor allem Gelassenheit. Am Anfang des Films kämpft er noch. Wie etwa in der wunderbaren Szene, als unklar ist, ob sich »Admiral« Bruce Willis für oder gegen das Abrasieren seines Bartes entscheidet. In herrlich übersteigerter Form wird hier durch die musikalische Untermalung mit dem Dire Straights-Song »Brothers in Arms« auf clevere Art Spannung erschaffen, denn in Wirklichkeit ist das ja eine völlig belanglose Situation. That’s showbiz! Aber Ben lernt, die Dinge geschehen zu lassen. Es geht auch nicht mehr anders. Und Hollywood bleibt genauso wie es immer war: geprägt von Geld, Macht und mit seinen eigenen Spielregeln. Das wird auch im Film deutlich. Auf der Beerdigung eines Schauspielagenten zitiert Bruce Willis in seiner Trauerrede den bekannten amerikanischen Schriftsteller und Journalisten Hunter S. Thompson. Der hat einmal gesagt, dass im Filmgeschäft Diebe und Zuhälter frei herumlaufen würden und die guten Männer stattdessen vor die Hunde gingen. Und dieser Erkenntnis hat Thompson dann noch hinzugefügt, dass Hollywood aber auch eine negative Seite habe. Dass er diesen Satz nicht direkt zu Bruce Willis gesagt hat, so wie Willis es im Film behauptet, soll an dieser Stelle nicht weiter ins Gewicht fallen. Alles in allem also nichts wirklich Neues aus der Traumfabrik, oder? Trotzdem amüsant.