USA 2006 · 121 min. · FSK: ab 12 Regie: Bryan Barber Drehbuch: Bryan Barber Kamera: Pascal Rabaud Darsteller: André Benjamin, Antwan A. Patton, Paula Patton, Terrence Howard, Faizon Love u.a. |
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Gangster statt Gangstas |
Ein Musical, das uns zurückführt in eine romantisch verklärte Vergangenheit, die Handlung schlicht aber voll mit wildem Humor und bittersüßen Gefühlen, die Musik eine intelligente Mischung aus Authentischem und poppigem Neuen, die Darsteller hingebungsvoll, die Inszenierung überbordend und rasant, die Ausstattung und die Effekte ein schwelgerisches Fest, die Choreographie perfekt...
So ein Film muss einfach zum Erfolg werden. Oder auch nicht.
Bei Moulin Rouge, auf den diese Beschreibung zutrifft, stellte sich der Erfolg ein. Beim aktuellen Idlewild, den man mit den selben Worten beschreiben kann und der in wirklich keinem Punkt schlechter ausfällt als Moulin Rouge, bleibt der Erfolg aus. Woran liegt das?
Naturgemäß gibt es keine letztgültige Antwort auf diese Frage (viele Filmproduzenten glauben zwar DIE Antwort darauf gefunden zu haben, de facto werden aber immer noch zahllose erfolglose Filme gedreht) und so kann man über mögliche Gründe nur spekulieren. Unzweifelhaft spielt die Vermarktung hierbei ein wichtige Rolle und ein Film, der in München in einem einzigen Kino startet, wird naturgemäß kein Millionenpublikum erreichen.
Die bescheidene Vermarktung in Deutschland hängt möglicherweise mit dem mäßigen Erfolg des Films in Amerika zusammen, was nur zu weiteren Fragen führt. Warum war Idlewild in seiner Heimat nicht erfolgreicher? Und warum glauben manche Verleiher scheinbar immer noch, dass sich Erfolg oder Misserfolg eines Films in Amerika im Rest der Welt analog fortsetzt?
Dabei macht Idlewild im Grunde alles richtig.
Eine schmissige Gangstergeschichte aus dem US-amerikanischen Süden der 1930er Jahr, die die Erinnerung an frühe Jazzclubs aufleben lässt. Zwei Hauptdarsteller, die unter dem Namen Outkast seit Jahren erfolgreich die Popmusik bereichern und durch ihren Starstatus für eine gewisse Grundaufmerksamkeit sorgen müssten. Wunderbare Musik, die perfekt zwischen Blues, Jazz, R&B und Hip Hop wandelt. Ein
Ensemble hervorragender Darsteller, Musiker und Tänzer. Ein erfahrener Videoregisseur, der seine Kreativität endlich einmal in voller Länge ausspielen darf.
Und das alles durchaus in den konventionellen Bahnen von Musicalverfilmungen, maß- und stilvoll im Umgang mit sex and violence, frei von jeder Kontroverse und Alltagsproblematik, angesiedelt in einer realitätsnahen Kunstwelt. Ein makelloser feel-good-movie zum geistreichen Entspannen. Und trotzdem will ihn keiner sehen (Besucherzahl in der Nachmittagsvorstellung der einzigen Abspielstätte in München in der ersten Woche, am Kinomontag: 1 – in Worten: eins)
Man könnte vermuten, dass die jungen Zuschauer den Film meiden, da sie mit Musicals, Jazz und klassischen Gangstern (anstatt Gangstas) nur Langeweile assoziieren, während die alten Zuschauer vor Hip Hop, Musicvideoästhetik und popkulturellen Einflüssen zurückschrecken.
Dass die Leistung von Idlewild gerade darin besteht, all das zu vereinen und somit für beide Gruppen interessant zu machen, scheint niemand zu verstehen.
Moulin Rouge hat dieser Brückenschlag zwischen dem Jungen und dem Alten ja auch nicht geschadet bzw. wohl zu einem gewissen Teil sogar zu seinem Erfolg beigetragen.
Der ganz große Erfolg bleibt Idlewild in jedem Fall verwehrt, aber zumindest ein halbwegs akzeptables Einspielergebnis sollte er (trotz allen verleihtechnischen Fehlern) erreichen. Schließlich ist er für Fans der Band Outkast, für Freunde von (Film)Musicals und für echte Cineasten Pflicht.
Zurück bleiben einmal mehr die Erkenntnisse, dass Erfolg im Kino
(a) in keinem unmittelbaren Verhältnis zur Qualität stehen und
(b) er ein unberechenbares, scheinbar beliebiges Phänomen bleibt.