Die Frau des Zeitreisenden

The Time Traveler's Wife

USA 2009 · 107 min.
Regie: Robert Schwentke
Drehbuch:
Kamera: Florian Ballhaus
Darsteller: Rachel McAdams, Eric Bana, Ron Livingston, Brooklynn Proulx, Stephen Tobolowsky u.a.
Wo ist der Mann zum Ring? – Eine wartende Rachel McAdams

Schatz, ich bin dann mal kurz weg...

Es ist die roman­tischste aller Vorstel­lungen, dass die wahre Liebe alle Grenzen über­windet und sämt­li­chen Anfein­dungen standhält. Der neuste filmische Beitrag zu diesem Thema lautet Die Frau des Zeit­rei­senden. Basierend auf dem gleich­na­migen Best­seller von Audrey Niffe­negger werden hier große Gefühle mit einem Schuss Science Fiction versehen.

Die Liebe von Clare (Rachel McAdams) und Henry (Eric Bana) erstreckt sich über mehrere Zeit­ebenen ihres gemein­samen Lebens. Clare liebt Henry, seit sie ihm als kleines Mädchen auf einer Wiese begegnet ist. Damals kam er gerade aus der Zukunft und hat ihr sein Geheimnis anver­traut: er kann durch die Zeit reisen. Immer öfter kehrt er zu ihr auf die gemein­same Wiese zurück. Als erwach­sene Frau trifft Clare Henry zufällig in ihrer Zeit wieder und die beiden werden ein Paar. Ab diesem Zeitpunkt muss Clare sich aller­dings damit abfinden, dass Henry hin und wieder in eine andere Zeit verschwindet. Er kann diese Reisen ebenso wenig kontrol­lieren, wie den Zeitpunkt, an dem er sie antritt. Verant­wort­lich dafür ist eine seltene Gen-Anomalie. Trotzdem heiratet sie ihn und möchte die Mutter seiner Kinder werden. Aber weiß sie wirklich, auf was sie sich einlässt?

Der deutsche Regisseur Robert Schwentke (Flight­plan) erzählt in Die Frau des Zeit­rei­senden die Geschichte eines Mannes, der sich bei seinen unfrei­wil­ligen Reisen durch die Zeit ständig auf der Flucht befindet und eigent­lich nur versucht, mit der Liebe seines Lebens glücklich zu werden. Trotzdem ist es seine Frau, die im Filmtitel besondere Erwähnung findet. Denn Clare, so der Name dieser Frau, macht die eigent­lich utopische Beziehung mit Henry jenseits von Zeit und Raum erst möglich. Dabei zeichnet sie sich besonders durch die folgenden Eigen­schaften aus:

1. Geduld: Clares Leben besteht haupt­säch­lich aus Warten auf Henry. Egal ob auf der Wiese hinter ihrem Eltern­haus, bei ihrer eigenen Trauung, der gemein­samen Hoch­zeits­nacht oder zwischen Weih­nachten und Neujahr – Clare scheint nie der Gedulds­faden zu reißen. Eine solche Ausdauer findet man selten.

2. Gren­zen­loses Vertrauen: Henry ist auch schon mal bis zu zwei Wochen am Stück verschwunden. Er meldet sich nicht ab und Clare weiß nicht, wann er wieder­kommt. Sie hat keine Ahnung, was er tut und kann ihm auch nicht in die andere Zeitebene folgen. Sie weiß nur, dass er dort nackt ankommt. Aber Gedanken an einen untreuen Henry exis­tieren für Clare nicht.

3. Flexi­bi­lität: Clare beseitigt das zerbro­chene Geschirr, das Henry aus der Hand gefallen ist, als er beim Eindecken des Tischs unfrei­willig mit einer Zeitreise begonnen hat. Eigent­lich wollten die beiden gerade gemeinsam essen. Als Frau eines Zeit­rei­senden sollte man also nicht enttäuscht sein, wenn Pläne scheitern. Man sollte auch nicht zu sehr an alltäg­li­chen Ritualen fest­halten. Wenn man es trotzdem tut, wird man wahr­schein­lich enttäuscht, denn der Zeit­rei­sende bestimmt die Regeln und das Tempo des gemein­samen Lebens. Damit einher geht die Fähigkeit, verzeihen zu können: das Verschwinden und Auftau­chen des Partners, die Verwir­rung, den Schmerz und die Geheim­nisse. Das bedeutet aber nicht, dass man nach einem Streit die Situation nicht umdrehen und alle Möglich­keiten nutzen darf, um an sein Ziel zu gelangen. Clare zum Beispiel weiß die beson­deren Umstände ihrer Beziehung durchaus für sich zu nutzen, wenn Henry nicht in ihrem Sinne handeln will.

4. Ein hohes Maß an Leidens­fähig­keit: Henry ist immer genau dann verschwunden, wenn Clare seine Hilfe braucht. Meist ist Clare in brenz­ligen Situa­tio­nenen auf sich allein gestellt. Und auf die Kompli­ka­tionen bei einer even­tu­ellen Schwan­ger­schaft soll an dieser Stelle gar nicht einge­gangen werden. Nur soviel: Blut, überall Blut – und das immer wieder.

5. Die Fähigkeit zu bedin­gungs­loser Liebe: Die Frau eines Zeit­rei­senden darf den Glauben an die uner­schöpfliche Liebe niemals aufgeben. Clare schafft das meistens, weil sie weiß, dass Henry sie ebenfalls liebt. Sie glaubt fest daran, dass sie von Anfang an keine andere Chance hatte als ihn zu lieben und dass es keine andere Bestim­mung für sie gab.

Rachel McAdams ist die perfekte Besetzung für diese Frau. Seit ihrer Haupt­rolle im eindrucks­vollen Liebes­drama Wie ein einziger Tag von Nick Cass­a­vetes kann sie nahezu in jedem neuen Film begeis­tern. Nach ihrem Auftritt als Repor­terin in State of Play – Stand der Dinge ist sie als Clare nun erneut auf roman­ti­schen Pfaden unterwegs. Auch Eric Bana macht als Zeit­rei­sender Henry eine gute Figur und vervoll­s­tän­digt das Filmpaar Clare und Henry recht mühelos. Bei den beiden stimmt die Chemie. Und diese Tatsache macht Die Frau des Zeit­rei­senden dann auch inter­es­santer als viele andere kalku­lierte Hollywood-Insze­nie­rungen zum großen Thema Liebe.

Trotzdem ist nichts an diesem Film realis­tisch. Offen­sicht­lich war das aber auch nicht der Anspruch. Es geht vielmehr um die Darstel­lung einer Liebe unter äußerst erschwerten Bedin­gungen. Und diese erschwerten Bedin­gungen sind Henrys unvor­her­seh­bare Zeit­sprünge, bei denen er rein zufällig immer wieder wichtige Personen aus seinem eigenen Leben trifft, aber die Gescheh­nisse nicht beein­flussen kann. Geschichten über das Zeit­reisen gibt es viele. Oft haben diese Geschichten an irgend­einer Stelle einen Logik­fehler, so gut die Ereig­nisse auch durch­dacht scheinen. Wer nach solchen logischen Fehlern sucht, wird sie sicher auch in Die Frau des Zeit­rei­senden finden. Gegen Ende des Films werden Henrys Zeit­sprünge in die Vergan­gen­heit und die Zukunft immer wilder. Aber letztlich geht es gar nicht darum.

Regisseur Schwentke konzen­triert sich haupt­säch­lich auf die Liebes­ge­schichte von Henry und Clare und konzi­piert seinen Film als Gedan­ken­ex­pe­ri­ment über Liebe und ihre Grenzen. Obwohl die Insze­nie­rung an einigen Stellen recht konven­tio­nelle Züge aufweist, hebt Schwentke Die Frau des Zeit­rei­senden trotzdem deutlich über das Niveau von gängigem Hollywood-Gefühls­kitsch. Augen­zwin­kernd umschifft er dabei viele offene Probleme, die bei vorlie­gendem Stoff auto­ma­tisch auftau­chen, indem er sie einfach nicht thema­ti­siert. Und er kann immer auf seine Darsteller bauen. Das Ergebnis ist eine wirkungs­volle Romanze, die aufgrund der starken Emotio­na­li­sie­rung sicher nicht nach jederMANNs Geschmack sein dürfte. Allen anderen Personen erlaubt der Film, sich für fast zwei Stunden der roman­ti­schen Vorstel­lung hinzu­geben, dass es eine bedin­gungs­lose Liebe wie die von Henry und Clare tatsäch­lich geben könnte.