USA/GB/E 2014 · 151 min. · FSK: ab 12 Regie: Ridley Scott Drehbuch: Adam Cooper, Bill Collage, Jeffrey Caine, Steven Zaillian Kamera: Dariusz Wolski Darsteller: Christian Bale, Aaron Paul, Joel Edgerton, Sigourney Weaver, Ben Kingsley u.a. |
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Sklavenarbeit und der Herrscher |
Der Bibelfilm lebt. So scheint es zumindest. Erst im Frühjahr eroberte Darren Aronofskys Version der »Noah«-Geschichte die Kinosäle. In Form eines grimmigen Bilderreigens mit stark belehrenden Tendenzen. Ridley Scott hält dem nun eine Neuauflage des hebräischen Auszugs aus Ägypten entgegen und kommt dabei erfreulicherweise zumeist ohne moralischen Zeigefinger aus. Allzu verwunderlich ist das nicht. Immerhin gilt der Brite als bekennender Agnostiker, weshalb er den in der Heiligen Schrift skizzierten Ereignissen eher skeptisch gegenübersteht. Einen wirklich überzeugenden Film legt allerdings auch Scott nicht vor, was vor allem daran liegt, dass er, wie so oft in seiner langen Karriere, mehr auf das Überwältigungspotenzial der Bilder setzt als auf die ambivalenten Nuancen der Handlung.
Ägypten im Jahr 1300 vor unserer Zeitrechnung: Pharao Seti (John Turturro) behandelt den pragmatischen General Moses (Christian Bale) wie ein Mitglied seiner Familie und ist erst recht von ihm begeistert, als er Ramses (Joel Edgerton), dem leiblichen Sohn des Herrschers, während einer Schlacht das Leben rettet. Auf einer Erkundungsreise begegnet Moses kurze Zeit später dem Israeliten Nun (Ben Kingsley), der ihn über seine hebräische Abstammung aufklärt. Moses schenkt den Ausführungen des Sklaven keine Bedeutung, kommt aber schon bald in große Erklärungsnot. Denn nach dem Tod Setis erhält der neue Pharao Ramses Hinweise auf die wahre Herkunft seines langjährigen Weggefährten und verbannt diesen kurzerhand in die Wüste. Da Moses von einer Gruppe Ziegenhirten aufgelesen wird, entgeht er dem sicheren Tod und gründet in der neuen Gemeinschaft eine kleine Familie. Eines Tages erscheint ihm jedoch Gott und fordert ihn auf, das hebräische Volk aus der ägyptischen Knechtschaft zu befreien und es ins Gelobte Land zurückzuführen. Ein Auftrag, dem sich der ehemalige General schließlich verschreibt.
Interessante Ansatzpunkte hat Exodus: Götter und Könige durchaus zu bieten. Etwa die Idee, den Schöpfer als jähzorniges, mitunter spöttelndes Kind darzustellen. Ein Anblick, der immer wieder für Irritationen sorgt, recht unkonventionell anmutet, gleichzeitig aber auch einige unfreiwillige Lacher provoziert. Reizvoll ist zunächst auch die Figur des Moses, der als ungläubiger Skeptiker aufgebaut wird und daher ein recht zwiespältiges Heldenbild abgibt. Persönliche Zweifel und das Hadern mit seinem gottbestimmten Schicksal werden von Scott und seine vier Drehbuchautoren dann allerdings allzu oberflächlich abgehandelt, sodass die innere Zerrissenheit des Protagonisten recht schnell auf der Strecke bleibt. Jedes Mal, wenn der Film in die Tiefe gehen und die Beziehungen seiner Figuren (vor allem das brüderliche Band zwischen Moses und Ramses) eingehender beleuchten könnte, schmeißt der Regisseur die computergestützte Blockbuster-Maschine an und vertraut auf die Sogwirkung des Spektakels.
Ausladende Landschaftspanoramen, detailreiche Massenszenen und mitreißend inszenierte Kampfsequenzen versorgen Liebhaber großer Monumentalepen mit allen notwendigen Genre-Zutaten. Und ab einem gewissen Punkt wähnt man sich sogar in einem endzeitlichen Katastrophenstreifen samt düsteren Horrorfilmanleihen. Imposant und furchteinflößend zugleich gestaltet sich nämlich die Abbildung der biblischen Plagen, die ein wütender, rachsüchtiger Gott Ramses und dem ägyptischen Volk schenkt, da sie sich nicht zur Freilassung der hebräischen Sklaven durchringen können. Moses' große Aufgabe erscheint zumindest zeitweise in einem kritischen Licht. Unmissverständlich zum Ausdruck gebracht vom machthungrigen Pharao selbst, der nicht verstehen kann, welche Fanatiker einen Gott anbeten, der im Zuge der Plagen selbst die ägyptischen Kinder unbarmherzig sterben lässt. Eben diese kleinen, eindringlichen Momente zeigen das differenzierte Potenzial des Stoffes auf, werden aber stets von der Wucht der rasch neu anschwellenden Bilderflut erdrückt.
Wirklich zur Geltung kommen dabei freilich auch die zahlreichen, prominent besetzten Nebenfiguren nicht. Sigourney Weaver, eine Stamm-Aktrice des Regisseurs, wirkt als intrigante Mutter des Ramses bloß wie eine Stichwortgeberin, die sich zufällig in die Szenerie verirrt hat. Ähnliches gilt für Ben Kingsley, der die Unterdrückung des hebräischen Volks personifiziert, letztlich aber viel zu wenig Raum bekommt, um das Leiden seiner Gefolgsleute glaubhaft veranschaulichen zu können. Überspitzt formuliert, verheizt der britische Filmemacher hier gestandene Hollywood-Größen um ihrer Namen willen und befeuert damit nur noch mehr die durchaus berechtigte Kritik, die sich schon vor Veröffentlichung des Werks an seiner vorwiegend hellhäutigen Darstellerwahl entbrannte.
Mit Exodus: Götter und Könige erweist sich Ridley Scott einmal mehr als opulenter Epen-Erzähler, der es versteht, modernste Computertechnik in den Dienst beeindruckender Leinwandbilder zu stellen. Jenseits des Spektakels kommt seine Bibel-Verfilmung aber oft nicht über reizvolle Ansätze hinaus und dürfte das Publikum somit nur vorübergehend gefangen nehmen.