Deutschland 2010 · 119 min. · FSK: ab 12 Regie: Tom Tykwer Drehbuch: Tom Tykwer Kamera: Frank Griebe Darsteller: Sophie Rois, Sebastian Schipper, Devid Striesow, Annedore Kleist, Angela Winkler u.a. |
![]() |
|
Immerhin neu: Zwei Hetero-Schauspieler als Homo-Paar |
Liebe, das hat etwas mit Utopie zu tun. Darum genügt das, was ist, nie. Das, was (auch noch) sein könnte, ist erst einmal immer besser. Zumindest in der Vorstellung. Andererseits: Das Utopische der Liebe ist natürlich nicht nur das Glück zusammen, sondern auch, dass es für ein ganzes Leben auf Dauer gestellt wird. Zugleich liegt in der Utopie der Liebe auch die Möglichkeit, dass jeder der Partner seine eigenen Bedürfnisse weiter ausleben darf, ein Individuum innerhalb des Paares bleibt. Schließlich widerspricht das Utopische der Liebe eigentlich jedem Gedanken an Ausschließlichkeit. Wer sagt also eigentlich, dass man nur einen Menschen lieben darf, nicht mehrere gleichzeitig? Wer sagt, dass Liebe immer Zweierbeziehung heißen muss? Das sind die großen Fragen, die Tom Tykwers neuer Film zum Thema macht.
Tom Tykwers stilistische Handschrift war schon immer das überbordende Bewegungskino: Eine Fülle von Einfällen, ein virtuoser Umgang mit der Form, spontan und assoziativ, und dazu der Mut zum Pathos. Tykwer ist ein Kino-Besessener, der die Filmgeschichte gut kennt, und dessen Filme immer wieder um das gleiche zentrale Motiv kreisen: Möglichkeitssinn, das Spiel mit dem, was eine Situation auflädt und an Potential bereit hält: Spiele von Schicksal und Kontingenz, das Leben im
Konjunktiv. Zugleich aber das Gegenteil davon: Konstruiertheit, Überkonstruiertheit, Konstruktivismus.
Dies alles gilt auch für seinen neuen Film Drei. Ebenso allerdings, dass auch dieser Film nicht so klug und so gut ist, wie er es gern wäre. Sondern, dass sich Tykwer hier als das entpuppt, was er in seinen schlechten Momenten leider immer auch war: Ein Streber.
+ + +
Stimmt schon, man möchte diesen Film gut finden, ihn verteidigen gegen die Nörgler – aber irgendwie ist das alles eben doch ein ganz schön spießiges Ding. Die Vokabeln »sympathisch« und »liebenswert« fallen einem ein bei diesem Film, aber diese Worte enthalten ja selbst schon die Einschränkung.
Zum Beispiel: Als irgendwann davon die Rede ist, dass Sophie Rois, genauer, die von ihr verkörperte Hanna, keine Kinder hat, ist klar, dass sie irgendwann endlich schwanger sein wird. So ist das in Filmen, vor allem in deutschen. Jeder Topf bekommt einen Deckel, jede Frau muss Mutti werden – sonst fehlt was zum Glück. Warum eigentlich? Warum darf im deutschen Kino eine Frau nicht keine Kinder wollen und sagen, dass sie damit glücklich ist und es auch tatsächlich sein? Ohne
moralisch diskreditiert zu werden? Geht doch bei den Franzosen auch. Oder glaubt man bei den co-finanzierenden öffentlichen Fernsehsendern, damit der Bevölkerungspolitik zu nutzen? So blöd sind die Leute doch nicht. Jedenfalls: Je mehr Frauen im deutschen Kino schwanger werden, um so weniger Kinder werden tatsächlich geboren. Vielleicht gibt es da einen Zusammenhang?
Das ist nur so ein Gedanke. Mit Tom Tykwers neuem Film Drei hat das gar nicht so
viel zu tun, außer, wie gesagt, dass nach gefühlten zwei Filmminuten klar war: Sophie Rois wird im Laufe des Films schwanger...
+ + +
Das wäre auch nicht so schlimm, wäre es nicht so typisch für den Rest: Wahrscheinlich ist alles falsch an diesem Film, schon bei den Statisten und ihrer Inszenierung fängt es an. Aber das Schlimmste ist dieses augenzwinkernde Einverständnis mit den Zuschauern. Sind wir nicht alle ein bisschen Tykwer? Nichts fordert hier, nichts verlangt hier, alles dient sich an, sogar noch bei Schwulen und Lesben, weil dieser Film ja ach so gewagt und mutig ist. Dann dieses so bedeutungsvoll daherschreitende Pseudo-Philosophische, Pseudo-Sinngebende, Pseudo-Bedachtsame, was eigentlich nur Volkshochschulphilosophie und erzkonservativer Lebensentwurf ist. Darum ist Drei viel schlimmer, als das meiste andere Deutsche.
Eine Freundin, die man jetzt hier mal zitieren muss, mailt zu diesem Film: »Tykwer hat einen solchen Scheißfilm gemacht, dass man nie wieder Sex, eine Beziehung oder eine Wohnung in Berlin haben will, das ist degeto meets Peter Steiner, das ist richtigrichtig schlimm. ... Verstehe die Welt nicht mehr... Und man MUSS das mit den Franzosen vergleichen, die wollen was erzählen und nehmen das so ernst, dass es keine Überfrachtung gibt, wenn Sex, dann Sex, wenn Mönche, dann Mönche, wenn Sextouristinnen dann das, es ist immer, was es ist, vielleicht ist es bei uns mit den Filmemachern wie mit den Politikern, nicht der Job an sich ist das Problem, sondern die Menschen, die ihn ergreifen.«
+ + +
Die Bilder sind virtuos, der Splitscreen zeigt bis zu fünf Szenen über- und nebeneinander, die Dialoge wirbeln. 12 Jahre nach Lola rennt ist Tom Tykwer zurückgekehrt nach Berlin. Und vieles in Drei erinnert an seinen immer noch größten Erfolg, überhaupt an seine Anfänge auch mit Winterschläfer. Die Menschen sind älter geworden, das Leben etwas langsamer, aber immer noch abwechslungsreich genug: Sophie Rois und Sebastian Schipper spielen Hanna und Simon, ein Paar Anfang 40: Man lebt am Berliner Prenzlberg, arbeitet im Kulturbereich, hat keine Kinder und daher viel Zeit für Kino, Theater- und Ausstellungsbesuche. Ein unaufgeregtes, reifes Glück, das seine Routinen hat, und ein wenig abgestanden geworden ist, doch allem alltäglichen Auf und Ab zum Trotz ist für die beiden klar: Sie gehören zusammen und wollen nach 20 Beziehungsjahren nun auch heiraten. Das hindert Hanna nicht, sich zu Adam hingezogen zu fühlen, und eher aus Zufall mit ihm eine Affaire zu beginnen. Und als Simon eines Tages im Schwimmbad auf Adam trifft, dauert es auch bei ihm nur einmal Wettschwimmen mit anschließendem Hand-Job, und er ist verliebt...
Das war es dann auch schon, und als Hanna unerwartet doch noch schwanger wird, ist sie darüber glücklich wie es sich gehört, als sie hört, dass es Zwillinge sind – auch so 'ne bescheuerte Filmidee –, ist sie noch glücklicher, und der Film ist dann gleich aus, nachdem nur wenige weitere Filmminuten später am Ende alle drei gemeinsam lachen können. Das Szenario dieser ungewöhnlichen Menage-à-Trois ist, wie man merkt, ohne Frage recht ausgedacht. Und überhaupt ist Tykwer ein Regisseur, der auch hier wieder Manierismen und gelegentlichen Kitsch keineswegs scheut.
Gut: Es ist ein unerwarteter Knüller, diese Wendung in die schwule Liebe. Und es ist sehr richtig, die beiden Männer mit Devid Striesow und Sebastian Schipper zu besetzen, also zwei nicht nur sehr guten Darstellern, sondern auch zweien, die im Leben erwiesenermaßen nicht schwul sind und oft genug Hetero-Rollen gespielt haben. So gelingt die Überraschung und stellt den Tabubruch in den Schatten.
Betrachtet man die Figuren, die diesen Darsteller verkörpern, dann sieht es etwas anders aus: Hanna und Simon sind sehr real, Adam hingegen wirkt eher entrückt und ein wenig wie der erste Mensch: Unschuldig und weltfern, einer, der im Chor singt wie ein Engel, einer, der Biologe ist, und mehrere, mehr oder weniger gleichrangig lose Verhältnisse zu beiden Geschlechtern hat.
Als das zentrale Ereignis dann passiert ist, passiert nicht mehr viel und der Film schleppt sich so weiter durch seine zweite Hälfte. Dass die gemeinsame heimliche Liebe zu Adam die Beziehung von Hanna und Simon dann aufmischt, ist vor allem eine Behauptung, die durch den Film wabert, die man aber nicht glaubt.
Drei ist auch ein witziger Film, der sehr gut da funktioniert, wo er eingeschliffene Paarbeziehungen aufs Korn nimmt, und das Leben der Mittelschicht ironisiert: Wohlhabende Menschen, die Bildung und Geschmack keineswegs vor der Verspießerung schützt. Zugleich immer wieder dieses aus deutschen Filmen leider vertraute Gefühl: Hier stimmt doch was nicht. Alles Mögliche. Dort ist der Ton falsch. Das da ist geschrieben, ausgedacht, etc. Völlig daneben liegen zum Beispiel die Szenen, in denen Hanna bei ihrer Arbeit als TV-Moderatorin gezeigt wird. Jeder, der ab und an Fernsehen guckt, weiß: So redet keiner, da sieht man nur Intellektuellen-Klischees wie sie sich ein Anti-Intellektueller vorstellt. Dabei ist Tykwer das ja gar nicht. Er schafft es nur nicht, in solchen Momenten seinen Figuren Leben einzuhauchen. Tykwer sollte einfach nicht selber, jedenfalls nicht allein schreiben, sondern sich einen guten (Co-)Autor zulegen.
+ + +
Was er dafür wirklich kann: Seinen Bildern Leben einhauchen. Sie in einen Wirbel und Schwung zu versetzen, dynamisch und präzis in Bildern zu erzählen. So unpräzis und doof manche Dialoge, so präzis und gut gewählt die (meisten) Bilder. Filmisch gelingt Tykwer damit viel. Zugleich ist da diese Kontrollfreakhaftigkeit, dieses Ausstellen, dessen, was man kann. Ob das eitel ist – ist es schon ein bisschen –, ist gar nicht die Hauptfrage, auch nicht, ob Tykwer das kann – er kann es unbedingt, und er kann es sehr gut –, sondern wozu es eigentlich gut ist? Tykwer behauptet die Möglichkeiten des Kinos. Damit behauptet er zugleich die Freiheit, seine Freiheit mit diesen Möglichkeiten. Er behauptet es so lange, bis man daran zweifelt. Und er behauptet es so lange, bis einem der elementare, völlig absurde Widerspruch dieses Films auffällt: Dass ein Film, der so stark für Anti-Determinismus und Freiheit plädiert, dann so konstruiert und schematisch ist.
Da ist zwar schon das Vergnügen am bloßen Einfall, am Spiel, am Unabgesicherten. Aber es ist da immer schaumgebremst.
So lässt der Film am Ende doch seltsam kalt. Tykwer kann alles, und macht viel. Dazu gehören dann auch Mätzchen: Mal so ein typisches Tykwer-Spiel mit den Zahlen 3 und 9: Schippers Mutter, deren Lieblingszahlen das waren, nimmt am 3.9. um 9.03 Uhr 39 Schlaftabletten, wird dann von ihrer 39 Jahre alten Tochter gefunden, die mit dem ICE für 39 Euro gekommen war... Naja...
+ + +
Mit einer Grabbelkiste hat Esther Buss diesen Film verglichen, und so ist es: Viel zu viel, auch viel Gutes, aber eben nicht nur.
Man kann sich das schon vorstellen: »Mach' doch mal wieder was, wie Lola rennt«, das bekam Tykwer seit 1998 bestimmt oft zu hören, und er hat die Rufe erhört. Ganz so flott ist alles aber doch nicht, eher »Lola flaniert«. Drei ist ein spürbar
persönlicher Film, die Rückkehr ins Vertraute hat Tykwer gutgetan, aber auch kühl und seltsam leblos. Das Gefühl ist schon da, steckt aber in der Form, hinter der Form.
Das, was Tykwer offensichtlich an diesem Stoff interessiert, ist die Liebesutopie als solche, das Plädoyer für Freiheit und eine realitätssatte gesellschaftliche und kulturelle Momentaufnahme unserer Gegenwart. Die Ausstattung – Uli Hanisch – ist sehr stimmig: Die Altbauwohnung des Wessipärchens, die Platte in der Leipziger Straße von Adam. Der ganze Kunst- und Kulturzinnober...
Ökonomisch ist das erzählt. Die Moral liefert eine Dialogszene zwischen Striesow und Schipper: »Du musst nur Abschied nehmen...« – »Wovon denn?« – »Von deinem deterministischen Beziehungsverständnis.« Wie gesagt: Schon ein bisschen absurd, dass ein Film, der so für Anti-Determinismus plädiert, so determiniert und schematisch ist.
+ + +
Glauben tut man das alles sowieso hinten und vorn nicht: Sophie Rois, nein, sorry, nehme ich Schipper genausowenig als Love-Interest ab, wie Striesow. Das gefällt den zuguckenden Frauen, nach einer unrepräsentativen Umfrage im Kino, so wie den Männern die von Carina Wiese in zwei kurzen Szenen prägnant gespielte Ärztin besser gefällt, und sie Schipper, äh: Simon noch im Nachhinein wünschen, er hätte damals seine Freundin verlassen. Dass diese Momente so gut funktionieren, liegt auch daran, dass die Wiese die Rois mal kurz mit links in den Schatten stellt, was wiederum damit zu tun hat, dass die Rois nie ihre Linie findet, immer wieder überspannt in Theatermanierismen verrutscht, ins Kasperletheater und Klamottige und Chargierende, mit einer nervtötend überbetonten Schrulligkeit, als wäre sie in einer österreichischen Horrorkomödie die Hexe, obwohl man diese ihre Figur doch ernst nehmen muss.
Bilder, die nicht oder nur schlecht funktionieren, gibt es auch: Da wäre einmal die generelle Glätte, das Schwurbelige, das Frank Griebe immer dann hat, wenn man ihn nicht diszipliniert, also immer bei Tykwer. Die zuviele Musik macht’s noch schlimmer. Hochtrabend nervtötend: Eine ganz schön lange Tanzszene im Weißen Raum zu Beginn. Schon klar: Sascha Waltz. Aber wen interessiert das, außer Ballett-Experten? Es stört hier nur. Was auch stört: diese dauernde Kennerschaft und Bedeutungshuberei und Wichtigtuerei: Dewey hier, Shakespeare da, Moby Dick und Bachmann, Die Vögel-Plakat an der Wand, und Thomas Struth-Poster daneben, Robert Wilson und René Pollesch, Hesses »Stufen« und Nachkriegsdeutschland, Körperwelten und Debussy, Burka-Debatte und Hodenkrebs... Nichts, aber auch gar nichts fehlt, außer Thilo Sarrazin. Das sind keine klug gewählten Zeichen, die zu entschlüsseln und mit Bedeutung für den Film zu versehen, Freude machen könnte, sondern hier ist alles mit Bildungsgut durchsetzt, wie bei Menschen, die ihr Abi auf dem zweiten Bildungsweg gemacht haben und zu recht stolz drauf sind, das aber dann leider dauernd zeigen müssen.
Oder auch: Einmal liegt ein offenbar vom Himmel gefallenes Baby auf einer Decke und dahinter läuft der Fernseher: Darfour, Bagdad, Petersburg, China, alles in 20 Sekunden. »Gute Güte!« hätte meine Großmutter gesagt.
Dann als Rois schwanger ist: Ein Kind in Großaufnahme, man denkt schon nein: bitte nicht jetzt das noch, aber ja: Im Fruchtwasser, riesig groß. Und dann – das auch noch gleich hinterher! – mal wieder Ultraschalluntersuchung. Geht gar keine
Kinoschwangerschaft mehr ohne das und ohne den Schwangerenbauch-Fetischismus? Oder sind das Männerphantasien, zumal Tykwer ja gerade Vater geworden ist? Meine jedenfalls nicht.
Oder: Wenn Angela Winkler sagt, dass sie bald stirbt, dann kommt ein Schnitt auf die Süddeutsche Zeitung (muss man dafür eigentlich bezahlen? Wieviel?) mit der Schlagzeile: »Erdbeben in Südostasien«. Soll uns das sagen, dass das Kleine das Große spiegelt, dass es Wichtigeres gibt, als tote Eltern oder gerade im Gegenteil, oder das die Welt weitergeht oder wie oder was? Am Ende ist so etwas nicht präzis, sondern allgemeines Raunen: Jaja, die Welt...
Und: Jaja, das Leben. Denn als ob das nicht schon mehr als genug wäre, streut Tykwer auch noch mehr Berlinereien – Burgermeister, Badeschiff, Mauerpark – und Bedeutungsgehuber in seinen Film: E-Reader, Ethikrat, Sterbehilfe, Stammzellforschung, Burkadebatte – ja geht’s noch? Mag schon sein, dass das ein Portrait der kreativen Berliner Forty-Somethings ist, die Kultur zu ihrem primären Bezugssystem erklärt haben, und es stimmt genau, was Christiane
Peitz geschrieben hat: Dies ist »ein Heimatfilm für Städtebewohner.« Aber trotzdem: es ist alles viel zu viel, viel zu ausgestellt und vor allem viel zu glatt. Das Berlin, das Tykwer zeigt, ist ungemein sauber, so sauber wie ein Film von Doris Dörrie. Also viel zu sauber. Clean. Wie die Massenorgie in Das Parfum. Zum Stadtleben gehören Dreck, Unangenehmes, Herausforderndes, soziale Kontraste.
So ist dieser Film Konzeptkunst: eine Wirklichkeitsinstallation.
Aber Liebe ist ja nicht nur eine Utopie, sie ist auch Freiheit. Die Freiheit zum Irrtum: »Symmetrie. Fremdgehen. Bereuen. Nicht Kinder. Doch Kinder...«
+ + +
Drei hat also bei aller Sympathie seine klaren Grenzen. Was letztlich richtig gut ist, hier, das sind die Zeitbezüge: Wie gesagt: Tykwer wirft mit ihnen planlos umher, wie ein Kind, das mit Murmeln spielt. Aber immerhin dürfte es diesem Film gelingen, dass man ihn später mal auf die Signatur der Gegenwart des Jahres 2010 hin abklopft.
Wie viele Filme zur Zeit, erzählt auch Tykwer von Sinnleere und Einsamkeit im Leben der 30-, 45-jährigen Wohlstandsbürger des Westens. Eine zweite Lesart des Films wird dabei aber ebenfalls nahegelegt: Das müde Wessi-Paarleben bekommt durch einen Ossi einen neuen Kick. Der aus Cottbus stammende Adam liest zwar keine Bücher, dafür ist er potent, sexuell aktiv und offen, zieht Fußball und Stadionbesuche mit Bier dem Besuch einer Vernissage vor und arbeitet zudem als Stammzellforscher – also an der Neuerfindung der Menschheit.
Und ist das nun jetzt ein Film für oder gegen die neue Wendung ins Konservative, die bürgerliche Kleinfamilie, den Trend zum Doch-noch-heiraten?
Die letzte Einstellung gibt die Antwort: Eine heilige Patchwork-Familie. Keine Pointe, kein Scherz, sondern ein religiöses feierliches, todernstes Bild, von einer doofen Heiligkeit wie am Ende von Heaven: Moderne Mythologie. Erzkonservativ. Der neue Prenzlauer Berg im neuen Berlin. Schwarzgrüner Schwulst. Gesucht wird: Errettung. Billy Wilder hätte stattdessen einfach geendet: Nobody’s perfect.
PS: Tykwers nächster Film erzählt übrigens die Fortsetzung und heißt dann Fünf. Wie? Ist das jetzt echt so, oder was? Tja...