USA 2018 · 130 min. · FSK: ab 12 Regie: Steven Caple Jr. Drehbuch: Sylvester Stallone, Juel Taylor Kamera: Kramer Morgenthau Darsteller: Michael B. Jordan, Tessa Thompson, Sylvester Stallone, Phylicia Rashad, Florian Munteanu u.a. |
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Gleich geht die Faust aufs Auge |
Im epischen Rocky-Ableger Creed – Rocky’s Legacy schaffte es Ryan Coogler vor vier Jahren, das Universum von Rocky Balboa erneut zum Leben zu erwecken. Jetzt geht der Kampf von Adonis Creed in die zweite Runde, und Steven Caple Jr. liefert endlich das Spektakel, worauf die ganze Welt gewartet hat.
»Runde für Runde, lernst du mehr über dich selbst. Doch als ich im Ring stand, ging es nicht mehr nur um mich.« Der junge Boxer Adonis Creed steht am Höhepunkt seiner Karriere, als der russische Ex-Champion Ivan Drago den werdenden Vater aus der Bahn wirft und ihn zu der wohl gefährlichsten Entscheidung seines Lebens drängt.
Michael B. Jordan alias Creed baut sich im zweiten Teil des Spin-Offs schon fast seine eigene Legacy auf. Der Erbe Apollos hat den Willen, endlich zu zeigen, wer er ist. Der junge Schauspieler schafft es, sowohl die Angst als auch die bösen Triebe in Schach zu halten. Nicht zu übersehen ist die absolut beeindruckende Physis des Boxers, die zwar neben der Figur des Viktor Drago (Florian Munteanu) in einigen Szenen ein wenig zurückstecken muss, aber in den privaten Trainingssequenzen mit Rocky durchaus eine schlagkräftige Präsenz hat. Auch das Comeback von Dolph Lundgren als russischer Bösewicht Ivan Drago ist exzellent gelungen. Die Kultfigur Rocky Balboa, wird von keinem geringeren als dem Italian Stallion Sylvester Stallone gespielt und ist auch in diesem Teil als Mentor Creeds nicht wegzudenken.
Neben den großen und wuchtigen Kerlen, sind es in diesem Film vor allem aber die durchsetzungsfähigen Frauen wie Creeds Verlobte Bianca (Tessa Thompson), seine herzensliebe Adoptivmutter und Ludmilla, die eiskalte Ex-Frau von Ivan Drago (Brigitte Nielsen), die sich von anderen abheben. Sie verkörpern Stärke und Unabhängigkeit und erweitern dadurch den Blick auf ein aktuell brisantes Thema: die Rolle der Geschlechter.
Die tiefergreifenden Szenen bei Creed II finden wir allerdings nicht primär in der Arena, sondern im Privatleben des berühmten Nachkommen von Apollo. Hier behandelt der Film die zentrale Frage, die während der vielen Fights und blutigen Szenen aufkommt: Was bedeutet Männlichkeit?
Die Einblicke in die Beziehung zwischen dem aufstrebenden Box-Champion und seiner Verlobten Bianca zeigen außerhalb des Rampenlichts weitere Konflikte auf. Den größten davon führt der Champ mit sich selbst. Während er sich entscheiden muss, ob er die Herausforderung von Viktor Drago annimmt, versucht er, auch seinen Aufgaben als Ehemann und Vater gerecht zu werden. Auch wenn die Handlung des Films keine bahnbrechenden Neuheiten aufweist, so ist in der Fortsetzung das Aufeinandertreffen der beiden Söhne, die um die Ehre ihrer beiden Väter kämpfen, doch sehr ergreifend erzählt.
Zwischen dem ganzen Sportgedöns gibt es auch viele Sequenzen, die die Rolle des Mannes in der heutigen Generation neu aufmischen. Adonis Creed muss mehr als nur einer Verpflichtung nachkommen und auch Viktor Drago, der im finalen Fight nicht nur körperliche Schläge einstecken muss, wird gefühlsmäßig nicht außen vor gelassen. Er kämpft, wie auch schon sein Vater in Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts, um die Anerkennung seiner Mutter. Jeder der angerissenen Konflikte wird angemessen beleuchtet, und doch schafft es der Regisseur, den Plot nicht zu überladen. Auch Balboa muss sich erst dazu überwinden, erneut gegen die Familie Drago zu kämpfen und rettet zu guter Letzt auch noch die kaputte Beziehung zu seinem Sohn.
Nicht zu vergessen in der Erweiterung der Rocky-Saga sind die brutalen Hip-Hop-Soundtracks, die sich durch die Kinoboxen hämmern. Vor allem in den intensiven Trainingssequenzen, die mit schneller Kameraführung für den nötigen Schwung sorgen, imponiert der passende Sound. Bestes Beispiel hierfür sind die Szenen à la Rocky in der Wüste, die Adonis zu einer neuen Art von Kampfmaschine formen. Der finale Fight, welcher musikalisch von Tessa Thompson eingeleitet wird, brilliert mit gewaltigen Bässen. Der Titel »I will go to war« verschafft dem Sohn von Apollo Creed im wichtigsten Kampf seines Lebens den nötigen Respekt und lässt die Arena schaudern. Auch die bereits bekannten Tracks aus der Rocky-Saga dürfen in dem Spin-Off natürlich nicht fehlen. Das bekannte Rocky Theme »Gonna Fly Now« wurde für die Creed-Reihe erneut aufgegriffen und neu inszeniert. Die Musik passt also wortwörtlich wie die Faust aufs Auge.
Im Aufbau unterscheidet er sich kaum von anderen Boxerfilmen: Favorit kämpft mit Underdog – Niederlage mit schweren Verletzungen – Champ kämpft sich wieder zurück ins Leben – erneuter Kampf zwischen den Rivalen mit überraschendem Ende. Und dennoch wird sehr viel Wert auf gefühlsbetonte Szenen gelegt. Auf diese Weise wird das Geschehen schlagartig greifbar und lebendig. Letzten Endes ist es aber vor allem die Performance von Balboa und Creed, die überzeugt.
Fazit: Großer Fanstoff mit brutaler Vorgeschichte und dem nötigen Fingerspitzengefühl.