USA 2019 · 91 min. · FSK: ab 16 Regie: David Yarovesky Drehbuch: Brian Gunn, Mark Gunn Kamera: Michael Dallatorre Darsteller: Elizabeth Banks, David Denman, Jackson A. Dunn, Jennifer Holland, Gregory Alan Williams u.a. |
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Mega-Genre-Mix: Superhelden-Horror-Coming-of-Age |
Brightburn ist der Name einer fiktiven Stadt in Kansas (USA) und Schauplatz des Filmgeschehens der neuesten Produktion von James Gunn, der vor allem mit Guardians of the Galaxy (2014) und Guardians of the Galaxy Vol. 2 (2017) große Kinoerfolge feierte – die Dreharbeiten zu Teil 3 der Superhelden-Weltraum-Movies sollen bereits 2020 beginnen. Brightburn ist zwar erfunden, aber von den Drehbuchautoren Brian und Mark Gunn (Bruder und Cousin von James) so stereotypisch konzipiert, das sie eine der vielen ländlichen Kleinstädte in Amerika sein könnte.
Brightburn – Son of Darkness handelt von der Hauptfigur Brandon Breyer (Jackson A. Dunn), der 2006 als Baby in einer kleinen Raumschiff-Kugel aus dem Weltall auf der Erde landet und von den wichtigsten Nebenfiguren des Films Kyle Breyer (David Denman) und Tori (Elizabeth Banks) gefunden wird. Das kinderlose Ehepaar, welches schon länger vergeblich versucht, Nachwuchs zu bekommen, nimmt ohne groß zu zögern, das hilflose Wesen aus dem unbekannten Flugobjekt auf und zieht es wie einen eigenen Sohn groß. Fortan genießen die drei das Leben einer kleinen, glücklichen Familie, doch im Jahr 2018 feiert Brandon seinen zwölften Geburtstag, der Junge kommt allmählich in die Pubertät und Probleme häufen sich. Bei ihm handelt es sich allerdings nicht (nur) um’s gewöhnliches Erwachsenwerden samt aller damit verbundener Schwierigkeiten: Etwas Merkwürdig-Mysteriöses, das nachts vom Scheunenboden auf dem Breyers-Grundstück rötlich-pulsierend leuchtet und zu ihm in einer fremden Sprache spricht, zieht den Jungen hypnotisch an und befiehlt ihm, sich die Welt zu nehmen. Da trifft es sich für den 12-Jährigen gut (für den Rest der Welt aber nicht), dass er hochintelligent ist – in seiner Schule zählt er zu den besten 0,1 % aller Schüler – und zudem Superkräfte hat, die er gerade entdeckt und die ersten Male einsetzt. Brandon nutzt seine Gaben allerdings nicht, um Gutes zu bewirken, sondern richtet sich fortan mehr nach Motto: »Wenn Menschen manchmal schlimme Dinge tun, dann aus gutem Grund«.
Brightburn erweist sich als Mischung aus verschiedenen Filmgenres und ist nur schwer in eine cineastische Schublade zu stecken. Zum einen ist das filmische Werk Science-Fiction, denn Brandon kommt in einem UFO zur Erde und ist sprich- wie wortwörtlich „nicht von dieser Welt“. Zum anderen ist der Streifen aber auch ein teils klassisches Familiendrama: Er erzählt viel von den Breyers, sowohl der Beziehung der Eheleute Tori und Kyle untereinander (die ja zunächst frustriert ohne Kind leben müssen, dann aber das Alien-Baby im Wald finden), als auch die Eltern-Kind-Beziehung zwischen Tori & Kyle zu Brandon (wobei sich das Leben zwischen Vater und Mutter häufig um die Erziehung des Sohns dreht), als zwei der bekanntesten, kleinsten sozialen Zellen „Vater-Sohn-“, sowie „Mutter-Sohn-Verhältnis“. Zum Drama wird der Film im Verlauf der Geschichte, nämlich wenn der Sohnemann heranreift und Konflikte hervorrufende Probleme verursacht, die sich auch auf das Familienleben auswirken und schlussendlich höchstdramatische Züge annehmen.
Brightburn ist aber auch Coming-of-Age-Film, denn er thematisiert das Heranwachsen des Protagonisten und legt dabei den Fokus auf die wohl schwierigste Zeit im Leben junger Menschen: die Pubertät. Interessant dabei ist, dass zu den üblichen Hindernissen des Teenager-Alltags – Brandon entwickelt unter anderem das erste Mal Gefühle für ein Mädchen, nämlich seine Mitschülerin Caitlyn (Emmie Hunter) – größere Lebensaspekte hinzukommen, beispielsweise die Erfahrung und Verarbeitung, dass er ein Außerirdischer ist (bis zum 12. Lebensjahr hatten seine Eltern ihm bloß gesagt, er sei adoptiert). Einen gesunden Reifeprozess des Jugendlichen erschwert dabei zusätzlich, dass Brandon übernatürliche Fähigkeiten besitzt und dies erstmals realisiert, denn er benutzt sie im Zustand von Enttäuschung, Wut, Überforderung und Verzweiflung, was keine positiven Folgen für ihn und seine Umwelt nach sich zieht. Das cineastische Werk wurde von der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) wegen seiner teils brutalen Bilder gerechtfertigt mit einer Altersfreigabe von 16 Jahren versehen, doch verfehlt der Coming-of-Age-Film damit auch diejenige Zielgruppe junger Menschen, welche sich (zumindest teilweise) mit der pubertierenden Hauptfigur hätten identifizieren können, seine Fehler beobachten und sich auf’s eigene Leben bezogen davon hätten distanzieren können, sodass der Film keinen positiven Effekt auf Jugendliche unter 16 Jahre ausüben kann.
Brightburn ist vor allem aber eines: Horror. Er zeigt den Anfang der Laufbahn eines Serienkillers, der schon in jungen Jahren zig Morde auf seiner Todesliste verbucht. Als Gruselstreifen punktet er dabei mit einigen schönen audio-visuellen Jump Scares (etwa wenn Brandon seine Opfer im Flug sprunghaft attackiert), sowie auch ein paar tonalen Erschreckmomenten (z.B. wenn Caitlyn Abends in ihrem Mädchenzimmer im Bett liegt und es plötzlich laut an der Zimmertür klopft). Die größte Stärke des Thriller-Schockers sind aber seine ekelhaftesten Momente: Beispielsweise wenn Brandon jemandem ein großes Loch in den Kopf lasert oder – siehe Filmtrailer – der Restaurantbedienung Erica (Becky Wahlstrom) ein Glassplitter einer zerbrochenen Deckenleuchte in’s Auge fällt und die Kamera dies – sowie zum Glück auch die „Splitterentfernung“ – detailliert in Nahaufnahmen abbildet. Solche Szenen und Sequenzen sind intensiv spürbar und dürften das Herz von Horrorfans höher schlagen lassen, wobei die hochwertig am Computer erstellten Bilder auch gut situiert und über den Film verteilt eingesetzt sind, den Betrachter dabei aber nicht vollends verstört vom Hocker hauen (ähnliches und vor allem härteres gab es in anderen Filmen eigentlich schon zu sehen).
Brightburn ist allerdings kein klassischer Gruselstreifen und lässt sich auch schwer einem der vielen Subgenres des Horrors zuordnen, denn der im Zentrum des Werks stehende Handlungsträger ist kein gewöhnlicher Killer, sondern ein Superheld. Nun ja, ein (klassischer) Superhero ist Brandon eigentlich auch nicht, denn solche zeichnet bekanntermaßen aus, dass sie heroisch sind, für das Gute kämpfen und Werte vermitteln wie Ehre, Gerechtigkeit, und Frieden – allen voran der erste und weltbekannteste Superheld der Comicgeschichte, nämlich Superman. Doch Brandon teilt einige übermenschliche Eigenschaften mit dieser Figur, welche auch Protagonist vieler Superhelden-Filme ist, beginnend mit Superman and the Mole Man (1978) und dieses Jahr wieder zu sehen in The Justice League – Part Two. Der Junge ist anscheinend unverwundbar (Pistolenkugeln prallen an ihm ab, doch hat auch er wie der sich zur Tarnung genannte Clark Kent ein „Kryptonit“), besitzt enorme physische Stärke, kann fliegen, Gegenstände telekinetisch bewegen, mit den Augen Laser verschießen … Brandon wirft sich zudem ein Cape über (wie beispielsweise Batman, einem der anderen berühmtesten Helden aus dem DC-Comic-und Filmuniversum) und trägt eine Gesichtsmaske (man denke z.B. an Spiderman, einem der Vorzeigehelden der MARVEL-Comics und des Marvel Cinematic Universe).
Neben den oben genannten Themen beinhaltet Brightburn zusätzlich einen sozialkritischen Aspekt, und zwar die liberale Regelung von Schusswaffenbesitz und -einsatz in den USA. Brandon feiert nämlich seinen zwölften Geburtstag zusammen mit Vater Kyle, Mutter Tori, Onkel Noah (Matt Jones) und Tante Merilee McNichol (Meredith Hagner) in einem Diner und bekommt vom Bruder seines Vaters ein erstes Gewehr geschenkt. In Deutschland wäre dies undenkbar, ein strenges Waffenrecht macht den Besitz und Einsatz von Schusswaffen nur unter besonderen Umständen möglich (v.a. als Polizist, Sportschütze oder Jäger), in den USA aber lassen einige Eltern ihre Kinder dank lockerer Gesetzesregelungen schon in jungen Jahren das scharfe Schießen üben. Während sich Brandon zunächst über das Geschenk von Onkel Noah freut, ist Vater Kyle gar nicht erfreut und überlässt dem Jungen nicht das Schießwerkzeug, mit der Begründung, er sei noch zu jung dafür. Während Mutter Tori dem Sohnemann eigentlich sein Geburtstagsgeschenk und Spielzeug geben will, wirft Merilee ihrem Mann später vor, sie habe ihm doch gesagt, ein Gewehr sei nicht das richtige Präsent für einen 12 Jahre alten Jungen. Im weiteren Verlauf der Story macht der Film dann noch deutlich auf die Gefahren des Besitzes und Einsatzes von Schusswaffen aufmerksam, denn die zur Diskussion stehende Waffe kommt mit dramatischen Folgen zum Einsatz.
Brightburn ist ein technisch ordentlicher Gruselstreifen, der vor allem mit einigen ekelig animierten Bildern Wirkung zeigt. Auch die schauspielerischen Leistungen sind anzuerkennen, hauptsächlich die erfahrene Star-Schauspielerin Elizabeth Banks (überwiegend bekannt aus der Die Tribute von Panem – The Hunger Games-Quadrologie) glänzt als liebevolle Mutter, die bis zuletzt an das Gute in ihrem Sohn glaubt. Auch der Kinder- und Nachwuchsdarsteller Jackson A. Dunn – Filmdebüt mit The Scent of Rain and LightningI (2017) – gibt eine gute Figur ab in seiner ersten Hauptrolle als Psychopathen-Mörder mit Superkräften. Die Gunns haben sich mit der Frage, was passieren würde, wenn (jemand wie) Superman nach seiner Landung auf Mutter Erde im Laufe seines Reifeprozesses nicht zum Strahlemann, sondern Bösewicht wird, eine interessante Idee präsentiert und passabel umgesetzt, allerdings hätte man aus dieser Prämisse noch mehr herausholen können. Unklar sind nach Brightburn nämlich die Hintergründe von Brandons Herkunft und Ankunft auf der Erde – vielleicht ist dies dann aber der Stoff für eine Fortsetzung.