Asterix & Obelix im Reich der Mitte

Astérix & Obélix: L'Empire du Milieu

Frankreich 2023 · 112 min. · FSK: ab 6
Regie: Guillaume Canet
Drehbuch: , ,
Kamera: André Chemetoff
Darsteller: Guillaume Canet, Gilles Lellouche, Marion Cotillard, Vincent Cassel, Jonathan Cohen u.a.
Filmszene »Asterix & Obelix im Reich der Mitte«
Da hört der Spaß sogar für unsere Helden auf...
(Foto: Leonine)

Beim Teutates! Aufhören!

Die fünfte Realverfilmung des Asterix-Franchise ist die erste ohne Gérard Depardieu und in Frankreich ein großer Erfolg. Warum nur?

»Mir graut vor Essig, wenn er zu sehr perlt!« – Großer Asterix Band XI

Über den Nieder­gang des Asterix-Fran­chises dürften nach den zahllosen verzwei­felten jour­na­lis­ti­schen Hilfe­rufen inzwi­schen auch erste Doktor­ar­beiten erschienen sein. Kein Wunder, denn bei inzwi­schen fast 400 Millionen verkauften Alben gelten die bislang erschie­nenen 39 »Asterix«-Bände nach der Bibel und »Harry Potter« als die meist­ver­kauften Druckerzeug­nisse der Welt. Dass der quali­ta­tive Untergang bereits mit dem Tod von Texter René Goscinny im Jahr 1977 einsetzte – dessen künst­le­ri­sche und persön­liche Unwucht sich jeder in Amandine Fredons und Benjamin Massou­bres Der kleine Nick erzählt vom Glück ansehen sollte – scheint aber nur die wenigsten Leser gestört zu haben, hatte sich das Werk doch inzwi­schen weltweit so felsen­fest im kollek­tiven Unbe­wussten fest­ge­setzt, dass es nur dann und wann die immer ober­fläch­li­cher und hammer­wit­ziger daher­kom­menden Neuer­schei­nungen brauchte, um alte Glücks­neu­ronen zu reak­ti­vieren. Daran änderte sich auch nichts, als Uderzo ein paar Jahre vor seinem Tod im Jahr 2020 seine Aufgaben an neue kreative Teams vergab, die wie Trainer einer ausge­laugten Fußball­mann­schaft auch bald schon wieder verschwunden waren. Und auch die animierten filmi­schen Auskop­pe­lungen blieben weit unter der fanta­sie­vollen, inno­va­tiven Qualität der frühen Alben.

Doch schlimmer geht immer, das weiß jedes noch so naive Kind und jeder in unseren geseg­neten kapi­ta­lis­ti­schen Breiten aufge­wach­sene Voll­pfosten, so dass dann auch die seit 1999 erschie­nenen Real­ver­fil­mungen mit Gérard Depardieu zu veri­ta­blen Erfolgen an der Kinokasse wurden. Dass das nicht unbedingt an Depardieu gelegen hat, zeigt sich in der nun fünften Real­ver­fil­mung, die erstmalig ohne Depardieu abgedreht wurde und es zum besten Kinostart eines fran­zö­si­schen Films seit 2008 gebracht hat.

Uff, uff, uff – ist da viel­leicht Depardieu-Bashing mit ihm Spiel? Viel­leicht wollen es die Franzosen dem inzwi­schen zum Putin-Freund gerierten und in zahl­reiche MeToo-Skandale verstrickten einstigen fran­zö­si­schen Groß­schau­spieler einfach zeigen; zeigen, dass er besser in Russland bleiben sollte, zeigen, dass Gilles Lellouche als neuer Obelix einfach besser und mit Guillaume Canet als neuem Asterix fantas­tisch harmo­niert. Oder ist es einfach nur der übliche Schuss Asterix, den jeder ab und an braucht?

Denn der Film kann es wirklich nicht sein, auch wenn er sich mit seiner Einbe­zie­hung Chinas – eine chine­si­sche Prin­zessin bittet das gallische Dorf, ihr gegen die anti­royalen Kräfte in ihrer Heimat beizu­stehen – fast schon prophe­tisch modern gibt. Denn mit dieser Story dürfte nicht nur das chine­si­sche Volk einer vertrauten Erzählung lauschen, sondern auch die chine­si­sches Staats­füh­rung zufrieden sein und den Film sicher­lich ohne große Kürzungen an der Zensur vorbei in die chine­si­schen Kinos liften.

Nein, der Film selbst mit seinen zutiefst reak­ti­onären und pseu­do­an­a­r­chis­ti­schen Dauergags, mit seinen pseudo-diversen Ü-40-Helden in der Midlife-Crisis, die am Ende dann doch lieber Freunde den Frauen vorziehen und beim Fleisch bleiben, statt bei den so entsetz­lich platt daher­kom­menden veganen Selbst­ver­su­chen, kann es nicht sein. Auch nicht Neugierde darüber, wie tief Humor sinken kann und wie schlecht trotz stolzer Produk­ti­ons­kosten in heutigen Zeiten CGI-Effekte sein können, in denen sich nicht einmal die Spuren unserer Helden im Wüsten­sand abzeichnen, und in denen das Meer wie in den frühen Jim Knopf-Verfil­mungen der Augs­burger Puppen­kiste aussieht.

Oder, zackwumm, ist es der völlig abstruse Gast­auf­tritt eines abge­half­terten, egoma­ni­schen Fußball­stars wie Zlatan Ibra­hi­mović, der sich hier auf den Schlacht­fel­dern Roms tümmeln darf und samt anderen Glamour-Gästen wie Angèle als Falbala oder Orelsan als Titanix nicht mal in Ansätzen an die großen B-Filme einer anderen Zeit, an die legen­dären Sanda­len­filme der 1960er Jahre heran­reicht, an denen diese Produk­tion viel­leicht am ehesten gemessen werden kann?

Doch viel­leicht, klatsch und Geis­tes­blitz, ist es ja die Magie über dieses Rätsel­raten selbst, das Staunen über all diese Schwächen, die ja nicht einmal vor der Regie des Asterix-Darstel­lers Guillaume Canet halt­ma­chen, einer Regie, die wirklich jeden Slapstick-Moment mit einem derart schlechten Timing versieht, dass man hier tatsäch­lich einem der erstaun­lichsten humo­ris­ti­schen Rohr­kre­pierer aller Zeiten beiwohnen kann. Und das will schon etwas heißen.

Beim Teutates, klingt das alles noch nicht über­zeu­gend, liegt es mögli­cher­weise gar nicht am Publikum, dem ja allzu oft und ein wenig elitär mangelnde Kompetenz vorge­worfen wird – ist es in diesem Fall einfach nur der großan­ge­legte Betrug mit gefälschten positiven Kritiken und Kommen­taren, dem die Libéra­tion im Februar auf der Spur war: Astérix»,« Vaincre ou mourir »: ces films ont-ils bénéficié de notes et commen­taires truqués sur Allociné?«
Das wäre, schnüff schnüff, ein trauriges Ende, aber ein dem Asterix-Kosmos würdiges und eines, das zumindest den Wert und Unwert von Film­kritik in den Raum stellt.