Deutschland 2015 · 101 min. · FSK: ab 0 Regie: Margarethe von Trotta Drehbuch: Margarethe von Trotta Kamera: Axel Block Darsteller: Barbara Sukowa, Katja Riemann, Matthias Habich, Gunnar Möller, Karin Dor u.a. |
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Schwestern mit schönen Stimmen |
»Das ist völlig absurd«, stellt eine Figur in Margarethe von Trottas neuestem Spielfilm irgendwann fest und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Reichlich absurd wirkt nämlich das Meiste, was die Grande Dame des deutschen Kinos hier auf die Leinwand bringt: Eine Geschichte, die sich trotz autobiografischer Färbung seltsam gekünstelt anfühlt und das fähige Darstellerensemble merklich unterfordert. Dass Katja Riemann und Barbara Sukowa schöne Stimmen haben, ist fast schon die beste Erkenntnis, die man am Ende des Tages mit nach Hause nehmen darf. Viel zu oft bestimmen unglaubwürdige Wendungen und pathetische Dialoge das bisweilen unfreiwillig komische Geschehen.
Inszeniert ist der Anfang als eine Art Detektivspiel. Betont mysteriös, trotzdem nicht wirklich spannend: Die erfolglose Jazzsängerin Sophie (Katja Riemann) staunt nicht schlecht, als ihr Vater (Matthias Habich) sie mit einem Bild der Operndiva Caterina Fabiani (Barbara Sukowa) konfrontiert, die seiner verstorbenen Frau zum Verwechseln ähnlich sieht. Handelt es sich um eine Doppelgängerin? Oder steckt vielleicht noch mehr dahinter? Fragen, die den alten Mann um den Verstand zu bringen drohen. Und daher schnellstmöglich geklärt werden müssen. Nur wenige Szenen später befindet sich Sophie in New York. Den Auftrag im Gepäck, Kontakt zu Mamas Ebenbild aufzunehmen. Was zunächst auch wunderbar klappt, da sie Caterinas Agenten Philip (Robert Seeliger) beeindrucken kann und plötzlich einem Abendessen mit der berühmten Sängerin beiwohnen darf. Schon bald muss die deutsche Besucherin allerdings feststellen, dass der launische Opernstar nicht daran interessiert ist, über Sophies Mutter, die offensichtlichen Ähnlichkeiten und mögliche Verbindungen zu sprechen.
Von hier an verschränkt sich die detektivische Suche mit einem Drama rund um ein lange gehütetes Familiengeheimnis. Ein Geheimnis, das so manchen Beteiligten erschüttert, den Zuschauer jedoch recht unberührt zurücklässt. Obwohl von Trotta mehrfach die schon im Titel anklingende Bedeutungsschwere unterstreicht, machen gestelzte, mit Plattitüden durchtränkte Diskussionen eine emotionale Involvierung zumeist unmöglich. Regelrecht ermüdend sind etwa die ständigen Telefonate zwischen Sophie und ihrem beunruhigten Vater, der fast schon zu einem lächerlichen Quälgeist verkommt. Ähnlich ernüchternd ist auch der Rückgriff auf küchenpsychologische Erklärungsmuster, wenn gegen Ende alle familiären Spannungen an die Oberfläche drängen. Was ergreifend und aufwühlend gedacht ist, löst allenfalls ein Achselzucken aus, weil man sich zu diesem Zeitpunkt schon viel zu weit von den Figuren und ihrem nicht immer nachvollziehbaren Handeln entfernt hat.
Zementiert wird die Distanz zur Geschichte und zum Personal auch dadurch, dass von Trotta die jeweiligen Hintergründe und Milieus recht undifferenziert zeichnet. Sophie kann sich mit ihren Gesangsengagements nicht über Wasser halten, weshalb sie parallel als Rednerin bei freien Trauungen auftritt. Ein Strang, der den Film eröffnet, dann eine ganze Weile keine Rolle mehr spielt, nur um später, eher willkürlich, wieder aufgegriffen zu werden. Noch liebloser handelt die Regisseurin Sophies Beziehung mit ihrem jüngeren Partner ab, die vor dem Aufbruch in die USA kurzerhand in die Brüche geht – bloß damit sich die Jazzsängerin dort in den attraktiven Philip verlieben kann. Eine Romanze, die äußerst aufgesetzt anmutet, da sie als merkwürdig motivierter One-Night-Stand beginnt. Viel mehr als Klischeebilder darf der Betrachter auch dann nicht erwarten, wenn der Film in die mondäne Welt Caterinas eintaucht. Eine beruflich erfolgreiche Frau, die in einem schmucken Apartment mit Blick über Manhattan wohnt, privates Glück allerdings nicht zu kennen scheint.
In der Rückschau wirkt von Trottas neue Regiearbeit mit ihren kalkulierten Familienzerwürfnissen, den manchmal überexpliziten Dialogen, einer banalen Liebelei und einigen hübschen New-York-Bildern wie ein konventionelles TV-Werk. Ein seichtes Melodrama, das sich von ähnlich gelagerten Fernsehbeiträgen nur dadurch unterscheidet, dass in den amerikanischen Passagen erstaunlich häufig Englisch gesprochen wird. Unklar ist allerdings, warum Sophie bei ihren Besuchen in einem Pflegeheim auf eine deutsch parlierende Bedienstete trifft. Eine Ungereimtheit, die sich treffend in einen Film einfügt, der hinten und vorne nicht überzeugen will.