7 Tage in Entebbe

7 Days In Entebbe

USA/GB 2018 · 129 min.
Regie: José Padilha
Drehbuch:
Kamera: Lula Carvalho
Darsteller: Rosamund Pike, Daniel Brühl, Eddie Marsan, Lior Ashkenazi, Denis Menochet u.a.
Nicht ganz geschmackssicher

Zu viel gewollt

1976 entführte eine vier­köp­fige Terro­ris­ten­gruppe ein Passa­gier­flug­zeug der Air France und landete mit ausdrück­li­cher Geneh­mi­gung des verrückten Diktators Idi Amin auf dem Flughafen von Entebbe in Uganda. Daraufhin starteten die Israelis eine waghal­sige Militärak­tion, die als »Operation Entebbe« in die Geschichte einge­gangen ist. Diese spek­ta­ku­läre Aktion wurde bereits damals mehrfach verfilmt. Jetzt legt José Padilha seine Version der 7 Tage in Entebbe vor.

In dem Film betrachten wir die sieben Tage währende Flug­zeug­ent­füh­rung vorrangig aus der Sicht der beiden deutschen Entführer Wilfried Böse (Daniel Brühl) und Brigitte Kuhlmann (Rosamund Pike). Die beiden Grün­dungs­mit­glieder der Roten Zellen führen zusammen mit zwei paläs­ti­nen­si­schen Terro­risten die Entfüh­rung des Airbus durch. Damit, dass zahl­reiche der entführten Flug­zeug­pas­sa­giere jüdische Staats­bürger sind, wollen die Terro­risten Druck auf die israe­li­sche Regierung ausüben und die Frei­las­sung Tausender paläs­ti­nen­si­scher Gefan­gener aus israe­li­schen Gefäng­nissen erwirken.

In dieser brisanten Situation denkt der israe­li­sche Premier­mi­nister Yitzhak Rabin (Lior Ashkenazi) ernsthaft darüber nach, ob er die eigent­lich unum­s­töß­liche Haltung seines Landes, in keinem Fall mit Terro­risten zu verhan­deln, auch in diesem Fall beibe­halten soll. Parallel dazu arbeitet sein zu allem entschlos­sener Vertei­di­gungs­mi­nister Shimon Peres (Eddie Marsan) bereits fieber­haft daran, Tatsachen zu schaffen.

Der brasi­lia­ni­sche Regisseur José Padilha hatte erstmalig 2007 mit dem Poli­zei­film Tropa de Elite inter­na­tio­nales Aufsehen erweckt. Das Thril­ler­drama zeigte das zwei­fel­hafte Vorgehen einer real exis­tie­renden Spezi­al­ein­heit der Polizei von Rio de Janeiro in den von Gewalt und Krimi­na­lität geprägten Slums der Millio­nen­me­tro­pole am Zuckerhut. Der Film war ähnlich gut, wie der eine halbe Dekade zuvor erschie­nene City of God von Padilhas Landsmann Fernando Meirelles, der ebenfalls den engen Zusam­men­hang zwischen Armut und Krimi­na­lität in den Slums dieser Stadt thema­ti­sierte.

2010 legte Padilha mit dem starken Elite Squad kräftig nach. Zuletzt produ­zierte der Brasi­lianer die viel gelobte Serie NARCOS, um den berüch­tigten kolum­bia­ni­schen Drogen­baron Pablo Escobar. Somit erscheint Padilha für einen actionge­la­denen Polit­thriller, wie 7 Tage in Entebbe, als erste Wahl.

Leider ist das Ergebnis recht zwie­spältig geraten. Auf der Haben­seite kann 7 Tage in Entebbe für sich unter anderem verbuchen, dass Padilha sich beim Erzählen der Geschichte viel Zeit nimmt, um die einzelnen Figuren und Hand­lungs­stränge zu entwi­ckeln. Die meiste Zeit über stehen hierbei keine wilden Balle­reien, sondern die inneren Konflikte der unter­schied­li­chen Prot­ago­nisten im Zentrum der Aufmerk­sam­keit.

Eine große Stärke des Drehbuchs besteht darin, dass fast alle wesent­li­chen Akteure als glei­cher­maßen von Idea­lismus wie von rein egois­ti­schen Über­le­gungen motiviert darge­stellt werden. Sowohl für die deutschen Terro­risten als auch für die israe­li­schen Politiker geht es dabei nicht nur um (poli­ti­sche) Gefangene und um Menschen­leben, sondern auch um das Voran­treiben der eigenen »Karriere«.

Darüber hinaus gelingt es Padilha hervor­ra­gend, in der zwischen Lethargie und stetig wach­sender Anspan­nung pendelnden Situation der unter drückender Hitze in einem verdreckten alten Terminal einge­pferchten Entführer und Entführten eine immer größere Spannung aufzu­bauen. Geradezu bedächtig steuert in 7 Tage in Entebbe alles auf den finalen Showdown zu. Dabei bedient sich Padilha eines in diesem Genre aus Filmen wie Carlos – Der Schakal (2010) bekannten semi­do­ku­men­ta­ri­schen Stils, der zwar nicht sonder­lich originell, aber bei diesem schwie­rigen Sujet äußerst zweck­dien­lich ist.

Leider will Padilha jedoch noch mehr. So baut er zusammen mit dem Dreh­buch­autor Gregory Burke einige äußerst gewollt sehr bedeu­tungs­schwanger daher­kom­mende Elemente in den bis dahin insgesamt sehr über­zeu­genden Film ein, die den Gesamt­ein­druck, den 7 Tage in Entebbe beim Zuschauer hinter­lässt, deutlich nach unten zieht. Dazu gehören so über­flüs­sige Szenen, wie ein extrem thea­tra­li­sches »Telefonat«, das selbst dann komplett über­flüssig gewesen wäre, wenn es nicht an einem toten Apparat statt­finden würde.

Noch ärger­li­cher ist die Einbin­dung eines israe­li­schen Tanz­ensem­bles, das einzig dazu dient, 7 Tage in Entebbe eine sehr aufdring­liche stili­sierte Note zu verleihen. Um diese völlig unpas­senden Tanz­szenen irgendwie in den Film zu inte­grieren, wird extra eine völlig unwich­tige und unin­ter­es­sante Neben­hand­lung entworfen. Und am Ende mündet der ganze Schmu in eine grotesk-gewollte Montage, die man mit viel Wohl­wollen als »nicht ganz geschmacks­si­cher« bezeichnen könnte. Hier hätte mehr Vertrauen in die durchaus vorhan­denen Stärken den Films dem Gesamt­er­gebnis sehr gut getan.