Cinema Moralia – Folge 370
Kampf um die Bilder |
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| Manchmal will man einfach nur den Hammer kreisen lassen (In die Sonne schauen) | ||
| (Foto: Neue Visionen) | ||
Große Enttäuschung für alle Fans von In die Sonne schauen. Der deutsche Überraschungserfolg des Jahres liegt nach wie vor im Rennen um den Auslands-Oscar, die Sparte »International Feature Film« – allerdings gegen 85 andere Konkurrenten. Da muss der Film erstmal vor Weihnachten unter die »Shortlist« der besten 15 Filme kommen.
Es gibt starke Konkurrenz: Der »französische«,
eigentlich iranische Beitrag Ein einfacher Unfall von Jafar Panahi und der Norweger Joachim Trier mit Sentimental Value sind gesetzt. Aber auch Brasilien mit dem Thriller The Secret Agent von Kleber
Mendonça dürfte gute Chancen haben, unter die besten fünf Filme zu kommen, die am Ende nominiert werden.
Für Ernüchterung sorgten jetzt die Nominierungen für die Golden Globes. In den oft als Oscar-Barometer angesehenen Preisen der Auslandspresse befinden sich allerdings nur drei nichtamerikanische Filme. Hoffnung für In die Sonne schauen gibt es also noch, wenn auch nur gedämpft.
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»Netflix kauft Warner Brothers« – so lautete die andere Nachricht aus Hollywood. Zumindest am Montag. Netflix hat seine Abonnentinnen schon mit Rundmails versorgt, in denen verkündet wurde, dass Netflix Warner Bros. »bei sich willkommen« heiße. Dann kam Paramount mit einer noch höheren Summe um die Ecke. In Hollywood ist der Kampf um die Bilder und die Bildrechte der traditionsreichen Warner Brothers Studios entbrannt.
Aber was passiert da genau? Was bedeutet dieser
Bilder-Bieterstreit?
Es ist ohne Frage ein schweres Beben, das Hollywood hier erschüttert. Ein großes Studio taumelt, und auf den ersten Blick gilt wieder einmal, dass Neureiche Tradition schlagen, Streamer über das Kino siegen. Falls Netflix als Sieger aus dem Streit hervorgeht, würde auch zu Recht noch einmal an die bekannte Kinofeindlichkeit von Netflix erinnert.
Netflix-Filme starten bislang – wenn überhaupt – nur limitiert in den Kinos. Und auch das gilt nur für einige »Perlen« des
Programms, und für Aushängeware, die die Presse begeistern und neues Publikum anlocken soll. Wirklich geguckt werden aber andere Filme und vor allem Serien.
Avatar-Regisseur Cameron sprach in einem Podcast jetzt davon, dass das Netflix-Vorgehen, Filme lediglich »eine Woche oder zehn Tage« in den Kinos zu zeigen, um sich für die Oscars zu qualifizieren, »bis ins Mark verrottet« sei. Mag stimmen, ist aber vor allem moralisierend, und um Moral hat sich der Kapitalismus noch nie besonders gekümmert.
So oder so muss die Balance zwischen Kino und Streaming neu austariert werden.
Und so oder so wäre es wohl für die Filmindustrie besser, wenn Paramout Warner übernehmen würde. Denn dann wäre das Ergebnis ein größeres, mächtigeres Studio, ein Monopol mit allen Nachteilen, aber immerhin ein Kinomonopol.
Gegen Paramount spricht von außen betrachtet vor allem die Nähe des Studios zu Donald Trump. Schon ist von einem »Kartell der Willigen« die Rede. So hat denn der US-Präsident auch Zweifel an der Übernahme durch Netflix geäußert. Netflix habe bereits »einen sehr großen Marktanteil«, sagte Trump am Sonntag dazu. Mit Blick auf die kartellrechtliche Prüfung des Geschäfts fügte der Präsident hinzu, er werde »an dieser Entscheidung beteiligt sein«.
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Kulturstaatsminister Weimer ist nicht besonders beliebt in der Filmbranche. Wer mit Verbänden spricht, hört oft etwas von einem »irrlichternden Minister«, der seine Rolle immer noch nicht gefunden habe und der sich gerade in seinem Hauptarbeitsfeld, der Filmpolitik, bisher als absoluter Versager zeige. Der Bund hat zwar seine Fördermittel fast verdoppelt, aber derzeit geht es darum, dass die Streamingportale nun auch endlich verpflichtend in die Fördertöpfe einzahlen, und ein bisschen etwas von ihren Gewinnen im wichtigsten europäischen Filmmarkt – das ist überraschenderweise der deutsche – wieder zurück in die Filmbranche fließen lassen. Es geht um Verbindlichkeit. Absichtserklärungen reichen nicht.
Die rein politisch zu beantwortende Frage ist: Beteiligen sich die Internet- und Streaming-Konzerne an den Kosten der Filmförderung, die am Ende ihnen wiederum zugute kommt? Genau aus diesem Grund fordern die deutschen Filmproduzenten seit Jahren Abgaben auch durch die Streaming-Dienste. Streit gibt es vor allem darüber, ob diese Abgaben freiwillig oder verpflichtend sein sollten. Nun weiß jeder, dass im Kapitalismus ziemlich wenig freiwillig abgegeben wird – letztendlich geht es um Gewinne.
Solche verpflichtenden Gesetze sind in Italien und Spanien daher längst die Regel.
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Minister Weimer schwadroniert bei diesem Thema dagegen zwar in schönen großen Worten vom »Investitionsbooster«, aber dahinter stecken bislang weder Investitionen denn ein Boost für irgendetwas.
Vom Koalitionsstreit um Filmpolitik titelte daher heute schon der Deutschlandfunk. Vielleicht etwas kess.
Eher sollte man titeln: Filmbranche gegen Minister. Von einer Bankrotterklärung spricht daher nämlich inzwischen selbst die Vereinigung der unabhängigen Produzenten »Prog«, die bisher lange höflich und wie ich fand, viel zu zurückhaltend formulierte. Inzwischen ist es mit der Höflichkeit aber auch hier vorbei: »Das Ergebnis der monatelangen Verhandlungen ist eine Bankrotterklärung für den Filmstandort Deutschland. Die Berechnungen der Produktionsallianz legen nahe, dass kein Cent mehr als bislang in die deutsche Filmwirtschaft fließen wird. Selbstverpflichtungen sind eine Blackbox für Produzenten und für die Politik. Es ist völlig unklar, in welcher Höhe sich die jeweiligen Plattformen konkret verpflichten und wie eine Kontrolle erfolgen soll. Wir vertrauen auf den demokratischen Gesetzgebungsprozess. Nur ein Gesetz kann die Höhe der Investitionen transparent und die Kontrolle effektiv festlegen«, so Marcel Lenz, Mitglied des Vorstandes »PROG Producers of Germany« in einer heutigen Pressemitteilung.
Entschieden wird vielleicht schon morgen. Da tagt der Koalitionsausschuss und entscheidet, wie es mit der Filmförderung in Deutschland weitergeht. Es sollen »Summen in Milliardenhöhe von den weltweiten Konzernen in die deutsche Filmproduktion fließen«, so eine weitere blumige Formulierung im Papier des »Beauftragten für Kultur und Medien«.
Immerhin wacht die Branche jetzt auf und scheint zu begreifen: Mit Leisetreterei und Höflichkeit kommt man nicht weiter. Schon gar nicht bei diesem Minister, schon gar nicht in dieser Koalition.