04.05.2023

Im Fokus: Der andere Sudan

Tajouje
Das Hauptwerk Gadalla Gubaras: Tajouje
(Foto: Goethe Institut)

Seit im letzten Monat rivalisierende Generäle den Sudan in einen Bürgerkrieg stürzten, bestimmen diese Bilder auch die internationalen Nachrichten. Diese Bilder sind jedoch nicht der ganze Sudan. Stattdessen sollte man das Land auch einmal aus der Perspektive seiner brillanten Filmemacher betrachten.

Von Wilfred Okiche

Tajouje (1977)
Das suda­ne­si­sche Kino hat dem Produ­zenten, Regisseur und Foto­grafen Gadalla Gubara viel zu verdanken, dessen Erbe als Pionier des suda­ne­si­schen Kinos bis heute unan­ge­fochten bleibt. Das liegt auch daran, dass Gubara bis in seine letzten Lebens­jahre uner­müd­lich Filme produ­zierte. Tajouje wird oft als sein Hauptwerk gesehen, eine ausge­dehnte, epische Romanze, in deren Mittel­punkt eine tragische Drei­ecks­be­zie­hung zwischen der Titel­heldin und zwei ihrer Verehrer steht. Auch wenn Tajouje 2017 digital restau­riert wurde, ist er bis heute kaum verfügbar.

Tajouje
Tajouje (Foto: Africa Alive Festival)

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Beats of the Antonov (2014)
Der mitreißende Doku­men­tar­film von Regisseur Hajooj Kuka doku­men­tiert die ethni­sierten Konflikte am Blauen Nil und in den Nuba-Bergen. Er konzen­triert sich dabei auf die Rolle der Musik, die den betrof­fenen Gemein­schaften hilft, ange­sichts des Konflikts kulturell und spiri­tuell zu überleben. Während Regie­rungs­truppen umgebaute Antonov-Fracht­flug­zeuge zur Bombar­die­rung nutzen, versam­meln sich die Bewohner und versuchen mit ihren Stimmen und Instru­menten gegen die Gewalt anzu­mu­si­zieren. Der Film feierte seine Premiere auf dem inter­na­tio­nalen Film­fes­tival von Toronto.

Beat of Antonov
Beats of the Antonov (Foto: New Zealand Inter­na­tional Film­fes­tival)

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Khartoum Offside (2019)
Khartoum Offside folgt einigen jungen Frauen und ihrem charis­ma­ti­schen Trainer, die trotz des Verbots durch die isla­mis­ti­sche Mili­tär­re­gie­rung Profi­fuß­ball spielen wollen. Sie stellen sich unzäh­ligen Heraus­for­de­rungen und sind entschlossen die offi­zi­elle Aner­ken­nung als suda­ne­si­sche Frau­en­fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft zu erhalten. Regis­seurin Marwa Zein drehte den Doku­men­tar­film trotz Wider­stands von Seiten der Regierung.

Khartoum Offside
Khartoum Offside (Foto: Inter­na­tio­nales Frau­en­film­fest)

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Goodbye Julia (2023)
Wenn Mohamed Kordo­fanis Debütfilm auf den Film­fest­spielen von Cannes in diesem Mai in der Sektion „Un Certain Regard“ Premiere hat, wird es das erste Mal in der Geschichte des suda­ne­si­scher Films sein, dass ein Film aus dem Sudan in Cannes gezeigt worden ist. Goodbye Julia spielt in Khartoum vor dem Hinter­grund der Ereig­nisse, die zur Entste­hung des neuen, unab­hän­gigen Südsudan führten. Das Drama erforscht die Unter­schiede zwischen den beiden Ländern über die im Zentrum stehende Beziehung zweier Menschen. Kordofani betrachtet den Film als einen „Aufruf zur Versöh­nung“.

Goodbye, Julia
Goodbye Julia (Foto: Mohamed Kordofani)

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Talking About Trees (2019)
Talking About Trees ist fast so etwas wie eine Feelgood-Doku, die ihr Material an den unge­wöhn­lichsten Orten findet. Regisseur Suhaib Gasmel­bari verfolgt die Bemühungen von vier pensio­nierten suda­ne­si­schen Filme­ma­chern – Ibrahim Shadad, Manar Al Hilo, Suleiman Mohamed Ibrahim und Altayeb Mahdi – bei ihrem Versuch, die Wiedereröff­nung eines Frei­luft­kinos in der Stadt Omdurman zu reali­sieren. Und das trotz Jahr­zehnten poli­ti­scher Zensur, Apathie und staat­li­cher Büro­kratie. Talking About Trees ist eine erfri­schendes Statement über die Kraft gemein­samen Handelns und eine Erin­ne­rung daran, dass Kino immer Teil dieser Hand­lungs­ebene sein wird.

Talking About Trees
Talking about Trees (Foto: Berlinale 2019)

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Mit 20 wirst du sterben (2019)
Amjad Abu Alalas Mit 20 wirst du sterben feierte Ende August 2019 bei den Inter­na­tio­nalen Film­fest­spielen von Venedig seine Premiere und wurde dort als bester Debütfilm ausge­zeichnet. Basierend auf einer Kurz­ge­schichte des suda­ne­si­schen Schrift­stel­lers Hammour Ziada beein­druckt Alalas Film durch seine starke Cine­ma­to­gra­phie, ein zart perlendes Licht in den Häusern und Ufern am Nil, ruhige, intro­spek­tive Porträts und eine Sehnsucht nach Freiheit und Trans­for­ma­tion, die ihre Kraft auch aus der Ausein­an­der­set­zung mit der eigenen Geschichte und einer kriti­schen Betrach­tung des Islam zieht. (Axel Timo Purr)

Mit 20 wirst du sterben
Mit 20 wirst du sterben (Foto: New Wave Films)

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(Über­set­zung aus dem Engli­schen von Axel Timo Purr)

Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung von The Continent, wo dieser Artikel am vergan­genen Woche­n­ende erschienen ist. The Continent ist das Magazin Afrikas mit der größten Reich­weite. Die wöchent­liche erschei­nende Publi­ka­tion wird kostenlos über WhatsApp, Signal oder Telegram zuge­stellt und kann unter https://www.thecon­ti­nent.org/subscribe abonniert werden.