27.07.2017

Kino am See

Supermarkt
Auch Eva Mattes ist Ehrengast in Starnberg, hier in: Supermarkt (1974)

Bereits zum 11. Mal lädt das Fünf-Seen-Filmfestival zu einem Ausflug ins Blaue Land ein. Vom 27. Juli bis 5. August können Cineasten südlich von München aus mehr als 160 Filmen wählen, mit Regisseuren diskutieren und auf einer Dampferfahrt über den Starnberger See Kurzfilme und die Alpenkulisse bewundern

Von Ingrid Weidner

Manche Münchner kennen das Umland nur von Wander­touren, Spazier­gängen oder der Fahrt über den Brenner nach Italien. Sie übersehen dabei ein Kinofes­tival zum Feri­en­be­ginn, mit dem sich Kunst und Kultur­land­schaft auf vortreff­liche Weise verbinden lässt: Kino in unge­wöhn­li­chem Ambiente, etwa in einem Schloss, Open-Air-Events an bayri­schen Seen sowie unter­halt­same und anregende Gespr äche mit Regis­seuren und Schau­spie­lern.

Kino­ma­cher Matthias Helwig hatte die Idee zum Fünf-Seen-Film­fes­tival und stemmt seit 2006 mit zahl­rei­chen Sponsoren ein Sommer­film­fest, das Ferien-Feeling, Bier­garten und ein anspruchs­volles Kino­pro­gramm mitein­ander verbindet. Doch vor allem soll das fsff dem Publikum Spaß machen und neue Perspek­tiven eröffnen. „Inter­na­tional, jung, aktuell, beschwingt“, lautet das Motto in diesem Jahr. Die Zuschauer erwarten 17 Leinwände, etwa in Starnberg, Gauting, Herr­sching, Schloss Seefeld, Weßling oder Landsberg, sie können sich auf Premieren freuen, im Kinosaal in fremde Welten träumen oder an einem der unge­wöhn­li­chen Open-Air-Locations vergnügen. Selbst zu einer abend­li­chen Damp­f­er­fahrt über den Starn­berger See mit einem Kurz­film­pro­gramm lädt das Festival seine Besucher ein.

Mitein­ander statt nur über­ein­ander reden, auch das zeichnet das Festival aus. Matthias Helwig wählte in diesem Jahr Ungarn als Gastland aus, dessen poli­ti­sche Entwick­lung und der Ruck nach Rechts vielen Europäern Sorgen bereitet. Als Ehrengast reist der unga­ri­sche Regisseur und Oscar-Preis­träger István Szabó an den Starn­berger See, der hier­zu­lande mit dem Oscar-prämierten Mephisto (1980/81) bekannt wurde und mit dem Haupt­dar­steller Klaus Maria Brandauer auch Oberst Redl (1984) und HANUSSEN (1987/88) drehte. Der 1938 in Budapest geborene István Szabó thema­ti­siert und variiert in seinen Filmen immer wieder das Span­nungs­ver­hältnis zwischen Macht und Verfüh­rung sowie Gesell­schaft und Indi­vi­duum, das auch in dem zwischen 2010 und 2012 entstan­denen Hinter der Tür ausge­lotet wird, nämlich das Verhältnis zwischen einer Schrift­stel­lerin und deren Haus­häl­terin. Einige von István Szabós Filme zeigt das Festival in einer Werkschau.

Ebenfalls als Ehrengast reist die Schau­spie­lerin Eva Mattes nach Starnberg. Wer die 62-Jährige vor allem als Tatort-Kommis­sarin Klara Blum aus den Bodensee-Folgen kennt, kann in der Werkschau auch einige ihrer frühen Filme sehen, etwa Super­markt aus dem Jahr 1974, in dem sie eine Prosti­tu­ierte spielt. Ebenfalls im Programm findet sich etwa Deutsch­land, bleiche Mutter (1980) oder Das Sams für die kleinen Kino­be­su­cher vermut­lich ein großer Spaß. Eva Mattes, die mit Egomanen wie Rainer Werner Fass­binder oder Werner Herzog drehte, disku­tiert auch in der Reihe „Fokus Drehbuch“ über das Thema „Fehlen die Geschichten der Frauen im Film?“ mit.

Die Gespräche mit den Regis­seuren sind inzwi­schen eine feste Größe des Festivals. Das Publikum disku­tiert auch gerne zu später Stunde mit den Filme­ma­chern und kann sich in diesem Jahr auf rund 60 Regis­seure freuen, die sich und ihre Werke auf dem Festival vorstellen wollen und auf die Fragen der Zuschauer gespannt sind. Darunter sind etwa Josef Bier­bichler und Sibylle Canonica, Simon Verhoeven (Will­kommen bei den Hartmanns), Rolando Colla (Seven days), Natja Brunck­horst (Amelie Rennt), Kai Wessel (Nebel im August) oder Ute Wieland (Tiger­milch).

Part­ner­länder sind in diesem Jahr Südtirol, Taiwan und Indien, die mit Spiel- und Doku­men­tar­filmen vertreten sind und einen Einblick in die (Kino-)Welt dieser Regionen gewähren. Spannend wird es für Film­ma­cher auch, deren Werke in den verschie­denen Wett­be­werbs­reihen laufen. Neben dem Publi­kums­preis gibt es zahl­reiche weitere, von einer Jury vergebene Preise.

Jetzt hoffen die Macher des 5-Seen-Film­fes­ti­vals, dass die Sonne endlich den Regen vertreiben kann. Im vergan­genen Jahr kamen mehr als 20.000 Besucher zum Festival, das Team von Matthias Helwig würden sich freuen, wenn ihr viel­schich­tiges Programm wieder genauso viele Gäste anlocken könnte. Zumindest die Wetter-App verspricht spätes­tens ab dem Woche­n­ende Sonnen­schein und lässt alle Open-Air-Kinofans auf laue Sommer­abende und Kino am See hoffen. Wer einen bequemen Sessel und einen Kinosaal bevorzugt, den kann auch Regen nicht von einem Ausflug an den Starn­berger See zum 5-Seen-Film­fes­tival abhalten.

Das komplette Festi­val­pro­gramm unter www.fsff.de.