10.07.2014

How Hollywood Tells It

Subjektiv - Dokumentarfilm im 21. Jahrhundert
Hollywood in den Straßen von New York: Premium Rush

David Bordwell ist wieder zu Gast in München und hält eine seiner unterhaltsamen und sehr lehrreichen Filmlectures

Von Dunja Bialas

Wer erinnert sich noch? Vor elf Jahren erklärte uns David Bordwell sehr anschau­lich, wie die Verdrän­gung der Kino­lein­wand durch die Film­aus­wer­tung im Fernsehen und per DVD nicht nur die Produk­ti­ons­be­din­gungen, sondern vor allem auch die Ästhetik der Filme beein­flusste. Wo vorher Totale oder Halb­to­tale wichtig waren, wurden diese eher panora­ma­ti­schen Bild­ein­stel­lungen mit der Schrump­fung des Screening-Formats mehr und mehr einge­stellt auf die Halbnahe und Nahe, der Kame­ra­blick konzen­trierte sich auf die Gesichter und die Mimik der Schau­spieler.

Jetzt kommt Bordwell, emeri­tierter Professor der Univer­stität Wisconsin und Autor zahl­rei­cher Stan­dard­werke zur Film­ana­lyse, wieder nach München. Diesmal wird er zur Erzähl­weise im Main­stream-Film refe­rieren, unter dem Titel »How Hollywood Tells It«. Im Zentrum steht Premium Rush von David Koepp (2012), anhand dessen er exem­pla­risch Bild­ein­stel­lungen, Monta­ge­ver­knüp­fungen mit den Ideen, und auch der Ideologie Holly­woods in Verbin­dung bringen wird (Donnerstag, 10.07., Cinema, 10:15 Uhr).

Immer geht es bei Bordwell auch um Stilistik, und darum, wie alles zusam­men­hängt, das Erzählen und die Ästhetik, die anvi­sierte Ziel­gruppe und die bildliche Gestal­tung. Kontrastiv zum großen Hollywood-Apparat werden in einem zweiten Teil der Lecture die Erzähl­weise des American Arthouse beleuchtet, mit den Filmen von Wes Anderson, Moonrise Kingdom und Grand Budapest Hotel, von Bordwell bezeich­nen­der­weise bereits in die Kategorie der American Inde­pend­ents einge­ordnet, wohl wegen des über­bor­denden, anar­chis­ti­schen Ausstat­tungs- und Erzähl­stils (Donnerstag, 10.07., HFF, Kino 1, 17:30 Uhr, Vortrag: 19:30 Uhr).

Der große Bogen schließt sich mit einer Lecture zu Ernst Lubitschs Nino­t­schka von 1939, als dieser bei dem Holly­wood­studio MGM unter­ge­kommen war, der die sanfte und, im Fall von Lubitsch, sehr intel­li­gente Blütezeit der großen Hollywood-Studios beleuchten wird (Samstag, Film­mu­seum, 21:00 Uhr).

David Bordwell hat übrigens ein sehr lesens­wertes Buch zur digitalen Wende im Kino geschrieben, das bislang nur auf Englisch erhält­lich ist: »Pandora’s Digital Box« beleuchtet Filme als Files und stellt die Frage nach der Zukunft des Kinos (e Irvington Way Institute Press, 2012)