14.01.2010

7. Mittel­meer­film­tage im Münchner Gasteig

INland
Inland – Elegisches Algerien

Freier Blick aufs Mittelmeer

Von Dunja Bialas

Das Mittel­meer, groß und weit, zwischen Europa und Afrika liegend, ist bei weiten nicht nur das warme, nur leichte Wellen schla­gende, friedlich dalie­gende Gewässer, in dem man gerne in den Ferien badet. Ans Mittel­meer grenzen Länder, deren Neben­ein­ander hohes Konfllikt­po­ten­tial bereit­hält: Hier sind zu finden Israel und der Gaza­streifen, Libanon, Zypern, Grie­chen­land und die Türkei. Und es werden immer mehr Länder, mit den unab­hän­gigen Balkan­staaten Bosnien und Herze­go­wina und Monte­negro. Nicht zu vergessen Italien, Frank­reich und das Steu­er­pa­ra­dies Monaco. Auf der anderen Seite der Küste drängen sich die nord­afri­ka­ni­schen Staaten. Fast scheint es, als würden alle gerne am Mittel­meer liegen, und auch in München kennt man den Ruf nach dem »freien Blick aufs Mittel­meer«. Und da man nicht einfach die Alpen nieder­reißen kann, finden hier jedes Jahr die Mittel­meer­tage statt, in diesem Jahr schon zum siebten Mal.

Das Mittel­meer mit seinem glit­zernden Gewässer verspricht Trost in der Region, die geprägt ist von viel­fäl­tigen Land- und Polit­strei­te­reien zwischen den Anrai­ner­staaten. Auch dieses Jahr finden sich unter den zwanzig Filmen des Filmtage-Programms viele, oftmals in Zusam­men­ar­beit mehrerer Länder entstan­dene Porduk­tionen, die mit Konflikten, inneren und äußeren, erzäh­le­risch oder doku­men­ta­risch umgehen. Aller­dings tun sie dies meist auf eine sehr leichte, unter­halt­same und auch versöhn­liche Weise. Und manchmal sind sie einfach nur atem­be­rau­bend.

So wie Gabbla (Inland) des Algeriers Tariq Teguia. Wer diesen Film letztes Jahr auf dem Münchner Filmfest verpasst hat, sollte sich die Gele­gen­heit nicht entgehen lassen, die elegische Studie mit wunder­schön foto­gra­fierter Land­schaft über den Land­ver­messer Malek, der einer Afri­ka­nerin helfen wird, nach Europa zu gelangen, zu sehen (Mo., 18.01., 20:00 Uhr und Sa., 30.01., 20:30 Uhr). Ebenfalls eine Reise steht bevor in Le grand voyage (Die große Reise) des Marok­ka­ners Ismael Ferroukhi. Ein eindring­li­ches Vater-Sohn-Drama spielt sich hier vor ebenfalls atem­be­rau­bender Land­schaft ab, der Weite des Balkans und des Nahen Ostens. Réda ist Sohn marok­ka­ni­scher Einwan­derer und lebt schon lange Zeit in Frank­reich. Nun soll er kurz vor dem Abitur seinen Vater nach Mekka begleiten: ein Roadmovie der Gene­ra­tio­nen­kon­flikte und unter­schied­li­chen Welt­an­sichten (Sa., 16.01., 18:30 Uhr, Fr., 29.01, 20:30 Uhr).

Weniger elegisch-schön, dafür umso lustiger geht es in den beiden ägyp­ti­schen Filmen des Programms zu. Hassan wa Morcus (Hassan and Morcus) von Rami Imam verwan­delt die brenzlige Situation zweier religiös geprägter Charak­tere (ein kopti­scher Theologe und ein musli­mi­scher Scheich) zu einer humorigen Verwechs­lungs­komödie mit den Super­stars Adel Imam und Omar Sharif (Sa., 16.01., 20:30 Uhr, So., 24.01., 18:00 Uhr). Salata Baladi von Nadia Kamel vermixt, wie der Titel schon sagt, Juden, Christen und Muslime zu einem fröh­li­chen, kosmo­po­li­ti­schen Salat – und zeigt, wie tradi­tio­nell das Mitein­ander der orien­ta­li­schen Reli­gionen funk­tio­nierte (Fr., 22.01., 18:30 Uhr).

Neben den beiden (fast) rein fran­zö­si­schen Produk­tionen Dans la vie (Philippe Faucon) und Mauvaise foi (Roschdy Zem), in denen man vergeb­lich die nervigen, weil klischee­haften Blüm­chen­kleider der Fran­zö­sinnen sucht, finden sich dieses Jahr immerhin drei italie­ni­sche Filme im Programm, denen man eine Chance geben sollte – entgegen des Vorur­teils, die Italiener könnten (bis auf wenige wunder­bare Ausnahmen des letzten Kino­jahres wie z.B. Gomorrha oder Il divo) keine Filme machen. Zum Beispiel L’ultimo Pulci­nella von Maurizio Scaparro. Er ist bislang zwar nur durch TV-Filme in Erschei­nung getreten, aber seine Geschichte, die auf einer Filmidee von Roberto Rosselini basiert, verspricht ein modernes Märchen zwischen Thea­ter­bühne und Banlieue, das leicht­füßig mit der schwer auf Italien lastenden Camorra jongliert (Do., 21.01., 20:30 Uhr, Mi., 27.01., 18:30 Uhr).

Spanien, man vergisst es als Urlauber leicht, ist ein span­nungs­ge­la­denes Land, in dem drei Volks­gruppen ein Zusam­men­leben versuchen: die Katalanen, die Kasti­lianer und die Basken. Ein Film im dies­jäh­rigen Programm thema­ti­siert die inner­spa­ni­schen Span­nungen. Dass der Straßen­künstler Alfredo während einer Perfor­mance ein ETA-Attentat fingiert, findet das kasti­li­sche Spanien gar nicht witzig und bereitet ihm gehörig Probleme. Noviembre (Das November-Manifest) heißt der Film von Achero Manas, der auf realen Ereig­nissen basiert (So., 17.01., 20:30 Uhr, Di. 26.01., 18:30 Uhr). Und real ist auch, wir wissen es: Spanien liegt am Mittel­meer.

7. Mittel­meer­film­tage. 14. bis 31 Januar 2010 im Gasteig München. Ein Programm der Filmstadt München. Alle Vorstel­lungen finden im Vortrags­saal der Biblio­thek im Gasteig statt. Eintritts­karten ab 6 Euro.